… erzählt uns heute Jan Ahlgren mit drei weiteren Düften seiner Kollektion, Harlem Bloom, Purple Fig und Dirty Velvet. Es wird der vorerst letzte Artikel der Rezensionsreihe sein – zwei Düfte fehlen noch, allerdings fehlen mir hier auch noch die Samples, insofern werde ich diese Rezension zu späterer Zeit nachreichen 🙂
Harlem Bloom wildert in Ahlgrens Nachbarschaft, ganz wörtlich zu nehmen:
„Der Duft wurde von der verborgenen, duftenden Blütenpracht unserer Nachbarschaft in Harlem inspiriert: auf, hinter, zwischen und neben den Häusern, die seit einem Jahrhundert die Straßen säumen, blüht hartnäckig eine lebendige Blumenwelt. Sie schmückt die Eingänge aus Sandstein, gedeiht in versteckten Hinterhofoasen und wird sorgsam von engagierten „community gardeners“ kultiviert. Diese Blüten sind ebenso widerstandsfähig wie zerbrechlich – und Harlem Bloom spiegelt ihr florales Zwitterwesen wider: Der Auftakt mit Safran, Veilchen und Damaszener-Rose gibt sich luftig und sanft, doch die Basisnote mit Ebenholz und Wildleder verströmt eine unbeugsame Kraft. Blütenpower aus dem Großstadtdschungel!“ – Jan Vilhelm Ahlgren
Die Ingredienzen: Kopfnote: Angelika (Engelwurz), Safran; Herznote: Veilchen, Damaszener Rose; Basisnote: Ebenholz, Wildleder.
Urban Gardening ist also das (Hipster)Thema von Harlem Bloom – und er enttäuscht nicht: Es ist zwar eine ledrige Rose, noch dazu eine ledrige und safrangeküsste Damaszenerrose, will sagen ein opulenter Rosenduft mit Schmackes. Aber dennoch eine Großstädter-Variante, zeitgemäß. Die Damaszenerrose hier ist raumgreifend und vollen Körpers, der Safran akzentuiert charakteristisch und charaktervoll mit seiner herb-bitter-würzigen, holzig-trocken-fruchtigen Natur. Eingehüllt in sattes, butterweiches Wildleder und von Harzen verhalten gewärmt ist Harlem Bloom nicht wirklich warm, ihm wohnt eine gewisse verhaltene Süße inne, die von der fruchtigen Rose ausgeht, der samtenen. Dafür entwickelt Harlem Bloom auf meiner Haut eine gewisse Herbheit und Bitterkeit, die nicht nur dem Safran zuzurechnen ist, sondern auch dem Engelwurz, den Hölzern. Insofern kann ich mir diesen Duft auch gut an einem Mann vorstellen. Überhaupt sollten Männer weniger Angst vor Rosen haben, finde ich 😉
Nichtdestoweniger hätte ich mir als Hintergartenduft etwas anderes vorgestellt: Jene Stadtgärten sind oft prall gefüllt mit diversen unterschiedlichen Kräutern und blühenden Pflanzen, kleine Flächen, die groß rauskommen mit einer wahnsinnigen Vielfalt. Insofern hätte ich mir hier ein Bouquet vorgestellt, eventuell kombiniert mit Kräutern oder auch Beeren und keinen hübschen, aber monothematischen Rosenduft.
Purple Fig verspricht ein Feigling zu sein, wie ich zu sagen pflege. Die Inspiration bezieht Ahlgren diesmal nicht aus einem Garten in der Nachbarschaft seiner Wahlheimat, sondern erinnert sich an Pariser Straße:
„Ein geheimer Garten Eden, nur wenige Schritte vom Gewühl der Metropole entfernt. Purple Fig wurde von den Feigenbäumen und den grün bewachsenen Hausfassaden der „Cité du Figuier“ in Paris inspiriert. Diese beschauliche Seitenstraße bildet einen verblüffenden Kontrast zur urbanen Hektik der Rue Oberkampf und lädt zum entspannten Sinnieren ein – wie dieser Duft mit seiner zart-holzigen Herznote seiner Basisnote aus Zypresse und Virginia-Zedernholz und seiner sanften Zitruskopfnote.
Gibt man ihm genug Zeit, entfaltet er sein Geheimnis: Er ist von dezenten, aber ausdrucksstarken floralen Noten durchwoben, die ihm seine subtile und dennoch stets präsente Wärme verleihen.“
Die Ingredienzen: Kopfnote: Zitrone, Schwarze Johannisbeere, Angelika (Engelwurz); Herznote: Alpenveilchen, Galbanum; Basisnote: Virginia-Zedernholz, Zypresse.
Leider finde ich keine hier verwendbaren Bilder dieser schnuckeligen Straße, dafür aber eine sehr schöne Bilderstrecke in einem Blog namens Parisian Touch, die Ihr Euch mal ansehen solltet.
Purple Fig ist kein reiner Feigling und in meinen Augen auch nicht wirklich purple. Entspanntes Sinnieren und Flanieren im französischen Frühling, der bereits luftig-warme Tage offeriert … ja, das passt gut zu dem Duft. Er gleicht mehr einem Bild, duftet nach vielem – nach Zitrusfrische im Kopf und nach lauer Luft, nach bitterem grünen Blattwerk (Galbanum, Zypresse und Feige), darüber hinaus nach knarzigen Hölzern, die hier vielleicht eher von alten Stühlen und Tischen herrühren, die überall in der schönen Straße stehen und zum Müßiggang einladen inmitten von üppigem Grün und zarten, süß lockenden Blümchen.
