… heißt der neueste Streich der Franzosen – oder vielmehr der neueste Duft, der soeben in Deutschland lanciert wurde. Rancé 1795 blicken auf eine lange Geschichte zurück, die ich in Anbetracht dessen, dass die Marke noch etwas unterrepräsentiert ist im Blog, zumindest anklingen lassen möchte.
Französische Duftkultur(geschichte) – Rancé 1795
Rancé 1795 können auf eine lange Geschichte als Familienunternehmen und Parfumhersteller zurückblicken und gehören unbestritten zu den Häusern, die somit einen Teil (französischer) Kulturgeschichte als auch Parfumgeschichte geschrieben haben.
Wie meist bei den wenigen Unternehmen, die ähnlich alt sind, begann alles mit – Handschuhen. Louis Rancé, seines Zeichens Handschuhmacher, gründete die Firma in Grasse und bediente die seinerzeitige Nachfrage des spätbarocken und gutbetuchten, vornehmlich adligen Publikums nach parfümierten Handschuhen. Louis Rancé war mit einigen Kindern gesegnet und führte seine Söhne Antoine, Jacques und Jean François (1699–1782) in sein Handwerk ein. Zusammen führen die Kinder nach dem Tod des Vaters dessen Atelier erfolgreich weiter. Jean François allerdings ist es zu verdanken, dass das Haus sich gänzlich der Parfumherstellung widmete: Basierend auf dem Erfolg der parfümierten Handschuhe, deren Mode sich allerdings bereits dem Ende zuneigte, verlegte er sich vollständig auf das Parfümeriegeschäft und bezeichnete sich künftig auch offiziell als Parfumeur – ein entscheidender Schritt für Rancé 1795, der das Leben aller folgenden Generationen der Dynastie entscheidend beeinflussen sollte. Eau de Colognes, Blütenwasser, Essenzen, süß duftende Salben, parfümierter Puder, Schönheitscremes und Lufterfrischer stellte man her und machte sich damit einen klangvollen Namen – bis heute.
Jeanne Sandra Rancé sieht sich als Bewahrerin und Entwicklerin der Familientradition:
„Ich wuchs in einem Haus auf, das von der Liebe zu Düften erfüllt war. Die Duftentwicklung ist für uns heute noch eine Kunst voller Magie, deren Ergebnis spirituelle Freude schenkt. Ich bin die Erbin eines Schatzes aus Essenzen, Düften und vielen seltenen, uralten Dokumenten mit einer unglaublichen Vielfalt an wertvollen kosmetischen Formeln. Diese gilt es wiederzubeleben und mit High-Tech-Innovationen zu verknüpfen.“
Heute führt Jeanne Sandra Rancés Sohn Giovanni in siebter Generation die Geschäfte – ganz im Sinne der Tradition. Im übrigen verfügen Rancé 1795 über ein prallvolles Archiv, in dem die Rezepte und Zusammensetzungen sämtlicher Duftkompositionen erhalten geblieben sind, sodaß eine originalgetreue Herstellung aller Düfte noch möglich ist (oder vielmehr wäre – manche Zutaten sind heute schlicht und einfach nicht mehr zulässig, beispielsweise aus Tierschutzgründen oder den EU-Vorgaben zwecks Allergenen, darüber hinaus sind heutzutage einige Ingredienzen so teuer, dass sie kaum noch in natürlicher Form Eingang in Duftkreationen finden – das betrifft prinzipiell aber den ganzen Markt).
Für die Neugierigen unter Euch habe ich Interviews mit Giovanni Rancé herausgesucht – Lifestyle Asia, Today Online sowie dieses hier:
Eine abenteuerliche Liebesgeschichte – Éléonore
Éléonore ist heute unser Thema und nimmt, wie die meisten der Düfte des Hauses, Bezug auf historische Persönlichkeiten. Die Beschreibung des Duftes lautet folgendermaßen:
„Louis, ein junger und charismatischer Mann, wird während der revolutionären Aufstände von 1840 gefangengenommen. Er wird zu lebenslanger Haft im Château de Ham verurteilt. Sein Schicksal wird sich jedoch bald in Gestalt der jungen Éléonore zu seinen Gunsten verändern. Mit ihrer Hilfe entkommt Louis in einer geschickten Verkleidung. Viele Jahre lang kann er ihren süßen Duft nicht vergessen. Auch sie wird ihn ihr Leben lang in Erinnerung behalten. Louis, die Liebe ihres Lebens, wird später von ganz Frankreich als Louis Bonaparte gefeiert: Napoleon III. Basierend auf dieser abenteuerlichen Geschichte von Liebe und Leidenschaft entwickelte RANCÉ den Damenduft Éléonore, eine orientalische Gourmand-Mischung mit wagemutigen Kontrasten. Das Licht von sizilianischer Zitrone und Pfirsich ist umhüllt von bezaubernder Myrrhe. Vanille, kompromisslos und intensiv, spielt mit Safran in einem aufregenden Dialog von Licht und Schatten. In der Basisnote erleben wir die Quintessenz dieser Kostbarkeit: Patchouli, Weihrauch und ein Hauch von Tonkabohne.
