Penhaligon’s neuster Streich ist die Portrait-Kollektion, die den malerischen Beinamen „an olfactive fiction“ trägt. Die Düfte der Penhaligon’s Portraits, vier an der Zahl, befassen sich mit zwei Ehepaaren: Lady Blanche und Lord George, die wir heute schnuppernderweise besuchen werden, und deren Tochter Duchess Rose samt ihrem neuangetrauten Gatten Duke Nelson, bei denen wir nächste Woche auf ein Tässchen Tee und Gebäck vorbeischauen werden. Die Titel und Namen der vier Protagonisten lassen es bereits erahnen, es handelt sich um Mitglieder der britischen Hautevolee und so ist die Kollektion laut Penhaligon’s …
… eine Hommage an das typisch Englische – irgendwo zwischen Establishment, Humor und Provokation. Entdecken Sie die Geheimnisse der britischen Aristokratie in einer exzentrischen Kollektion außergewöhnlicher Düfte. So stehen die „Portraits“ gleichermaßen für die Quintessenz von Penhaligon’s: ultimativ britisch, leicht exzentrisch, traditionsbewusst, abenteuerlustig und aristokratisch.
Zu jedem Duftportrait der Penhaligon’s Portraits gehört eine kleine Geschichte, die olfaktorische Fiktion, auf die der Beiname der Kollektion bereits anspielt und die die beiden Protagonisten auf prosaische Weise miteinander verbindet, mehr noch als ihr Ehegelübde es jemals könnte. 😉
Doch nun klopfen wir an die Tür des ersten Ehepaares Lady Blanche und Lord George. Sicherlich wird uns James, der Butler, sogleich in den Salon führen und uns Tee in viel zu kleinen, viel zu filigranen und üppig verzierten Porzellantässchen anbieten. Während der Herr des Hauses noch auf sich warten lässt, betritt Lady Blanche den Raum …
Penhaligon’s Portraits: The Revenge of Lady Blanche
Lady Blanche ist der Erzählung nach …
… ein Liebling der Londoner Gesellschaft und eine der einflussreichsten Damen in ganz Großbritannien. Ihre unnahbare Schönheit, geheimnisvolle Vergangenheit und brennenden Leidenschaften sind Gegenstand des öffentlichen Interesses. Vom Ladenmädchen bis hin zur Angehörigen des Königshauses – alle sprechen über sie. Sie würde alles dafür tun, die soziale Leiter noch weiter nach oben zu klettern.
Bereits der Titel des Duftes wie auch die Beschreibung ihrer Persönlichkeit lassen nichts Gutes erahnen. Aber ich kann Entwarnung geben: Ihre Rache gilt nicht uns. Leidtragender ihres Wunsches nach Macht und Reichtum ist kein anderer als ihr Göttergatte Lord George, den sie (so jedenfalls pfeifen es die Spatzen von den Dächern Londons) zu vergiften plant. Penhaligon’s beschreibt ihr Wesen als:
Ein grün-blumiges Narkotikum. Entzückend gefährlich.
Nun denn, ans duftende Werk! Lady Blanches Rache stammt aus der olfaktorischen Feder von Daphné Bugey und besitzt die Duftnoten: Iris, Narzisse, Hyazinthe. Recht übersichtlich, aber es muss ja nicht immer ein Duftnoten-Sonett sein. Frisch aufgesprüht offenbart meine Haut sogleich intensiv grün-florale Noten, zu denen sich alsbald pudrige Lippenstiftakzente gesellen. Die Iris bestimmt das blühende Dreierlei, der Narzisse schiebe ich die leicht herb-kratzigen grünen Nuancen zu, während die Handbremse der Hyazinthe voll angezogen zu sein scheint. Sie, die ja sonst einen eher raumerfüllenden betörenden Duft hat, setzt hier eher im Hintergrund Akzente. The Revenge of Lady Blanche ist auf meiner Haut sehr sauber, beinahe skinnig und könnte ohne Weiteres als Clean-Duft durchgehen. Vom gefürchteten Narkotikum bleibt die weiße Dame jedenfalls auf meiner Haut weit entfernt. Auf dem Teststreifen wirkt The Revenge of Lady Blanche dunkler und auch irgendwie dumpfer als auf meiner Epidermis. Die Saubernoten sind hier weniger präsent, der Duft ist vornehmlich dunkelgrün-floral-lippenstiftig.
