… hatte ich schon gestern angekündigt in meinem Artikel zu INeKEs Idyllwild. Zu ruhig war es auf Capri hinsichtlich neuer Düfte, so freue ich mich sehr, dass wir uns mal wieder eine Neuerscheinung von den Italienern ansehen und beschnuppern dürfen! Für diejenigen, die Carthusia noch nicht kennen oder deren Hintergrund schon vergessen haben, gibt es vorab noch eine kleine Einführung.
Die olfaktorische Sonne von Capri – Carthusia
Carthusia kommen von Capri, jener italienischen Insel, die oft als schönste aller Inseln bezeichnet wird und von unzähligen Interpreten bereits besungen wurde. Carthusia hat eine mehr oder weniger Jahrhunderte alte Geschichte: Der erste Duft, der von der Insel stammte, wurde wie so oft von Mönchen geschaffen, mehr oder weniger inspiriert durch einen Zufall und das bereits im 14. Jahrhundert. Ende der 40er Jahre wurden einige alte Rezepturen vom Prior wieder entdeckt und mit Erlaubnis des Papstes an einen Chemiker in Piemont weitergegeben, der sich sofort an die Arbeit machte und in seinem Kartause, „Carthusia“ genannten Labor die Düfte wieder aufleben ließ.
Zwei Aspekte der Geschichte Carthusias möchte ich noch betonen: Bis 2002 gab es die Düfte nur auf der Insel, erst danach entschied man sich zum Export. Das Logo des Hauses ist aus dem Jahr 1948 und wurde von dem Maler und Illustrator Mario Laboccetta geschaffen – leider heute wenig(er) bekannt, kreierte er einige wundervolle Arbeiten, siehe zum Beispiel hier oder hier. Für Carthusia malte er eine „Flower Siren“, eine Blütensirene, die Sinnbild ist für die Mythen und Sagen, die sich um Capri ranken, genauso wie für die besondere Flora der Insel.
Was die Düfte angeht, hat Carthusia seit Jahren eine wohltuend überschaubare Kollektion – ok, ich habe gemeckert, dass es lange nichts Neues gab, das läuft jetzt Gefahr, sich zu widersprechen. Was ich meinte, ist die Größe der Kollektion. Klar, Carthusia könnten mehr Düfte rausbringen, das würde mich auch freuen. Aber dass sie nicht jedes Jahr zwanzig neue Produkte auf den Markt werfen, finde ich gut. Der Klassiker des Hauses ist unbestritten Mediterraneo, der in meinen Augen nach einem herrlichen Zitroneneistee duftet und ein wirklich perfekter Sommerbegleiter ist. Ansonsten sollte erwähnt werden, dass Carthusia immer schon auch Körperpflegeprodukte und Seifen angeboten haben.
Meine Erde, meine Heimat – Terra Mia
Der Name von Terra Mia erschließt sich sofort, selbst wenn man kein Italienisch kann – Meine Erde heißt er übersetzt auf Deutsch, und zielt natürlich auf den Begriff Heimat ab. Dieser ist gerade in der letzten Zeit doch einer, der sehr umstritten ist in seiner Deutungshoheit, wie es die Süddeutsche gerade thematisiert hat. Vielleicht sollte man den Begriff eher von der philosophischen als auch psychologischen Seite aus aufrollen, wie es beispielsweise der MRD hier sehr nett in seiner Reihe „Philosophie für Kinder“ getan hat. Heimat ist vor allem – ein Gefühl. Eines, das ganz oft mit Erinnerungen an die Kindheit zu tun hat, mit dem Ort, den Orten, an denen man aufgewachsen ist. Und ganz viel mit den Menschen, die man liebt. Insofern ist es eigentlich ein durchweg positiver Begriff, der leider in der jüngsten Vergangenheit oftmals durch weitere Konnotationen beschädigt, vielleicht auch pervertiert wird.
Aber kommen wir zurück zu Terra Mia: Der Duft widmet sich meines Erachtens nach genau jenem Gefühl von Heimat, das man mit einem Ort verbindet, an dem man lange Jahre gelebt hat, vielleicht auch gerade aufgewachsen ist:
„Die Augen geschlossen – die Sonne im Gesicht. Von überall her bringt eine frische Brise Tausende von Gerüchen herbei, die zu meiner Heimat „Terra Mia“ gehören. Es ist keine Frage, ob, wann oder wo sie ist, sie ist gleichermaßen überall. Denn es geht um die Liebe zu den eigenen Wurzeln, den Stolz über die Einzigartigkeit, die bei jedem Gedanken, jeder Hoffnung und Geste mitschwingt. Es ist die Selbsterkenntnis, die die Neugierde nährt – Tag für Tag. Bergamotte, Neroli und rosa Pfeffer grüßen lebendig – fast wie ein fröhliches Lied. Oder ist es doch die Maske von Pulcinella, die ein Lächeln heraufbeschwört?
Rasch ist die Luft mit dem Duft von Rosen und Jasmin durchzogen – der Hauch des milden Klimas, das hier länger anhält als irgendwo sonst. Dies lässt Raum für einen Kaffee, dessen Duft für die „Vorbeiziehenden“ jederzeit wahrnehmbar ist, auch gerne einmal mit einem Hauch von Haselnuss oder Orangenblüte.