Liebe, Leidenschaft und ein verschwenderischer Schuss Vanille. Éléonore, der neue Liebestrank von RANCÉ .“
Die Ingredienzen: Kopfnote: Zitrone, Hedion, Pfirsich, Myrrhe; Herznote: Safran, Vanille: Basisnote: Patchouli, Sandelholz, Ambra, Weihrauch, Tonkabohne, Moschus.
Napoleon kennen wir alle, die Eckdaten seines Lebens auch – was Éléonore und die Geschichte mit der Flucht angeht, musste ich allerdings nachforschen … Éléonore Vergeot ist gemeint, eine Geliebte Napoleons. Eine, ganz recht, er hatte ja mehrere. Zurück zu Éléonore: Sie entstammt als Tochter eines Webers einer gewöhnlichen Familie – das Zusammentreffen mit Napoleon fand demgemäß statt, als er im Château de Ham, der Festung Ham inhaftiert war. Sie war seine Magd, an der ihn wohl ganz besonders, Achtung Klischee, ihre blauen Augen faszinierten. Wie kam Napoleon nach Ham? Wiki fasst es perfekt zusammen:
„Von England aus begann Louis-Napoléon seinen zweiten Putschversuch. Dieser fand am 6. August 1840 in Boulogne-sur-Mer statt und scheiterte ebenfalls. Er wurde nun zu lebenslanger Festungshaft in der Festung Ham verurteilt. Hier verfasste er sein Werk Vertilgung des Pauperismus. Seiner Beziehung zu Eleonore Vergeot in dieser Zeit entstammten zwei Kinder, die er später zu Grafen erhob. Am 25. Mai 1846 konnte er durch eine abenteuerliche Flucht in das Vereinigte Königreich entkommen. Dort unterhielt er eine Beziehung zu Harriet Howard, einer bekannten Mätresse, welche ihn und seine Rückkehrpläne nach Frankreich auch mit ihrem Vermögen unterstützte.“
Wir sprechen also von der Zeit vor Napoleons Herrschaft als Staatspräsident und Kaiser. Ist die Geschichte wahr? Ich weiß es nicht. Ich habe recherchiert und gewühlt, man findet wenig bis gar keine Informationen zu der Flucht aus Ham, darüber hinaus meist auf Französisch und ehrlicherweise ist mein Restfranzösisch für sehr spezifische Texte mitunter zu dürftig nach langen Jahren des Brachliegens 😉 Eine Quelle besagte, dass er Éléonore wohl wegschickte, bevor er flog … Eigentlich ist es aber auch unwesentlich, denn selbst wenn man hier ein wenig geflunkert und die Geschichte verdreht hat – es könnte ja so gewesen sein und schön liest es sich allemal.
Éléonore zeigt sich als würdiger Duft hinsichtlich seiner wohl sehr schönen Namenspatin und ihm wohnt genügend Geheimnisvolles inne, sodass er perfekt zu der Geschichte passen mag sowie zu der Affäre unter diesen besonderen Umständen. Wir haben es hier mit einem modernen Orientalen zu tun – da dürfte schon die eine oder andere unter Euch aufhorchen, denn daran wagt man sich nicht allzu oft heutzutage. Orientalen sind zumindest in Deutschland für viele Frauen „too much“, darüber hinaus sind sie oft Vintagekreationen oder eben retro, angelehnt an alte Klassiker. Das trifft nicht jedermanns Geschmack bzw. nicht denjenigen aller Frauen und gerade bei uns mögen es die Damen häufig eher leichter. Éléonore wird beidem gerecht: Orientalienliebhaberinnen werden an dem Duft genauso ihre Freude haben wie jene, denen konventionelle Orientalen zu schwer sind.
Die Verpackungsfarbe – das strahlende Sonnengelb, das warme, welches zart mit Gold verziert wurde – passt wunderbar zu dieser duftenden Schönheit, die zumindest auf meiner Haut die Myrrhe recht prominent in den Fokus stellt. Samtig-saftige Noten von reifem Pfirsich und subtile zitrische Anleihen leiten den Duft ein, machen Lust auf mehr, das alsbald in Form eines dicht verwobenen Duftteppichs von Harzen, Gewürzen und Hölzern folgt. Safran akzentuiert, am prägnantesten ist allerdings warm-würzige, mitunter fast zimtige Myrrhe und balsamisch-süßes Sandelholz, von sandig-samtig wirkender Tonkabohne und milchig-köstlicher Vanille getragen. Ein zarter Hauch Rauch für ein bisschen Drama, der vorzüglich kontrastiert – ich könnte schwelgen in dieser olfaktorischen Köstlichkeit.
Ihr werdet es schon ahnen – es ist momentan nicht die richtige Jahreszeit für Éléonore. Sie entfaltet ihre zauberhafte Wirkung und Strahlkraft am besten, wenn es kühler ist – ich sehe den Duft vor allem im Herbst. Im Winter ist er selbstredend ebenfalls tragbar, allerdings passt er für mich ganz persönlich zu den leuchtenden Farben eines Vorzeigeherbstes.
Notiert ihn Euch – ein Test lohnt sich in jedem Fall! Und ja, die Myrrhefans unter Euch sollten in jedem Fall probieren!
Ein schönes Wochenende und frohes Schwitzen
Eure Ulrike
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