Acqua di Parma – Die Stärke der Eiche – Colonia Quercia

Der Volksmund rät: „Eichen sollst du weichen, Buchen sollst du suchen.“ Was schon bei Gewittern falsch ist, kann auch bei Düften nicht richtig sein.

Die majestätische Eiche

Die Eiche steht hier nicht zum erste Mal im Mittelpunkt, 2013 schrieb ich bereits über Penhaligon’s Duft „Quercus“. Auch damals waren wir schon im Bereich der Colognes mit der überaus hersperidenlastigen Komposition. Haben Acqua di Parma also überhaupt etwas Neues erschaffen mit ihrem aktuellen Duft „Colonia Quercia“?

Ich sage ganz klar ja. Mit Leder und Oud – „Colonia Leather“ und „Colonia Oud“ trauten sich Acqua di Parma an eigenwillige Duftbestandteile heran und verbanden sie mit ihrem legendären Colonia-Akkord. Das Ergebnis war überraschend gut, wie ich meine. Vor allem der Lederduft ist besonders gelungen.

Mit kaum einem Baum verbindet man so viele Werte wie mit der Eiche. Die Eiche gilt als deutscher Nationalbaum, sein Eichenlaub ziert nicht nur die Schultern der Generale, sondern war auch auf der Rückseite einiger Pfennigmünzen abgebildet, auch die deutschen 1-, 2- und 5-Cent-Euromünzen tragen das ansehnliche Laub samt Eicheln. Die Eiche steht für Beständigkeit, Robustheit und wurde im Christentum als Baum des Lebens und des ewigen Heils angesehen. Aber auch schon in der Antike war die Eiche dem Zeus geweiht, die alten Germanen widmeten sie ihrem Lieblingsgott Donar/Thor.

Acqua di Parma schreiben in ihrem Pressetext zum Duft, dass er von einer Reise ins Piemont inspiriert wurde, von den Ländereien der Adligen, wo dieser heilige Baum des Schutzes und des Mutes häufig zu finden ist. Beflügelt von der Langlebigkeit und seiner Beständigkeit wandte man sich dem Eichenmoos als Hauptingredienz dieser Komposition zu.

Ein weicher, etwas feuchter Erdboden, auf den das Licht durch die Blätter hindurchfällt. Alles in der Stille des Morgens und im kühlen Schatten der großen und schützenden majestätischen Eichen. Solide und starke Bäume, die mit ihren mächtigen Ästen einen einladenden Korridor schaffen. Natürliche Architektur, die seit undenklichen Zeiten existiert. Hier lassen sich Spaziergänge genießen, während man die kräftigen Noten des Unterholzes in der Luft einatmet. Diese Wälder der ausgedehnten Familiengüter zu durchqueren, ist ein Ritus, der den Lebensstil eines gebildeten und bewussten Menschen reflektiert. Ein Mensch, der in diesem natürlichen Reichtum ein unschätzbares Erbe erkennt, das bewahrt werden muss.

Das böse Eichenmoos

Nun hat man nicht das Eichenholz zur Kreation dieses Duftes herangezogen, sondern das Eichenmoos. Diese Duftingredienz ist natürlich durch Fougère- und Chypre-Kreationen bekannt und stammt tatsächlich von keinem Moos, sondern einer Flechte (Evernia prunastri), die überwiegend Eichen besiedelt. Für die Parfümerie wird es vor allem in Frankreich gesammelt (aber auch in Italien, Dalmatien und Marokko) und ist dort auch als „mousse de chêne“ bekannt. Eichenmoos ist leider auch eines der Duftstoffe, die dank der strengen und umstrittenen IFRA-Reglementierung nur noch in Kleinstmengen in Düften vorkommen darf, da es unter Umständen allergische Reaktionen auslösen kann. Hierzu verfasste übrigens Luca Turin in der NZZ einen Artikel.

Die Duftkomposition
Kopfnote: Bergamotte, Zitrone, Petitgrain, Rosa Pfeffer
Herznote: Geranium, Kardamom, Zedernholz
Basisnote: Eichenmoos, Tonkabohne, Patchouli

Gerade durch Geranium und Kardamom, aber auch durch die trockene Zedernholznote kommt noch ein grüne, laubartige Komponente hinzu, die dem Duft alle Schwere nimmt. So haben wir es hier mit dem Abbild einer beschützenden ehrwürdigen Eiche zu tun, aber auf eine leichte, klassische Art und Weise. Hochmodern mutet „Quercia“ nicht an – die Fougère- und Chypre-Assoziationen sind einfach da, aber altbacken ist er nun auch überhaupt nicht.

Die Idee, prominent eingesetzte Duftnoten mit dem beliebten Colonia-Akkord zu verbinden, ist auch im Falle von „Quercia“ geglückt. Das eher für Herren tragbare Colonia bietet eine gelungene Mischung aus Tradition, Beständigkeit und Dynamik. Wie schreiben Acqua di Parma selbst so schön: „ Ein Duft, der in den Saiten derer vibriert, die die Werte einer Tradition erkennen, die von Generation zu Generation faszinierend und lebendig bleibt.“ Ich bin gespannt, welche Duftnote als nächstes auserkoren wird. 🙂

Liebe Grüße
Harmen