Während mir der weiß behandschuhte James ein weiteres Tässchen Tee einschenkt und ich genüsslich an einem Shortbread mümmele, betritt Lord George den üppig ausgestatteten Salon und gesellt sich zu mir.
The Tragedy of Lord George
Der arme George hat im Gegensatz zu uns noch keine Ahnung, welche Schandtaten seine Ehegattin heimlich im Schilde führt. Nach Penhaligon’s ist er …
… ein wohlhabender und angesehener Mann, der archetypische Patriarch. Nach außen verkörpert er die nobelsten Werte der Aristokratie: Tugendhaftigkeit, Respekt, Loyalität und Ergebenheit. Sein Duft spiegelt sein Wesen wider: augenscheinlich traditionell, aber mit verborgenen Geheimnissen.
Welche Geheimnisse Lord George unter anderem verbirgt, verrät uns das altehrwürdige britische Dufthaus auch sogleich: Das Fleisch ist schwach. Und so ist Georges Tragödie ein Duft, über den sich sagen lässt:
Maskulin und elegant – mit einem Hauch Rum. Kräftig, tiefgründig und ach so zuvorkommend – „treten Sie ein, wir sind uns sicher schon einmal begegnet“. Für die, die es haben, die es können, die Standhaften und Ruhigen – die aber viel Spaß haben. Eine starke Schulter, um sich auszuweinen (war das deine schützende Hand, dort auf meinem ___ ?). Ein Duft für einen Mann, dessen Ruf ihn überdauert. Nicht ganz astrein, aber trotzdem voller Liebe.
Lord George scheint also kein Kostverächter zu sein. Seine olfaktorische Tragödie wurde von Alberto Morillas kreiert und vereint die Duftnoten: Hölzer, Ambra, Tonkabohne, Fougère-Akzent. Auf meiner Haut treten zu allererst dunkelholzige Noten zu Tage, die alsbald weicher und wärmer werden. Ambra zeigt sich deutlich, Tonkabohne schenkt vanillige Nuancen und der Fougère-Akzent verleiht dem Duft eine intensiv fougèrige Tiefe. The Tragedy of Lord George ist auf meiner Haut weitaus facettenreicher, tiefgründiger und komplexer als sein weibliches Pendant, das ja eh nur aufs Geld aus ist. 😉 Georgieboy gefällt mir richtig gut. Ein warmer, erdig-waldiger Duft, der in mit spontane Whiskyassoziationen weckt. Ja, Whisky und nicht Rum, wie es Penhaligon’s mir weismachen wollte. Auf dem Teststreifen entwickelt sich der Duft ähnlich wie auf meiner Haut, allerdings bleibt er hier insgesamt weniger: weniger facettenreich, weniger tiefgründig, weniger komplex. Ich empfehle daher auf jeden Fall den Hauttest, um zu sehen, wie die Tragödie bei Euch ausfällt.
Zu guter Letzt möchte ich noch auf die außergewöhnlichen Flakons der Penhaligon’s Portraits hinweisen, die in bester Game-of-Thrones-Manier mit Tierkopfdeckeln versehen sind: so gehört Lord George wohl zum Haus Baratheon, trägt sein Flakon doch einen Hirschkopf. Seine Gattin scheint dagegen eine Lannister zu sein, denn wenn mich meine Augen nicht täuschen, besitzt ihr Flakon einen Raubkatzendeckel (eine Löwin?).
Damit verabschiede ich mich und wünsche Euch allen eine schöne letzte Vorweihnachtswoche. Bitte vergesst nicht unseren Termin bei Duchess Rose und Duke Nelson nächste Woche! Am besten gleich im Kalender notieren. 😉
Liebe Grüße
Julia
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