Von INITIO Parfums Privé gibt es ein neues Duo, das sich mit dem Titel Carnal Blends schmückt. Das Wort „carnal“ begegnet mir im Zusammenhang mit Parfums immer wieder und ist relativ schwer zu übersetzen. Als Bedeutungen kommen sinnlich, fleischlich, sexuell, geschlechtlich oder leiblich/körperlich in Frage. Das klingt dann schnell ulkig. Was meint man jedoch bei INITIO damit?
Carnal Blends und Hedione
Hier gehts definitiv um Erwachsenenturnen, denn im Pressetext heißt es:
Jahrzehntelang lehnten Wissenschaftler den Gedanken ab, dass bestimmte Düfte die Freisetzung von Sexualhormonen auslösen könnten. Nun hat ein Team von Forschern der Universität Bochum belegt, dass manche Düfte besondere Schlüsselkomponenten enthalten, die mit der Libido verbundene Hirnregionen aktivieren.
Hierzu habe ich Euch zwei Artikel herausgesucht, die diese Forschung beschreiben. Einmal die Pressemitteilung der Ruhr-Universität Bochum sowie ein Artikel in Spektrum der Wissenschaft genau zu diesem Thema.
Über Hedione bzw. Methyl-Dihydrojasmonate hat Uli bereits einmal ausführlich berichtet, sodass ich mir hier ein längeres Zitat erlaube:
Hedione kommt aus den Phiolen des Aromastoffherstellers Firmenich und soll angeblich nach Jasmin riechen – so zumindest klassifiziert man das Molekül, das seinen Namen von dem griechischen Wort „hedone“ [= Lust, Vergnügen, Genuss ? siehe auch die Göttin Hedone] hat. Allerdings stellt Hedione weniger den eigentlichen Duft dar, vielmehr bringt der Stoff Anderes zum Erblühen. Wie schrieb Erik so schön in seinem Blog:
„Hedione ist ein eher schwach wirkender Riechstoff, der irre Eigenschaften mitbringt. Sie wollen wissen, woher in vielen Düften diese Strahlkraft kommt? Nehmen sie Hedione. Sie wollen wissen, warum ein sanft blumiges Herz so eine verdammt gute Haftung hat? Nehmen sie Hedione. Sie wollen wissen, wie man einer Komponente auf die Sprünge helfen kann, ohne diese höher dosieren zu müssen? Nehmen sie Hedione. Ihren eigenen Mischungen fehlt Transparenz? Nehmen sie Hedione. Angst vor Überdosierung? Keine Sorge, nur immer rein damit (was ich mit echtem Jasmin nicht empfehlen würde!). Hedione ist einfach fantastisch und es ist gar nicht mal teuer. Wer also selber Parfum mischt und nicht unbedingt auf dem Naturtrip ist, der sollte sich unbedingt Hedione besorgen. Ich wüßte nicht, wozu Hedion nicht passen sollte. Und wer nun unbedingt wissen will, wie Hedione in einer Mischung vielleicht riechen könnte, der geht einfach in die nächste Parfumerie und schnuppert dort mal am Clinique Happy , das ist voll davon und nun wissen sie auch, warum Hedione mich glücklich macht.“
Hedione finden sich zum Beispiel auch in Diors Eau Savage als auch in Diorella und in vielen weiteren Düften. Martine Pallix allerdings war diejenige Parfumeurin, die Ende der 90er für Comme de Garçons mit Odeur 53 den Duft kreierte, der bis heute weltweit den meisten Anteil an Hedione enthält – nämlich mehr als die Hälfte.
Weiter heißt es bei INITIO:
Unser Geruchssinn ist vom Ansturm so vieler asexueller, braver, keuscher und harmloser Düfte geradezu betäubt und unsere Triebe werden von so vielen Verboten unterdrückt. Nun wird der Geruchssinn von kleinen Explosionen der Sinnlichkeit überwältigt, die unsere ureigenste animalische Natur so klar ansprechen.
Na dann wollen wir uns doch von den Zwängen befreien und den Muff von tausend Jahren mit den Carnal Blends vertreiben!
High Frequency – in den höchsten Tönen
High Frequency – ist kein unglaublich komplexes Parfum, aber es besitzt einen ganz besonderen Charme. Zum einen trägt es eine Magnoliennote in sich: Magnolie empfinde ich immer als helle, transparente Blütennote, die meines Wissens durch einen Akkord entsteht und den Blüten nicht direkt entzogen wird. Zum anderen kommt eine Mandelnote ins Spiel, die sich perfekt und überraschend harmonisch mit der Magnolie verbindet. Ganz wichtig: keine Mandel im Sinne eines Gourmanddufts. Nichts Süßes, keine Cantuccini oder Ähnliches. Eher eine Mandelnote, wie man sie in einem meiner Lieblingsdüften „Pegasus“ von Parfums de Marly findet: kühl, zurückgehalten, metallisch, ein bisschen überirdisch glänzend.
Wenn INITIO schreiben, dass Magnolie und Mandel unschuldig wirken, dabei aber auch sexy sind, ist vielleicht gerade diese Abstraktion gemeint. Es werden die Genüsse angedeutet, aber nicht vollständig ausgesprochen. Die Fantasie ist gefragt! Solch ein Duft muss natürlich auf die Haut und entfaltet dort er die große Strahlkraft. Hier entdecke ich auch noch eine leicht grün wirkende, bittere Note, die noch etwas mehr Spannung beisteuert.
Perfekt für alle, die auf die minimalistischen Moleküldüfte stehen und auch vor synthetischen Abstraktionen keine Angst haben.
Carnal Blends – Risiken und Nebenwirkungen
Side Effect – nun Nebenwirkungen sind ja gerade bei Medikamenten meistens nichts Erwünschenswertes. Geben wir ihm trotzdem eine Chance? Na gut.
Der erste Eindruck auf dem Teststreifen: Huch, was ist denn da Quietschig-Bunt-Fruchtiges drin? Ist das vielleicht hier die Wirkung von Hedione? Denn in den Zutaten lese ich von Tabak, Vanille, Rum, Zimt und Leder. Vermutlich führt die Kombination aus Rum und Zimt meine Nase und meinen Kopf auf Abwege. Und so soll es ja auch sein. Ein unheimlich gehaltvoller, aromatischer Duft, der mit herber Vanille, weichen Ledertönen und trockenem Tabak spielt und mit Zimt besonders prickelt. Kein Duftverlauf im klassischen Sinne, aber ein Akkord, der fasziniert: „Leichtsinnig, verwegen … und erregend.“
Da nimmt man doch die Risiken und Nebenwirkungen gerne in Kauf, oder nicht? In jedem Fall ein positiver, beschwingter Duft, der das Leben in vollen Zügen genießt, auch körperlich! 🙂
Bitte testen, für eine besonders kuschelige und aufregende Adventszeit.
Liebe Grüße
Harmen
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