Alte Klassiker in neuem Gewand …

… präsentieren uns Comptoir Sud Pacifique: Ich hatte neulich schon einmal über einige Neulancierungen des Hauses berichtet, das mittlerweile doch als einer der Nischenveteranen gelten kann, lest hier. Am Packaging und an den Flakons hat man einiges verändert, die Kollektion(en) umgestellt, ein paar Neulinge unter das willige Volk gebracht und … ein paar Klassiker überarbeitet, so auch Vetyver Haiti, der erste Duft, den ich mir heute für Euch unter die Nase klemme:

„Vetyver Haiti ist die überarbeitete Wiederauflage eines der wichtigsten Parfums aus dem Hause Comptoir Sud Pacifique! Ein Eau de Parfum, schlicht, elegant und authentisch. In diesem Klassiker verflechten spritzige Zitrone und Bergamotte mit dem Star des Duftes, dem Vetiver. In dieser Rekomposition wird der Vetiver noch stärker gehighlighted.“

Das tolle Gras, eine meiner persönlichen Lieblingsingredienzen und als solche ein wahrer Evergreen in meinem Duftsortiment, wird in Haiti angebaut, Haiti ist einer der Hauptlieferanten und das, was für Vanille La Réunion ist, für Weihrauch der Oman usw. – der Ort, woher der beste Vetiver stammt. Leider habe ich den „alten“ Vetyver Haiti nicht mehr zum Vergleichen hier, insofern müsst Ihr mit einer ganz normalen Kritik der neuen Variante vorliebnehmen.

Was soll ich sagen? Vetyver Haiti ist ein hübscher Vertreter seiner Gattung. Das Gras grünt und salzt, dass es eine wahre Freude ist, zeigt uns demnach die Facetten, für die wir es lieben. Herb-spritzige Zitrusfrische ist immer eine Win-Win-Situation für Vetiver, die allermeisten Vetiver-Klassiker zitieren dieses Traumpaar, das unter anderem Guerlains Vetiver zum duftenden Meilenstein werden ließ – so findet sich auch hier eine ordentliche Portion Hesperidenfrüchte, die dem Vetiver zu seiner Pracht verhelfen. Seine Herbheit wird durch erdige Anklänge unterstrichen und verstärkt, wobei wiederum die Zeder unterstützend wirkt, darüber hinaus aber auch sachte saubere Noten stiftet, die zusammen mit der Salzigkeit des Vetivers leise maritime Assoziationen wecken.

Vetyver Haiti ist demnach ein absolut vorzeigbarer Vertreter seiner Gattung. Er offeriert die schönsten Seiten des Grases, stellt im die richtigen Ingredienzen an die Seite, überzeugt durch eine gute Sillage und Haltbarkeit. Ihr lest schon ein „aber“ … das kommt jetzt – aber: Ich brauche ihn nicht. Warum? Weil ich schon etliche Vetiverdüfte habe. Und weil Vetyver Haiti mein Portfolio nicht durch neue Akzente bereichern würde. Allerdings hat nicht jeder so fleißig gesammelt wie ich – und an dieser Stelle hat Vetyver Haiti durchaus seine Berechtigung: Wer auf der Suche nach einem schönen, klaren Vetiverduft ist, der gerade für Männer ein absoluter Immergeher ist, sowohl hinsichtlich der Jahres- als auch der Tageszeit – der kann hier getrost zugreifen, eigentlich blind.

Weiter geht es mit der leidenschaftlichen Vanille oder auch der Leidenschaft für Vanille:

„Vanille Passion ist ein süßer und klarer Vanilleduft, der zart nuanciert ist durch die leicht holzige Note Grüner Vanille. Ein warmer und stylischer Duft, eine wahrhaft schöne Ode an die Königin der Gewürze.“

Vanille … Vanille ist eine der Lieblingsingredienzen von Comptoir Sud Pacifique, keine Frage. Ich hatte in meinem letzten Artikel bereits ein paar Takte dazu geschrieben. Fans lieben das Haus dafür, manch Parfumista rümpft ein wenig die Nase. Ich vergleiche es einfach mal mit Filmen: Wann gewinnen schon Komödien relevante Filmpreise? Selten. Warum? Weil man ihnen mangelnden Tiefgang vorwirft, ob nun explizit oder implizit. Ausgeprägten Tiefgang in einer Komödie zu haben ist aber sehr viel schwieriger als gleich ein e Tragödie zu machen. Und die werden von einer Kritik von vorneherein meist wohlwollender betrachtet. Wahrscheinlich ist es mit Literatur sehr ähnlich … bei näherer Überlegung – ja, ist es. Wenn ich im Kopf die Klassiker der Weltliteratur durchturne, die drüben im Regal stehen, dann fällt mir kaum einer auf, der eine, mit Verlaub, „schweinefröhliche“ Handlung hat, ganz im Gegenteil. Insofern ist es ein bisschen ungerecht, Comptoir Sud Pacifique und ihren Vanilledüften vorzuwerfen, dass sie zu „seicht“ sind oder zu leicht, zu wenig komplex, zu „belanglos“, da eine solche Kritik am Thema vorbeigeht. Es war ganz offensichtlich nicht das Ziel, ein Drama zu kreieren, einen dramatischen Duft, dessen Ecken und Kanten dafür sorgen, dass sein Verlauf einer olfaktorischen Achterbahn gleicht.

Vanille Passion startet als … Backvanillearoma auf meiner Haut, süß, prall, vanillecremig und keksig – mir fast schon zuviel, wie mein erster Eindruck mir weismachen möchte … aber halt, doch, nach kürzester Zeit bin ich angenehm und positiv überrascht: Das (angehende?) Backwerk tritt zurück, und zwar zugunsten von leisen Rauchschwaden, darüber hinaus Anmutungen der Blüten, einer Orchidee. Florale Noten, sachte in Vanillecreme oder -milch getunkt, eine klitzekleine Süße der Blume und winzige Tautropfen, die irgendwo auf ihren Blütenblättern perlen. Puder, der für mich die zarten Stempelchen darstellt, ein Klecks Honig, subtil im Hintergrund. Das ist lecker – findet auch meine Katze, die sich sofort auf mein Handgelenk gestürzt hat und nach ein wenig daran herumlecken doch entrüstet das Köpfchen schütteln musste: Zum Essen ist Vanille Passion nicht da, nur zum Schnuppern – dafür ist es ein kalorienfreier Genuss, der selbst Vanillezögerer wie mich sanftmütig stimmt. Doch, den könnte ich mir gut vorstellen für mein Portfolio – zumal er sicherlich auch gut zu Layern ist.

Kennt Ihr die beiden Düfte? Und wie sieht es aus, Vetiver- und/oder Vanillefans unter Euch?

Viele liebe Grüße und einen guten Start in die Woche,

Eure Ulrike