Vor Kurzem erst ist die neue Orient Collection von Carner Barcelona bei uns eingetroffen. Ich bin ganz ehrlich. Den Preis für den kreativsten Namen wird die Orient Collection nicht gewinnen, aber entscheidend ist immer noch der Inhalt. 😉 Also los gehts. Gleich drei Düfte erwarten ihre Beschnupperung.
Ambar del Sur – Ambra des Südens
Ambra des Südens, so lässt sich Ambar del Sur übersetzen. Diese Kreation soll an das alte Andalusien erinnern, al-Andalus. Zwischen 711 und 1492 war der südliche Teil der Iberischen Halbinsel, Teile des heutigen Spaniens und Portugals, unter muslimischer Herrschaft. Während des Kalifats von Córdoba in der Zeit von 929 bis 1031 war al-Andalus das Zentrum der Gelehrsamkeit – mit Córdoba als führendem kulturellem und wirtschaftlichem Zentrum des Mittelmeerraums und der islamischen Welt.
Carner Barcelona malt ein verklärtes Bild dieser Zeit und möchte daran erinnern, wie die Könige ihr Haar mit Moschus parfümierten und der Duft von Ambra in der Luft lag.
Die Duftkomposition von Ambar del Sur
Kopfnote: Bergamotte
Herznote: Wasserjasmin (Wrightia religiosa), Patchouli, Sandelholz, Ambra
Basisnote: Myrrhe, Labdanum (Zistrose), Tonkabohne, Bourbon-Vanille
Dass wir es hier mit einem Ambraduft zu tun haben, wird nun niemanden überraschen. Ambar del Sur geht gleich in die Vollen, man darf die Bergamotte im Auftakt getrost vergessen. Patschuli, Harze und Hölzer sind jedoch unmittelbar präsent und verströmen einen intensiven orientalischen Charme. Hinzu kommt eine ausgeprägte Würzigkeit, die ich der Myrrhe zuschreiben möchte. Trotz der Fülle der Ingredienzen bleibt dieser Amber sanft und cremig und entschieden unisex. Perfekt für Freunde europäisch interpretierter Orientalen und für Liebhaber von Gewürzdüften.
Botafumeiro – Heiliger Rauch
Mit dem Namen Botafumeiro konnte ich zuerst nicht viel anfangen. Bei dem Botafumeiro handelt es sich um ein 1,60 m großes und 54 kg schweres Weihrauchfass, das zu den Hauptattraktionen der Kathedrale von Santiago de Compostela gehört. Carner Barcelona erklärt:
Botafumeiro erinnert an alte Zeiten, als Pilger zu Fuß entlang des Jakobswegs zum Grab des heiligen Jakobus in die historischen Gemäuer der Kathedrale von Santiago de Compostela reisten. Das Botafumeiro-Räuchergefäß schwingt sich in die Höhe und stößt duftende Rauchwolken aus, die die Luft mit einem himmlischen Aroma füllen.
Aha! Daher weht der Rauch! Ich habe nun ein schönes knackiges Räucherfässchen mit Weihrauch und Myrrhe erwartet, aber dem ist nicht so. Frische Noten von Bergamotte und prickelndem rosa Pfeffer bereiten den Weg für helle, frühlingshafte Blümchen, die hier mit Freesie und Maiglöckchen angegeben wurden. Ganz ohne Harze geht es jedoch nicht. Süßes und weiches Benzoeharz, Patschuli und würzige Muskatnuss umschmeicheln die Nase. Kein strenger Kirchenduft, sondern eine abstraktere Idee göttlicher Freuden.
Die Duftkomposition von Botafumeiro
Kopfnote: Bergamotte, Rosa Pfeffer, Muskatnuss
Herznote: Freesie, Maiglöckchen, Labdanum (Zistrose), Patchouli
Basisnote: Benzoeharz, Moschus, Harze
Das Megalium der Orient Collection
Megalium ist keine urzeitliche Riesenechse, wie man meinen könnte. Aber mit Latein und folglich den Römern (und Griechen) liegt man ganz richtig. In „Die Pharmacie bei den alten Culturvölkern“ von 1892 schrieb Julius Berendes über die Griechen:
Als die feinste Salbe bezeichnet Theophrast die Rosensalbe; wenn er gleichzeitig ihre heilsame Kraft bei Ohrenkrankheiten rühmt, so schreibt er diese vornehmlich der grossen Quantität Salz zu, welches bei der Bereitung der Salbe zugesetzt wird. Dieser zunächst steht das Megalium (μεγαλειον), eine aus gebranntem Harz, Zimmt und Myrrhe bestehende vorzügliche Wundsalbe. […] Die Bereitung geschieht auf folgende Weise: Das Oel wird, um es für die Aromata empfänglicher zu machen, gekocht (bei dem Megalium 10 Tage und 10 Nächte lang), dann kommen die Harze, Aromata, Blüthen u. s. w. hinzu. Das Ganze wird nach hinreichender Digestion zu Absetzenlassen bei Seite gestellt oder unter der Presse durch Tücher ausgepresst. Oft wird dann auch noch irgend ein Farbstoff zugesetzt.
Die Duftkomposition von Megalium
Kopfnote: Zimt, Mandarine, Kalmus
Herznote: Muskatnuss, Piment, Weißer Pfeffer, Bulgarische Rose
Basisnote: Weihrauch, Myrrhe, Opoponax, Benzoeharz
Zimt ist mein erster Gedanke, seine frische Schärfe und Würzigkeit ist einfach unverkennbar. In Gewürzdüften meines Erachtens oft auch ein Gegengewicht, um nicht allzu viel Schwere und Opulenz aufkommen zu lassen. Auch hier bildet der Zimt einen Gegenpol zu den weiteren Gewürzen wie Muskat und Piment und der durchaus deutlichen Rosennote. Carner schreiben:
Megalium, ein uralter Duft, der seit Jahrhunderten von einer Zeit kündet, als Rosenwasser aus Fontänen strömte und Balsam das luxuriöse Privatleben der Römer von ihren Baderitualen bis zu ihren Kammern und Boudoirs beduftete. Weiche und dennoch würzige Noten von Zimt und Kalmus verschmelzen mit einem duftenden Herz aus Piment und bulgarischem Rosenextrakt, das in einem dramatischen Finale aus Myrrhe und Weihrauch gipfelt.
Gewürzig, komplex, aber trotzdem nicht zu gewaltig. Ein Duft für Freunde ausgeprägter Gewürzdüfte, die einen aber nicht erschlagen.
Welcher der Düfte aus der Carner Barcelonas Orient Collection macht Euch neugierig?
Liebe Grüße
Harmen
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