Diese fröhlichen Duftcharaktere entspringen der Tradition und erobern Geschmäcker und Herzen. Die Erinnerung an Vanille und Amber hängt direkt mit Plätzen zusammen, mit Gebäuden und Symbolen im dämmrigen Licht der Sonne. Die Kirchen und die alten Türen der Herrenhäuser in Neapel, Orte, an denen die Zeit stehen geblieben zu sein scheint und nicht zuletzt ist es die Maske Pulcinellas, die uns gleichzeitig lachen und weinen lässt im Strudel gegensätzlicher Gefühle.
Tradition und Entwicklung, Passion und Zukunft, Ruhe und Kreativität – alles das ist Heimat – „Terra Mia“.“
Die Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, Neroli, Rosa Pfeffer; Herznote: Rose, Jasmin, Orangenblätter, Kaffee, Haselnuss; Basisnote: Ambra, Moschus, Vanille.
Es gibt zwei Varianten, wie auch oben abgebildet – das Eau de Parfum als auch das Extrait de Parfum. Sie unterscheiden sich wohl nur in der Konzentration, die Ingredienzen sind gleich angegeben.
Aufpassen – wir sind heute nicht auf Capri, sondern in Neapel. Hier würde mich selbstredend schon interessieren: Wessen Erinnerungen sind das jetzt? Der Parfumeur oder der Inhaber, wer verarbeitet hier seine Liebe zu NEAPEL in Terra Mia?
Was Pulcinella angeht kann ich Euch zumindest weiterhelfen: Übersetzt heißt das Wort soviel wie „kleines Küken“ und es steht für eine Figur aus dem Volkstheater Süditaliens. Es gibt den Begriff auch im Französischen, Polic(h)inelle, ganz generell war die Figur ohnehin einflussreich, weil sie beispielsweise zu dem deutschen Kasper bzw. dem Kasperle inspirierte genauso wie zu seinen Mitstreitern in anderen Ländern. Viele Länder kennen logischerweise eine Kasperfigur. Bei Wiki findet sich ein schönes Goethezitat, welches jemand ausgegraben hat in dem Werk „Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens“ von Johann Peter Eckermann, veröffentlicht im Projekt Gutenberg: „Ein Hauptspaß dieser niedrig-komischen Personnage […] bestand darin, daß er zuweilen auf der Bühne seine Rolle als Schauspieler auf einmal ganz zu vergessen schien.“ Allerdings sei das „Theater“ des Pulcinella „von solchem Ruf, daß niemand in guter Gesellschaft sich rühmt, darin gewesen zu sein.“ Und weiter: „Der Pulcinell ist in der Regel eine Art lebendiger Zeitung. Alles, was den Tag über sich in Neapel Auffallendes zugetragen hat, kann man abends von ihm hören. Diese Lokalinteressen, verbunden mit dem niedern Volksdialekt, machen es jedoch dem Fremden fast unmöglich, ihn zu verstehen.“
Eine lebendes Bildzeitung ist der Pulcinella demgemäß – liest sich lustig 😀 Und was Neapel angeht sind wir in der drittgrößten Stadt Italiens gelandet (knapp eine Million Bewohner), die im Süden liegt und sowohl wirtschaftliches als auch kulturelles Zentrum ist. Die Altstadt wurde 1995 komplett zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Meer und so gibt es natürlich auch – Ihr wisst schon, der Golf von … genau. Und von dort aus ist es dann auch gar nicht mehr weit bis nach Capri. Zurück aber nach Neapel …
Terra Mia ist … toll: Von weitem duftet er beschwipst beim Auftrag, nach Likörchen, dieser Eindruck allerdings verfliegt schnell, sobald ich die Nase direkt ans Handgelenk „klemme“. Dennoch bleibt der Eindrück sinnlicher Genüsse, womit ich jetzt ganz speziell den Gaumen meine: Kaffee … vielleicht noch besser und genauer eine Schachtel Pralinen, einige gefüllt mit Kaffeecreme gefüllt und andere mit Orangenlikör oder Orangengelee, manche fein und kokett mit rosa Pfeffer kontrastiert, die nächsten mit sanfter Vanillemousse gefüllt und wieder andere mit Nüssen, Splittern von Haselnuss, von einem Bouquet frischer Rosen begleitet. Der Duft wirkt wie – ein Geschenk, ein gelungenes, eines, das einen mit einem Lächeln auf dem Gesicht hinterlässt. Das tut Terra Mia auch.
Terra Mia ist ein erwachsener Gourmand, der eher auf die Damenwelt zielt, den ich mir aber sehr gut auch an manchem Mann vorstellen könnte. Er sprüht vor Lebensfreude und Fröhlichkeit, das pralle satte Leben, das ist der Eindruck, den er vermittelt. Dolce Vita natürlich auch, ganz klar. Er ist warm und würzig, sonnig und optimistisch, ihm wohnen viele köstliche Noten inne, er übertreibt es allerdings nicht mit seiner Süße, die dennoch lockt und verlockt. Und er ist auf eine Art typisch italienisch – modern interpretiert, aber opulent. Hach ja, ich mag ihn, das habt Ihr jetzt schon verstanden – bin gespannt, was Ihr von ihm haltet 🙂
Viele liebe Grüße & ein schönes Wochenende
Eure Ulrike
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