… dem imaginären – aus Platzgründen stand ein ebensolcher wieder mal nur bei meinen Eltern, das ändert sich aber dieses Jahr in absehbarer Zeit nun ganz grundlegend, wie der eine oder die andere bereits weiß 😉 – lag ein Paket, das mich vollkommen unverhofft erreichte und eine mehr als gelungene Weihnachtsüberraschung war: Sven Pritzkoleit hat Weihnachtsmann und/oder Engelchen gespielt und mir eine duftende Bescherung bereitet, die mich über die Maßen gefreut hat – an dieser Stelle ganz herzlichen Dank dafür!
Sven Pritzkoleit – Ihr erinnert Euch hoffentlich, wir hatten es schon ihm und seinen Düften, und zwar mehrfach: Sven ist Kunde von uns, hat sogar einmal einen Messebericht für’s Blog beigesteuert. Und – Sven macht seit einiger Zeit Parfums. Parfums, die sich zu Recht einiger Beliebtheit erfreuen und über die ich bereits berichtet hatte – anlässlich der Esxence und der Art and Olfaction Awards, wo er als Finalist vertreten war, sowie mit Rezensionen seiner Essence Collection, der ich drei Berichtet gewidmet hatte, seht hier, hier und hier.
Im ersten Artikel hatte ich Folgendes zu Sven und seinem Zugang zu Parfums geschrieben, davon, wie er als Autodidakt dazu kam, Düfte zu kreieren (die er direkt über seinen Webshop verkauft, seht hier):
„Unter den Finalisten [der Art and Olfaction Awards] findet sich besagter Sven Pritzkoleit, der auch auf der Mailänder Esxence einen Stand hatte und – ein „alter“ Stammkunde von uns ist. Sven hat Pharmazie studiert und war lange in der Apotheke seiner Eltern tätig, wo er seine Leidenschaft für Düfte weiter vertiefen konnte – diese wurde nämlich bereits in seiner Kindheit geweckt, unter anderem dank des Lieblingsparfums seiner Mutter, Magie Noire, ein Klassiker von Lancôme. Vor über zehn Jahren kreierte Sven dann sein erstes eigenes Parfum, Pink Patchouli, und tüftelte und werkelte danach stetig und beharrlich weiter, immer mit dem Ziel einer eigenen Kollektion. Die hat er jetzt – und sie ist gar nicht mal klein oder vielmehr: ziemlich beachtlich, nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ!“
Kommen wir aber zur Weihnachtsüberraschung: Die beinhaltete neben einem lieben Kärtchen eine Auswahl aller Düfte von Sven in 7,5ml Sprühzerstäubern sowie einer „Full bottle“ von Lisbon Blues, einem der drei Düfte, die er für Miguel Matos kreierte und mit diesem zusammen erdachte. Miguel kennt Ihr sicherlich auch schon, er schreibt unter anderem viel auf Fragrantica und ist hier oft abgebildet und zitiert worden, da ich ihm eigentlich ständig auf Veranstaltungen und Messen über den Weg laufe 😉
Darüber hinaus war ein nicht minder bezauberndes, mir bis dato noch unbekanntes Dufttrio im Geschenkpaket, das sich in einer Merry Christmas-Tüte versteckte: drei Weihnachtsdüfte namens Cassis, Nardus und Palo Santo, von denen die letzten beiden weihnachtlich limitiert waren. Ich hoffe, dass Sven sie wieder auflegt, denn … mir gefallen sie außerordentlich gut, dazu aber später mehr, denn ich möchte Euch meine drei Weihnachtswunder heute rezensieren.
