Zwei Artikel lang haben wir uns schon mit Grandiflora beschäftigt, jener in Deutschland brandneu auf den Markt kommenden Duftkollektion der australischen Floristin Saskia Havekes. Wie Ihr bereits gemerkt habt, begeistert mich Grandiflora – die Geschichte dazu, die sehr sympathische Frau dahinter, ihre wundervollen Blütenkunstwerke als auch ihre Parfums, die eine rundum gelungene Angelegenheit darstellen: Tolle Düfte, großartige Parfümeure und ein schönes Packaging, was will man mehr?
Mein bisheriger Favorit ist Madagascan Jasmine, den ich gestern und vorgestern den ganzen Tag getragen habe – ein wirklich außergewöhnlicher, nicht alltäglicher Jasmin, exotisch anmutend und cremig, wundervoll strahlend. Noch ein paar Tage probetragen und … ich glaube … ich muss ihn haben. Ob noch ein weiteres Must-Have dabei ist? Wir werden sehen, denn es folgen die letzten zwei Düfte Queen of the Night und Boronia, die den Händen (oder Phiolen) eines nicht ganz Unbekannten entspringen, um dezent zu untertreiben – Bertrand Duchaufour.
Duchaufour, ich muss es vermutlich nicht erwähnen, ist Nischenduftfans und Parfumistas für viele Kreationen bekannt: Er hat unter anderem für Amouage gearbeitet, für L’Artisan Parfumeur, Eau d’Italie, Acqua di Parma, Neela Vermeire, Penhaligon’s, Comme des Garçons und viele mehr. Schauen wir uns doch gleich an, was er für Grandiflora geschaffen hat!
Die seltene, nachtblühende Schönheit – Queen of the Night
„2016 wurde der vierte Duft von Grandiflora fertiggestellt, das Ergebnis einer erfreulichen Kooperation zwischen Saskia und Bertrand Duchaufour, einem Parfümeur, den man niemanden unter Nischenduftliebhabern vorstellen muss.
Zusammen interpretierten sie den höchst flüchtigen nachtblühenden Kaktus Selenicereus grandiflorus. Liebevoll als Königin der Nacht bekannt, ist dieser Orchideenkaktus ein Bewohner Mittelamerikas und blüht nur einmal im Jahr. Die Blüte öffnet sich in der Nacht für einige Stunden. Der ergreifend schöne Duft soll Gerüchten zufolge Leidenschaften heftig zum Lodern bringen, bei Sonnenaufgang ist die Blume verblüht.
Ein Duft – hell und dunkel –, cremig weiße Blüten baden in Mineralien, Kopfnoten aus lebendigen Gewürzen und ein Herz aus Weihrauch mit einer sanften sinnlichen Basis. So wird diese flüchtige, geisterhafte Blüte zelebriert.“
Die Duftnoten: Kopfnote: Zitrische Noten, Beeren, Blattgrün, Gewürznelke, Bergamotte; Herznote: Weihrauch, Orangenblüte, Jasmin, Pittosporum, Glyzinie; Basisnote: Vanille, Hölzer, Sandelholz, Patchouli, Moschus.
Selenicereus grandiflorus, auch Königin der Nacht oder Mondkaktus genannt – was für ein wundervolles Gewächs! Ich werde immer ganz sentimental, wenn ich derartige Pflanzen sehe: Eher unscheinbar konzentriert sich hier alles auf eine einzige verdammte Blüte, deren Schönheit alles in den Schatten stellt, die aber nur für wenige Stunden blüht. Was für ein Kraftaufwand für diese kurze Zeit! In jedem Fall hatten wir auch mehrere Exemplare zu Hause, einerseits von meiner Tante und andererseits von dem freundlichen Nachbarn, der Kakteen züchtete, als Hobby. Ich war als kleines Kind dort häufiger und immer erpicht auf die kleinen Unauffälligen, die sich dann für scheinbare Augenblicke derart verausgaben. Sonst noch jemand, der auch eine Königin der Nacht zu Hause hat?
Duchaufour hat den Reiz dieser Blüte mehr als gekonnt eingefangen: Im Auftakt staubt es ein wenig, es herrscht Trockenheit vor zuerst, eine Trockenheit, die an die doch spröde anmutenden Kakteen erinnert, den feinen wollenen Hauch zwischen ihren Stacheln, ihr doch sehr geringes Bedürfnis an Feuchtigkeit – hier dargestellt mittels Hölzern und sanftem Weihrauchnebel. Dazwischen blüht es bereits betörend, süßlich mit Nektar lockend und gleichermaßen fruchtig, samtig-beerig als auch zitrisch, auf seltsam abstrakte Art und Weise. Die Honigsüße der Blüte wird durch cremig-milchige Vanille untermalt, durch welche grün-frische Noten hindurchschimmern. Weich zeigt sich Queen of the Night, milchig und sacht-süß, samtig-seidig sowie mineralisch, eine Facette, die irgendwo aus der Basis dringt und die Umgebung des Kaktus symbolisiert.
Ein zarter Duft, gleichwohl verführerisch und sinnlich, eine ganz besonderes florales Vergnügen, das Duchaufour uns hier präsentiert – ich bin ganz entzückt. Queen of the Night ist extrem komplex, von exzellenter Sillage und einer guten Präsenz, obschon ein „Leisetreter“: Nehmt Euch Zeit für diesen Duft, schnuppert „hinein“, er hat so viele verschiedene Facetten, die allesamt ein wunderschönes als auch authentisches (!) Blütengemälde ergeben, noch dazu ein überaus innovatives – Chapeau, Monsieur Duchaufour!
