… erwartet uns heute, nachdem ich gestern bereits den ersten „Schwung“ vorgestellt hatte – es gibt aber noch eine ganze Menge zu entdecken. Insofern geht es gleich weiter – und zwar mit einem neuen Liebling von mir, mit Calypso:
„Die Verführerin – Calypso, leidenschaftlich & verlockend (1950)
Der Duft Calypso aus dem Hause Robert Piguet verdankt seinen Namen der griechischen Gottheit, die Odysseus in ihren Bann zog – eine Meernymphe, wohnhaft auf der Insel Ogygia, berüchtigt für ihre Reize und Verführungskünste. Jener verlockenden Erscheinung ist Calypso gewidmet – eine Hymne an die Schönheit, so unwiderstehlich wie ein Liebestrank.
Reife, sonnengewärmte und saftige Mandarinen, durch minziges Geranium erfrischt, geleiten zu einem romantischen Herz, von purpurroten Rosen geprägt. Bulgarische und türkische Rosen geben sich hier ein Stelldichein, opulent blühend und von samtenem Glanz. Eingerahmt wird dieses zauberhafte Bouquet von kostbarer, cremig-pudriger Iris und dunklem Patschuli, das komplexe Tiefe stiftet. Sirenengleich betörend vervollkommnen Wildleder, Moschus und königliche Ambra mit ihrer unvergleichlichen Wärme den Duft.
Leidenschaftlich, hingebungsvoll und schwelgerisch ist Calypso Ausdruck vollendeter Weiblichkeit.“
Wahrscheinlich ging es mir ähnlich wie jedem, der von den Sirenen weiß, von der Versuchung – und denkt, er sei ihr überlegen … Tja, erlegen bin ich ihr, der Sirene Calypso, und zwar ziemlich schnell und vollkommen. Zuallererst sind es freundlich heitere Noten von saftiger Mandarine und dem minzigen Geranium, die mir schmeicheln, aber noch nicht wirklich gefährlich werden. Ein bisschen (Iris)Puder zeigt sich, Pudrigkeit, von Anklängen an Make-Up geprägt, und Rosen, samtig-fruchtige, die sich perfekt einfügen, duftend doch viele Make-Up-Utensilien nach Rosen und Iris. Die Rose übernimmt das Feld, betört und freundet sich mit meinem Näschen enger an, hinterrücks erwischt es mich aber etwas später – und eigentlich ziemlich unerwartet: Das Herz und die wahnsinnige, wunderbare Basis sind es, die mich im Sturm erobert haben. Zarte, sacht-pudrige und im weiteren Verlauf wirklich göttliche Cremigkeit mit einem Quentchen Burlesque-Anklängen dank der Make-Up-Anleihen und Wildleder, herrlichem Wildleder, das dem Duft jene Diva-Attitüde verleiht, die sich bereits wenig vorher ankündigt. Calypso ist wunderschön und unwiderstehlich – eine unbedingte Testempfehlung!
In den 60ern erschien dann der erste als Herrenduft klassifizierte Duft des Hauses Robert Piguet:
„Das Glück der Erde in Gestalt eines Colognes – Cravache (1963)
Der Duft Cravache stammt ursprünglich aus dem Jahr 1963 und gilt als erster Herrenduft des Hauses Robert Piguet. Sein Name, der auf Deutsch übersetzt „Reitgerte“ heißt, ist ein Bekenntnis zur Liebe, der Liebe zum Pferdesport und der Natur. Als Inspiration diente die Erinnerung an einen warmen Sommertag in Italien: Während eines Ausrittes die weite Landschaft genießen, die wärmenden Strahlen der Sonne auf der Haut spüren. Eine angenehm laue Brise kündet von blühenden Zitronenbäumen und getrockneten Gräsern sowie Lavendelfeldern in unmittelbarer Nähe, von einsamen Plätzen, die es noch zu entdecken gilt …
Herb-prickelnde Zitrone und saftige Mandarine von einer zurückhaltenden Süße eröffnen auf dynamische Art und Weise, alsbald flankiert von krautig-würzigem Lavendel, dessen Blüten in allerschönstem Dunkelviolett erstrahlen. Muskatnuss beschert intelligente Kontraste, dezente Pfeffrigkeit verströmend, während Salbei mit seinem aromatischen Kräuternaturell dunkelgrüne Akzente setzt. Erdiges Patschuli verleiht dem Duft Körper und Tiefe, seine Komplexität betonend. Seinen krönenden Abschluss findet Visa in der salzigen Rauchigkeit herrlichen Vetivergrases.
Als Hommage an die europäische Tradition des klassischen Colognes ist Cravache von einer zeitlosen Aktualität, die den Duft zu einem idealen und stilsicheren Begleiter für jede Gelegenheit macht.“
Jane Perez „Pienza, Italy“ via Flickr – CC BY-ND 2.0
Cravache ist ein toller Herrenduft: Kraftvoll und dynamisch, ein Cologne mit Aussagekraft. Der Duft brilliert mit seiner Authentizität, meiner Meinung nach ein wichtiges Qualitätsmerkmal eines guten Colognes – die Noten sollten natürlich duften, die Landschaft einfangen, die sie repräsentieren, mediterran, sonnig und lebensfroh. Cravache unterscheidet sich von seinen „Artgenossen“ durch seinen starken Fokus auf Kräuter, Krautig-Grünes sowie den herrlich dunkelvioletten Lavendel, der den Duft zu einem charakterstarken Vertreter macht, der aber gleichermaßen als Immergeher funktioniert. Doch, doch, liebe Männer, einen solchen Duft sollte man(n!) durchaus im Repertoire haben!
