Die Eaux de Parfum von Hervé Gambs …

… beschäftigen uns heute, unter anderem. Drei sind es an der Zahl, sie heißen Bois Dahman, Infusion Noire und Ombre Sauvage. Wieso jetzt die Eaux de Parfum und wo bleiben die restlichen Parfums Couture werdet Ihr Euch vielleicht fragen, völlig berechtigt? Die Antwort ist ziemlich einfach: Die deutsche Post trägt meine Pröbchen noch irgendwo durch Deutschland, obschon sie rechtzeitig weggeschickt wurden. Mir fehlen deshalb noch ein paar Samples, weswegen ich Euch heute noch den „Rest“ der Düfte vorstelle, die ich bereits vor mir liegen habe. Die anderen liefere ich Euch selbstverständlich alsbald nach.

„COLLECTION EAUX DE PARFUM

In a world where olfactory creativity has lost all originality, HERVÉ GAMBS, unconventional creator, writes a new chapter in its history with a collection of 3 black woody and spicy perfumes inspired by the animal nature which lurks in all of us and reveal a powerful sensuality.“

Den Anfang macht Bois Dahman, dem man die Attribute „Woody, Oriental, Precious“ verliehen hat:

„An impressive perfume of precious woods glorified by the oriental beauty. Sandalwood and birch bark meet the saffron, the incense and a drop of vanilla amber for this sensual fragrance overflowing of strength and character.“

Bois Dahman wird als „imperial fragrance of precious woods enhancend by the Oriental majesty“ beschrieben – das führt mich gedanklich vollkommen auf den „Holz“weg, und zwar den falschen. Ich stelle mir einen holzigen Orientalen vor, opulent und mit Safran ausstaffiert. Das stimmt zwar, einerseits, ist aber andererseits sehr viel moderner und zeitgemäßer, als man vielleicht erwarten würde, als ich erwartet hatte. Im Auftakt zeigt sich Bois Dahman überraschend frisch, aber dennoch herb – es sind keine Hesperidenfrüchtchen, die mir um die Nase wehen, und bis ich mir überlegt habe, woher dieser Eindruck stammt, erreicht bereits Safran meine Nase mit seinem einzigartigen und charakteristischen Duft. Lederanklänge nehme ich wahr, nichtsdestoweniger zeigt sich Bois Dahman immer noch kühl, und somit auch leichter als angenommen, trotzdem nun auch Birkenteer das Feld betritt. Birkenteer kennen wir unter anderem von Andy Tauer, der in oftmals in ordentlichen Dosen einsetzt – rauchig, bisweilen fast schon teerig, wieder Name sagt, ist das Naturell dieser Ingredienz, die im Falle von Bois Dahman zurückhaltend, aber dennoch prägnant eingesetzt wird. Weihrauch untermalt und verstärkt die Rauchschwaden, Sandelholz würzt und pudert, den Gegenpol bildend, von Vanillecremigkeit fein-süß unterstützt.

Bois Dahman ist ein safrangeküsster Holzduft, den ich nicht als Orientalen klassifizieren würde, obschon er eine orientalsche Ausprägung besitzt. Er stellt eine überaus moderne Adaption dieses Themas dar und ist aufgrund der ihm innewohnenden Kühle für beide Geschlechter tragbar, wobei er eher auf die Männerwelt zielt – wie so oft bei Düften, in denen Safran eine tragende Rolle spielt. Durch die Sanftheit der Vanille, ihre süße Cremigkeit sowie die sandelholzige Pudrigkeit bilden ein gelungenes Gegengewicht zu der herb-kantigen Rauchigkeit, was unserem Hölzlein hier eine interessante Ambivalenz verleiht und von einem starken Charakter zeugt.

Einmal mehr ein toller Duft aus dem Hause Hervé Gambs – bisher hat mir jeder Duft außerordentlich gut gefallen, eine Seltenheit, das ein Label mich mit allen seinen Düften derart überzeugt. Ich kann Euch jetzt schon versprechen – es wird so weitergehen 😉

Unser zweiter Kandidat ist der als „Woody, Leather, Intense“ beschriebene Ombre Sauvage:

„A modern and intense fragrance around an animal leather. Elegant accord of cedar wood, roots of Haitian vetiver, magnified by Madagascar vanilla and tonka bean for an irresistible note melting on the skin.“