Ein herb-grün-bitterer Feigling ist es, und zielt damit in die Richtung von Parfumerie Générales Jardin de Kerylos, ist aber genau wie dieser mehr eine Impression und in diesem seinem Naturell noch ausgeprägter als der Garten des Kerylos. Insofern, wer es nicht bereits ahnt: Purple Fig ist ein perfekter Begleiter für die wärmeren Jahreszeiten – wie auch die meisten seiner Gattungsgenossen. Aufgrund seines zitrisch-herb-grünen Naturells eignet sich er besonders für den Sommer, für heiße Tage wie diejenigen, unter denen wir seit einiger Zeit ächzen (oder zumindest ich) – das macht ihn zu einem jener wenigen hochsommertauglichen Düfte und einer gelungenen Cologne-Alternative. In meinen Augen hat Purple Fig darüber hinaus eine gewisse Ähnlichkeit mit Goutals Ninféo Mio – er ist der (unsüße) große Bruder dieser (vanillegeküssten) Schwester.
Dirty Velvet – ich war ganz gespannt, was uns hier erwartet … Schmutziger Samt? Wo? Im Boudoir? Hat das was mit Sünde zu tun? Oder …?
„Tiefroter, sich sinnlich anfühlender Samt; in der Luft liegt ein betörender, berauschender Duft. Schummeriges Licht in den Fluren, Tapeten mit üppigen Blumenornamenten zwischen den massiven schwarzen Türen … die Atmosphäre in meinem Pariser Lieblingshotel weckt heute noch in mir den gleichen Kitzel wie damals, als ich mit 21 Jahren erstmals auf mich gestellt eine Stelle antrat. Dirty Velvet interpretiert dieses Ambiente mit seiner Komposition aus Tabakblättern, Vetiver, Salz und Sandelholz. Ein Duft, der stimuliert, der unterschwellig gefährlich wirkt – und absolut unwiderstehlich ist.“ – Jan Vilhelm Ahlgren
Die Ingredienzen: Kopfnote: Pampelmuse; Herznote: Tabakblätter, Feige; Basisnote: Sandelholz, Salzige Noten, Vetiver.
Meistens habe ich eine ungefähre Vorstellung davon, wie ein Duft riechen könnte, nachdem ich die Duftnoten gelesen habe – Dirty Velvet ist eines der wenigen Beispiele, wo ich nicht wirklich weiß, wohin die Reihe geht. Je nach dem, wie die Duftnoten verteilt sind, wie die Dosierung ist, kann hier ein komplett unterschiedliches Resultat entstehen, obschon wir vielleicht mittlerweile die Handschrift Epinettes im Zusammenhang mit Vilhelm Parfumerie ein wenig besser kennen.
Und welches ist das Pariser Hotel, von dem Ahlgren schwärmt? Es würde mich brennend interessieren, obschon ich mir sehr genau vorstellen kann, wie es darin aussehen könnte.
Ich verstehe, was Ahlgren meint … Frisch aufgesprüht steigt mir die süße Säure einer saftigen, reifen Pampelmuse in die Nase, die weniger bitter ist als ihre Schwester, die Grapefruit. Mich erinnert diese an … lachsfarbene Wände, an ein Interieur im Hollywood Regency-Stil, das … in diesem Fall auch Leder beinhaltet. Eine Ledercouch? Die reicht nicht, hier ist mehr Leder, Glattleder, teures, dickes Leder. Und die Wände, deren Farbe, überhaupt die ganze Farbgestaltung wird dunkler. Wir sind nun bei ochsenblutrot, bei bordeauxrot angekommen und Hölzern …
Dirty Velvet ist seltsam und wunderbar, eine Kombi, die ich gerne mag – in jeder Beziehung. Und eine, die perfekt harmoniert. Wie soll ich es schreiben? … die Salzigkeit des Vetivers hat etwas von Körperausdünstungen genauso wie die herbe Bitterkeit oder bittere Herbheit der Feige und ihres Blattwerks, beides verstärkt durch die Pampelmuse. Tabak raucht hinein, auf subtile Art süß … und dann ist da noch das raumgreifende, auf eine Art samtige Leder. Vermutlich verzieht nun der eine oder andere das Gesicht, fragt sich, ob man das wirklich tragen möchte …. ja, möchte man. Ich zumindest. Und ich bin sicher, dass ich damit nicht alleine bin. Vermutlich zielt Dirty Velvet eher in Richtung Mann, ist hier aber, ein weiteres Wunder, äußerst modern, obschon er augenscheinlich ein plüschiges und geschichtsträchtiges Vintage-Hotel zitiert. Und ich weiß, dass ihn viele Frauen an (ihren?) Männern mögen werden 😉
Und – welche Düfte interessieren Euch von Vilhelm Parfumerie? Habt Ihr schon getestet?
Herzlichst,
Eure Ulrike
… die schon Do Not Disturb bestellt hat und bei dem einen oder anderen Kandidaten noch überlegt.
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