… war ich Euch noch schuldig geblieben, als ich neulich die Istanbuler Nischenduftmarke vorgestellt hatte. Die Pröbchen waren nicht verfügbar und ich ziemlich neugierig, da mich der Rest der Kollektion doch zu begeistern vermochte, wie Ihr sicherlich mitbekommen habt 😉 Falls nicht – Teil 1 und Teil 2 der Rezensionen.
Pásion Choco liest sich ganz deliziös, das ist mir schon das letzte Mal aufgefallen:
„Pasión Choco ist ein fruchtiger, süßer und orientalischer Duft, der um das verführerische Aroma der Passionsfrucht konstruiert wurde und sich mit Kaffeenoten, karamellisierter Grapefruit und dunkler Schokolade vermischt. Zarte blaue Leinblüten treffen auf Orchideen und exotische Koriandersamen, die zu einer Basis aus Vanilleschoten, Benzoeharz, Patchouli und Moschus führen. Mit Leidenschaft gemacht, vorsichtig verwenden!“
Liest sich himmlich, wie ich finde. Also ab damit auf die Haut …
… Zitrisch ist er, der Auftakt – getrocknete, gesüßte Zitrusfrüchte, Pampelmusen- und Grapefruitschnitze, meiner Nase nach gezuckert, vielleicht gepuderzuckert, aber nicht unbedingt karamellisiert. Während ich noch überlege, nehme ich die Schokolade wahr, nein, eigentlich gleich zwei verschiedene Sorten: Eine mit hohem Kakaoanteil und Vollmilch, süß-cremig und pudrig. Dazwischen recken kecke Blüten ihre Köpfe hervor, tropisch-betörend, aber keineswegs aufdringlich. Hier und da milchcremt Vanille, unser Freund Patschuli unterstreicht die Pudrigkeit des Geschehens und Benzoe wärmt strahlend aus der Basis. Und dann sind da noch unsere beiden Hauptpersonen, die dem Duft über lange Zeit seinen Charakter verleihen: Maracuja und Kaffee. Eine frisch-saftige Frucht, die mit ihrem eigen- und einzigartigen Duft verwöhnt, und von herben Kaffeeanklängen kontrastiert wird, bisweilen grün schillernd, zum Teil aber auch schon fast geröstet-malzig anmutend. Im weiteren Verlauf lässt sich Pásion Choco noch einige angenehme Verwirrspiele für meine Nase einfallen: Rieche ich da … Meer? Eine leichte Brise, die vom Bosporus herüberweht? Ein paar Gewürze, die scharf-ledrig zu einem Besuch auf dem Markt einladen? Und dann ist da noch diese Moschusweichheit, die mich in eines der Künstlerviertel versetzt, durch die Straßen flanierend.
Laszlo Ilyes „Bogaziçi Gulls“ via Flickr – CC BY 2.0
Wer die anderen Rezensionen von Nishane hier im Blog mit verfolgt hat oder wer vielleicht schon getestet hat, der weiß, dass Nishane eine besondere Handschrift haben. Die Düfte sind besonders und größtenteils gewollt etwas „rauer“ von der Machart – ich denke dabei beispielsweise an D.S. & Durga, Andy Tauer und ähnliche. Wem das bewusst ist, der wird hier genausowenig einen quietschigen Flanker einer kreischenden Süßspeise im Flakon vermuten wie eine alternde Duftjungfer, deren Reize etwas zu offensichtlich zur Schau gestellt werden. Pásion Choco ist – anders. Und kein klassischer Gourmand, obgleich genügend Ingredienzen vorhanden sind, die einen ebensolchen hätten entstehen lassen können. Hier gibt es mehr Ecken und Kanten, hier fließen duftende Bilder mit hinein, die in der Tat Impressionen evozieren. Impressionen, wie ich sie oben beschrieben habe – von dem Istanbul der Jungen, der Kreativen, von dem mir meine reizende Freundin N. immer so vorgeschwärmt hat.
cat-collector „Golden Horn“ via Flickr – CC BY 2.0
Mūsīqá, unser zweiter Kandidat, ist war „mal wieder“ ein Oud, aber – er beinhaltet Ingredienzen, die Reizworte für mich sind: Kopfnote: Grapefruit, Amyris, Nagarmotha; Herznote: Adlerholz (Oud), Safran, Ambra; Basisnote: Eichenmoos, Sandelholz, Guajakholz.
Nagarmotha, Amyris? Ich liebe diese Stöffchen. Und Grapefruit lässt auf eine eher kühlere Oudinterpretation hoffen – das wäre klasse, gibt es davon doch nicht allzu viele. Und von den wenigen ebensolchen sind einige richtig gute Düfte dabei, siehe beispielsweise Fars von Xerjoff. Ich fackele nicht lange rum, ab auf die Haut mit dem Istanbuler!
… gerade dachte ich noch „Ouhhh, ein Vergleich mit den Oud Stars von Xerjoff, der ist vermutlich zu gewagt“ – eben auch aufgrund deren doch sehr arabischen Ausprägung. Will sagen: Die Kollektion ist nicht darauf aus, gezähmtes Oud für unerprobte europäische Nasen zu präsentieren. Insofern passt der Hinweis dann doch, denn auch Nishane haben sich hier, das merkt man auf den ersten Schnupperer, nicht zum Ziel gesetzt, Oud-Zögerer zu überzeugen. Es knattert hier gleich ordentlich los mit einer „fetten“, dominanten und überaus safranverwöhnten Oudnote, die sich vor allem von ihrer animalisch-ledrigen Seite zeigt – das erinnert mich an den von mir liebevoll „Pantherkäfig“ genannten Lui von Mazzolari, der für mich im Auftakt so duftet, als wenn ich meine Nase im Fell einer Großkatze vergrabe (was ich wirklich wirklich gerne mal machen würde). Ist der anfängliche Tieralarm erst einmal vorüber, wird es besinnlicher oder besser: kontemplativ. Herb-säuerliche, mehr leuchtende als prickelnd-bitzelnde Grapefruit, wässrig-saftig, in Kombination mit kostbarem Safran, der seinen ganz eigenen Duft beisteuert, jenen herb-holzig-(ge)würzigen. Ein Quentchen pfeffrige Schärfe und dennoch viel Licht, herb-samtig-krautige Moose, die dem ganzen fast schon einen Chypretouch verleihen (Gibt es das überhaupt schon, einen Chypre-Oud? Ich glaube nicht) und kühle Hölzer.
Kema Keur „Istanbul Noir“ via Flickr – CC BY-SA 2.0
Mūsīqá ist nicht für alle Nasen, nein. Aber – er ist spannend und vielseitig. Und ich kenne keinen (Oud)Duft, der sich ähnlich verhält, sich ähnlich entwickelt. Ich mag ihn sehr gerne – aber wie Ihr wisst, bin ich auch ein Freund von Ouddüften härterer Gangart 😉 Und Ihr? Wie sieht es überhaupt mit Nishane aus, schon getestet?
Ein schönes Wochenende und viele liebe Grüße,
Eure Ulrike
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