Ombre Sauvage ist … wundervoll, das war mir allerdings schon klar, als ich die Ingredienzen gelesen habe: Animalisches Leder, vor allem aber auch Vetiver, herb-grasig-salzig, von Vanille und Tonka würzig-cremig veredelt und von rosa Pfeffer interessant und gekonnt kontrastiert. Ombre Sauvage ist sagenhaft auf der Haut: Vetivergras, das eine unglaubliche Tiefe und Kontrastreichheit zeigt aufgrund der perfekt ausgewählten Zutaten, die es anstrahlen und ausleuchten. Der Pfeffer ist, wie immer, ein exzellenter Begleiter, Vanille und Tonka wärmen und süßen, wie wir es beispielsweise von Byredos Bal d’Afrique oder von Vetiver Tonka aus der Hermèssence-Kollektion kennen. Warme Vetiverdüfte sind nichtsdestoweniger selten, zumal Vetiver eben doch meistens mit Zitrusfrüchten in Szene gesetzt wird. Zeder steuert Holzigkeit und, wie häufig, eine gewisse seifige Sauberkeit bei, darüber hinaus finden wir Anklänge von Leder, sattem Leder mit einem Hauch Tier.

Ombre Sauvage hat Kultcharakter und erinnert mich in seiner Aussagekraft an Düfte wie Terre d’Hermès. In meinen Augen hat er das Potential, ein echter Klassiker zu werden, der viele begeistern wird. Ich würde ihn als unisex einstufen, obschon er einen Tick mehr ins Maskuline zeigt. Er ist businesstauglich, dennoch markant und auf eine Art unkonventionell – ein Businesspunk, ein Rebell im Anzug, ein moderner Dandy. Und er würde sich sowas von gut neben meinen anderen Vetiverdüftchen im Regal machen …

Der letzte Duft, der mir momentan vorliegt und somit der letzte für heute sein wird, ist Rouge Cardinal, der aus der Parfums Couture-Linie stammt und als „Oriental, Mystic, Ultra Sensual“ beschrieben wird:

„A heavenly and unconventional fragrance. A captivating accord of orange flower, incense and patchouli, enhanced by vanilla and cocoa absolute to travel the mind and senses.“

Ein Gourmand, vielleicht mit Fruitchouly-Anmutung aufgrund der oftmals sehr fruchtigen Orangenblüten? Nein, nicht wirklich, wie ich schnell feststelle: Wir haben es hier mit einem Vollblutpatchouli zu tun, einem weichen, samtigen, pudrigen Vertreter seiner Gattung, der mit köstlichen Kakaoanleihen brilliert, einer Facette, die Patchouli innewohnt und manch einen Klassiker dieser Art ziert. Vanille cremt und süßt, dass es eine wahre Pracht ist, obschon Rouge Cardinal kein Gourmand ist, möchte ich bisweilen dennoch in mein Handgelenk beißen, so verlockend zeigt er sich. Wie vermutet stiften die Orangenblüten Fruchtigkeit, sonnengewärmte, die ein ziemlich gutes Gegengewicht bildet.

Ganz klare Sache: Rouge Cardinal ist ein Patchouli, insofern spitzt sich hier alles zu auf die Frage, ob man diese Ingredienz mag oder eben auch nicht. Innerhalb der Gruppe der Patchouli-Düfte lässt sich Rouge Cardinal sicherlich nicht als komplett innovativ einstufen, dafür brilliert er mit seiner Qualität und seiner Vollmundigkeit, die Liebhaber sicherlich für sich einnehmen wird.

Ich hoffe, ich kann die Vorstellung der Kollektion von Hervé Gambs bald hier im Blog vollenden und die Pröbchen landen nicht noch versehentlich in China, wie neulich ein Paket von mir, das eigentlich seinen Weg in die USA hätte zurücklegen sollen … Jetzt aber wünsche ich Euch zuallererst ein schönes Wochenende und sende Euch viele liebe Grüße,

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

Ein Kommentar

  1. Christel
    12. Februar 2017
    Antworten

    Uih, das klingt ja alles verführerisch – Safran, Sandelholz, Weihrauch + Birkenteer sind genauso gern von mir gesuchte Inhalte bzw. Inhaltskombinationen wie Vetiver generell. Und Rouge Cardinal hört sich auch gut an, Kakao + Vanille scheinen die manchmal doch vorhandene sehr erdige Seite des Patchouly bestens zu zähmen. Muss man wohl im Auge behalten, das Haus Hervé Gambs – oder besser in der Nase … 😉 Hab mit Baie des Anges grad schon einen Anfang gemacht, gefällt mir ausnehmend gut.
    LG, Christel

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