Santiago Burgas hegt nicht nur ein großes Interesse an Ameisenvölkern, sondern schwärmt ganz offensichtlich auch für Dada, den Dadaismus. Anfang des 20. Jahrhunderts als Gegenbewegung von Künstlern gegen die Kunst ins Leben gerufen, könnte man den Dadaismus als eine Art Antikunst bezeichnen: Nicht definieren oder festlegen lassen wollte man sich, ganz klar, weil man ja eben gegen Normen und Reglementierungen, gegen alles Starre und Fixe und selbstredend auch die gängigen gesellschaftlichen Sehnsüchte und Ideale rebellierte.
Beim bloßen Contra blieb es allerdings nicht, das oftmals wenig produktiv ist, wie wir wissen: Der Bruch mit Althergebrachtem und Tabus sorgte für eine Bereicherung der Techniken der Kunst an und für sich. Darüber hinaus kann der Dadaismus als Wegbereiter des Surrealismus gesehen werden, auch die Konzepte von Ready-made und Fluxus können zu ihn zurückverfolgt werden. Bei Ready-made sind wir auch ziemlich exakt richtig, denn Burgas‘ Messestand letztes Jahr auf der Pitti zierte ein Urinal in bester Duchamps-Manier. Eau Dadà bezieht sich auf Tristan Tzaras Manifeste, auf ein achtes (von eigentlich sieben):
Ein handgeschriebener Brief, zusammen mit einem alten Parfumflakon, gezeichnet vom Fortgang der Zeit, erweist sich als das Achte Manifest.
Irgendwo,
Ich kann nicht sagen, wo,
Fand ich eine Schachtel aus vergangenen Zeiten,
Darin war etwas Merkwürdiges.
In der Box ruhte,
Das Achte Manifest.
Die Ingredienzen: Orangenblüte, Safran, Labdanum (Zistrose), Tonkabohne, Iris, Patchouli, Bourbon-Vanille, Weihrauch, Adlerholz (Oud)
Eau Dadà enthält eine der Lieblingszutaten von Burgas, einige werden es bereits ahnen – Oud. Verwendet hat er hier thailändisches Oud, insgesamt ist Eau Dadà ein zarterer, leiserer Oudkandidat, zumindest für Santi Burgas. Es sind die Orangenblüten, die ihn fast in die Nähe von Xerjoffs schönen Oud Stars stellen, den zum Teil floralen (Najaf und Al Khatt). Deren Nektarsüße, zart honighaft, korrespondiert vorzüglich mit den herb-würzigen Facetten des Safran, während die cremige Süße von Tonkabohne und Vanille zusammen mit Irispuder und Harzen eine ambivalent-köstliche Allianz eingehen. Das Oud ist medizinisch und holzig, strahlt aber nicht zuletzt durch die Unterstützung der Harze ebenfalls eine schöne ambrierte Wärme aus und zeigt keinerlei animalische Anklänge. Patchouli ist einmal mehr für den 3D-Effekt zuständig: Er schafft Tiefe, stärkt das Rückgrat und somit den Charakter des Duftes und haucht dem Duft neben seiner erdigen Bodenständigkeit auch leise kakaopudrige Noten ein.
Ich weiß nicht, warum, aber ich denke, ich hätte Eau Dadà in einer ganz anderen Richtung verortet – rein farbliche hätte ich mir einen blau-grünen Duft vorgestellt, petrolfarben vielleicht. Vermutlich liegt es daran, dass ich ein großer Fan der gleichnamigen Kerze aus dem Hause Cire Trudon bin, die unter anderem mit Nanaminze begeistert.
Nichtsdestoweniger gefällt mir Eau Dadà ziemlich gut – genauso wie die anderen Ouddüfte von Santi Burgas. Allerdings haben wir es hier mit, ich hatte es schon erwähnt, vermutlich recht gutem und vor allem auch echtem Oud zu tun, dass recht wenig gemein hat mit den zum Teil sehr zivilisierten Varianten vieler europäischer Häuser. Das muss man mögen.
Nächste Woche kommen wir zum letzten Duft von Santi Burgas und schließen damit unsere Rezensionsreihe vorerst ab. Zuallererst aber wünsche ich Euch ein schönes Wochenende und sende Euch viele liebe Grüße,
Eure Ulrike
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