Nebenbei bemerkt: Queen of the Night wurde an einem Abend im Garten der Famillie Roudnitska in Grasse lanciert – wer wäre da nicht gerne dabei gewesen?
Eine australische Spezialität – Boronia
„Der fünfte Duft dieses von Pflanzen inspirierten Grandiflora-Portfolios entstand in Zusammenarbeit mit Bertrand Duchaufour und zeigt die einzigartige unvergessliche in Australien beheimatete Blume Boronia megastigma (dt. Duftende Korallenraute).
„Das Paradox der Boronia ist wahrhaft magisch“, sagt Havekes über die Blüte aus dem Buschland ihrer Kindheit, „obwohl sie eine etwas raue Australierin ist, ist ihr Duft so berauschend wie er stimmungsvoll ist.“ Sie wird in Tasmanien geerntet und von Parfümeuren geschätzt, denn Boronia ist intensiv reichhaltig und aromatisch. Diese moderne Interpretation von Herrn Duchaufour mit Cognacnoten, saftig grünen Blüten, schwarzem Tee, überlagert von warmen Harzen, Tabak, Wildleder, Karamell und trockenen Hölzern, erzeugt und feiert die Tiefe von Boronia in ihrer angestammten australischen Umgebung.
Zusätzlich zu diesem Duft wurde die Kollektion mit neuen Verpackungen und Größen ausgestattet, um die Tradition und die Modernität des Grandiflora-Geschäfts in Potts Point Sydney bestätigen. Eine der hauseigenen Zugaben, wenn man das Geschenk von Grandiflora-Blumen erhält, ist eine wunderschöne handgeschriebene Karte. Dies im Blick, behält die Verpackung ihre moderne Linienführung, beachtet aber auch die Wurzeln des Handgemachten.“
Die Duftnoten: Kopfnote: Cognac, Blattgrün; Herznote: Schwarztee, Harze, Tabak; Basisnote: Wildleder, Karamell, Hölzer, Heu.
Boronia, Duft Nummer Fünf, wurde soeben anlässlich der Pitti Fragranze lanciert. Bertrand Duchaufour war, wie erwähnt, häufig am Stand von Grandiflora anzutreffen – leider ist es mir nicht gelungen, ein Foto zu machen, bei Çafleurebon findet Ihr dafür welche.
Die Duftende Korallenraute ist eine im südlichen Westaustralien heimische Pflanze mit einem sehr intensiven Duft. Trotzdem ist sie in Düften eher eine Seltenheit, vermutlich wegen ihres regionalen Vorkommens. Für Saskia Havekes allerdings ist die Duftende Korallenraute Teil ihrer Kindheitserinnerungen: Sie wuchs in Kenthurst auf nahe eines Tals, das über und über mit Boronia bewachsen war, streifte dort als Kind barfuß über den trocken-sandigen Boden zwischen den vielen Blüten, den duftenden – Momente des Glücks, wie sie bekundet. Nachdem sowohl Bertrand Duchaufour als auch Isabelle Doyen in ihrer Anwesenheit von der Duftenden Korallenraute sprachen, sie darauf ansprachen, war die Idee geboren, einen Boronia-Duft zu kreieren. Havekes gefiel die Idee, diese abgesehen von ihrem Duft eher weniger glamouröse Blume als Duft zu interpretieren, wobei sie ein besonderes Augenmerk darauf legte, dass auch die Umgebung mit einbezogen wird, die die Heimat beider ist und für Havekes Reminiszenzen weckt an eine glückliche Kindheit.
Boronia ist ein herrlicher, ein ganz wundervoller Duft! Herb-krautige Noten von Schwarztee, Tabakblättern und Heu ahmen die „Struppigkeit“ der Boronia nach, ihre Krautigkeit, deren Wurzeln in sandigem, hellbraunem und fruchtbarem Boden fußen. Dieser wird von Harzen und Cognac dargestellt, die eine überaus warme Würzigkeit verströmen, von dem Heu noch verstärkt. Trockenfruchtige Anklänge des Cognacs treffen auf helles, ebenfalls trockenes Grün, von einer floralen und nektargleichen Süße begleitet. Und dann schimmern da noch Noten feinsten Wildleders in hellem Braun …
Hätte man Boronia jetzt als Blumenduft eingestuft? Nein. Wäre man ohne die Beschreibung darauf gekommen, dass er ein solcher sein soll? Nein. Passt er zur Blüte, zu seiner Vorgabe? Ja. JA. Denn er fängt, wie schon erwähnt, nicht nur die Duftende Korallenraute ein, sondern auch ihre Umgebung, ist so gesehen ein Landschaftsgemälde, ein duftendes. Aufgrund seiner Herbheit und gleichzeitigen Wärme, der würzigen und von Leder veredelten, kann ich mir Boronia sehr gut an beiden Geschlechtern vorstellen, er ist definitiv auch für Männer tragbar!
Mit Queen of the Night und Boronia stellt Duchaufour einmal mehr unter Beweis, warum er einer der ganz Großen ist – dringende Testempfehlung, meine Lieben!
Viele herzliche Grüße
Eure Ulrike
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