“I think, we should have some holy scents for the soul these times – I tried – and I hope, I did some … Love & Peace to Everybody! Enjoy! Have a warm and merry Christmas!“ Sven Pritzkoleit
Palo Santo – das heilige Holz
Beginnen wir mit Palo Santo, dem heiligen Holz:
„The Scent for Contemplation. Smell and feel the mystic of the whole! 4 % Palo Santo (“Holy Wood”), amber-woody with cistrose, patchouli/nagarmotha, incense and cardamom.“
Palo Santo wurde schon verschiedentlich in Düften verwendet und zitiert, macht sich aber bisher eher rar in der Parfumwelt, obschon es beispielsweise als bzw. in Räucherwerk und Duftstäbchen schon sehr lange Verwendung findet. Bursera graveolens heißt der Baum, der sich dahinter verbirgt und zu der Familie der Balsambaumgewächsen (ungleich Balsambäume, damit es auch ganz korrekt ist) gehört wie auch Myrrhe und Weihrauch. Ihm wird bisweilen Heiligkeit zugesprochen, weil ihm eine Heilwirkung zugesprochen wurde, vor allem aber auch Kräfte, die auf die Psyche wirken – er wurde für reinigende Räucherungen verwendet, zur Entspannung und so weiter und so fort, und das bereits seit der Zeit der Inka, mindestens. Heimisch ist er, ganz genau, in Mexiko, Süd- und Mittelamerika, und wurde seit Jahrtausenden von Schamanen und Heilern benutzt, wird es auch heute noch … denn: Palo Santo, das heilige Holz, wirkt wohl psychoaktiv 😉
Diesbezüglich habe ich mir eine Quelle herausgesucht, die Kompetenzen auf derartigen Gebieten vorweist, das Hanfjournal – lest hier. Beim deutschen Ethnopharmakologen Christian Rätsch, der sich auf Naturdrogen spezialisiert hat, findet sich wohl auch ein bisschen was dazu, leider in nicht im Netz zugänglichen Quellen. In jedem Fall ist ein Teil der Popularität Bursera graveolens‘ sicherlich auch dem Umstand geschuldet, dass man das Holz vermutlich auch in Ayahuasca-Zeremonien eingesetzt hat oder noch einsetzt, die sich mittlerweile wieder einer gewissen Beliebtheit erfreuen – mitunter umstritten (weil viel Schindluder betrieben wird damit in den vergleichsweise armen Ursprungsländern) gibt es dennoch einige (unabhängige) Forscher und Studien, die die Wirkung des Pflanzensuds bereits pharmakologisch erklären konnten und darin durchaus großes Potential für einige schwer behandelbare Krankheiten sehen (vor allem hinsichtlich des Posttraumatischen Belastungssyndroms und therapieresistenter Depressionen). Falls es Euch interessiert – es ist ein spannendes Feld, da es doch zeigt, dass mitunter uraltes „instinktives“ Wissen bisweilen gar nicht so blöde war/ist … hier der Wiki-Artikel.
Das war jetzt ein langer Exkurs – bevor wir zu Svens Palo Santo kommen sei angemerkt, dass es von The Different Company auch einen Duft zum Thema gibt, Santo Incienso. Darüber hinaus sei darauf hingewiesen, dass der Begriff „Palo Santo“ mitunter für verschiedene Hölzer benutzt wird, so unter anderem auch für Guajakholz.
Palo Santo ist ein toller Holzduft, ein herrliches Holz, das durchaus auch als Gabe der drei Könige hätte durchgehen können 😉 Sven Pritzkoleits Düfte sind generell – charakterstark. Und „Wummser“. Das meine ich einerseits wertneutral und andererseits, was mich persönlich angeht, in äußerst positivem Sinne. Man wird bei ihm keine Sauberdüfte finden und keine frisch Geduschten, keine Zurückhaltung im Sinne von auf absolute Massentauglichkeit gebürstete und deshalb austauschbare Beliebigkeit. Das kann man individuell mögen oder nicht – schätzen können sollte man es. Ich schätze und mag es, sehr sogar.
Palo Santo zeigt so immens viele Facetten von Holz, so viele unterschiedliche Schichten und Lagen, dass es eine wahre Freude ist: Holz, knarzig, alt, majestätisch. Holz, von kraftvollem, prächtigem Baumharz durchzogen, aromatisch, von einer subtilen, balsamischen Süße, die von den Harzen noch zusätzlich untermalt und bekräftigt wird. Holz, das Borke hat, eine, die vielleicht etwas feucht, von Moosen überwuchert sich zeigt. Holz, das irgendwo ein wenig kokelt und somit an die Tradition des namensgebenden Palo Santo erinnert. Und Holz, das bisweilen fast eingeölt oder sonst behandelt wirkt, Stichwort „Holz-Politur“ und siehe Vero Kerns Onda in der Extrait-Variante, was ich allerdings eher als abstrakt-ledrig empfinde.
Ein mehr als spannender Duft, ein Statement – Liebhaber von Holzdüften, jene, die auf der Suche sind nach reinem Holz ohne viel Schnickschnack, dafür mit wahnsinnig viel Tiefe und vielen verschiedenen Seiten, sind hier ganz genau richtig!
Morgen geht es weiter – bis dahin alles Liebe und viele Grüße
Eure Ulrike
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