Jens Mayer „Sardinian Farmhouse“ via Flickr – CC BY 2.0
Futur ist unser nächster Kandidat:
„Die Zukunft beginnt jetzt – Futur, lebhaft & dynamisch (1960) Futur war seiner Zeit voraus – im Jahr seines Entstehens. Und kündet auch heute noch von einer Trägerin, die mit der Zeit geht. Einer Frau, geistreich, eigenständig, extravagant und selbstbewusst. Im Auftakt zeigt sich Futur lebendig und agil mit zitrisch-prickelnden Noten sowie der dezenten Süße deliziösen Nerolis, das sich alsbald dunkelgrün umrankt sieht von zarten Veilchenblättern, erdig angehaucht. Ylang-Ylang spendet einen Hauch Nektarsüße, begleitet von den cremigen Anmutungen femininen Jasmins. Veredelt sieht sich das markante Herz durch Anklänge von dunklem Leder, die Futur den Charakter eines majestätischen Chypres verleihen. Vervollkommnet wird der Duft durch sauber-ernstes Zedernholz, rauchig-grünes Vetivergras und Patschuli, Komplexität und Tiefe stiftend. Ein zeitloses und markantes Statement – Futur.“
Futur – tja, was soll man zu Futur sagen? Futur ist ein Vollblutchypre und in diesem Sinne eine perfekte Schwester von Bandit. Wo Bandit die Wilde ist, die Ungezähmte, die Dunkle, ist Futur die angepasstere von beiden, die es aber nicht minder faustdick hinter den Ohren hat: Auch hier eine herrliche Kombination aus Leder und Jasmin, allerdings ohne den düsteren Forst, den Bandit zelebriert, sondern von rauchig-salzigem Vetiver geprägt und an einen Herbsttag erinnernd, irgendwo in mediterranen Gefilden. Ich liebe reinrassige Chypres – und verehre somit sowohl den Banditen als auch Futur. Punkt, prägnanter 😉 Zwei neue Düfte, ganz neue, haben es noch in die Classic Collection von Piguet geschafft – und zwar gibt es dafür gute Gründe. Der erste der beiden Düfte ist eine Kooperation mit einem Couturier, der heute ganz ähnlich herrliche und feminine Kleidung erschafft wie einstmals Piguet:
„Ein glänzender Auftritt – Douglas Hannant de Robert Piguet, elegant & luxuriös (2011) Douglas Hannant ist berühmt für seinen Stil: Glamourös und elegant sind seine Haute Couture-Roben, die er aus sorgsam ausgewählten, kostbaren Stoffen mit viel Liebe zum Detail fertigt. Schneiderkunst in Perfektion, die die Weiblichkeit der Trägerin auf das Vorteilhafteste in Szene setzt. In Zusammenarbeit mit dem Hause Robert Piguet entstand ein Duft, der der Handschrift Hannants olfaktorisch Ausdruck verleiht: Ein erlesenes Meisterwerk, die Schönheit und Individualität der Frau zelebrierend. Frische Birne von saftiger Süße sowie einer leisen Herbheit eröffnet den Duft, alsbald in den Hintergrund tretend zugunsten sanfter Weißblüher: Cremige Gardenien, sachte Anklänge von Tuberose und zitrisch-heitere, nektargeküsste Orangenblüten legen sich auf die Haut. Sie verweilen dort wie kostbare Seide, federleicht und zart. Anmutig umhüllt Douglas Hannant de Robert Piguet gleich einem edlen Kleid und erschafft eine Aura von selbstbewusster Sinnlichkeit. Vervollkommnet wird der Duft durch weichen Moschus und die warm-würzige Süße von Sandelholz. Sich schön und begehrenswert zu fühlen fällt mit Douglas Hannant de Robert Piguet leichter denn je.“
Die Ingredienzen von Douglas Hannant sind, auf den ersten Blick, nicht aufsehenerregend: Kopfnote: Orangenblüte, Birne, Gardenie; Herznote: Tuberose; Basisnote: Jasmin, Sandelholz, Moschus. Douglas Hannant Boutique at the Plaza Hotel by Douglas Hannant – all rights reserved.
Douglas Hannants by Robert Piguet ist wie Hannants Kleider, seine Roben: Elegant und feminin, weich fließend und sinnlich. Der Duft ist – unkompliziert, aber genau das macht seinen leichtfüßigen Zauber aus: Eine saftige, reife Birne auf einem schönen Bouquet von Weißblühern, in allererster Linie cremig und auf zarte Weise betörend, von weichem Moschus untermalt. In seiner einfachen, unverstellten und natürlichen Art liegt auch sein Zauber, den ich sehr zu schätzen weiß. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass dieses Kleinod einigen von Euch, liebe Leserinnen, richtig gut gefallen wird – testen, bitte! Die zweite neue Kreation aus der Classic Collection ist Petit Fracas:
„Adel verpflichtet – Petit Fracas, die Schwester einer Legende (2012) Die Erwartungshaltung ist hoch, wenn man die kleine Schwester einer Legende ist: Petit Fracas sieht sich inspiriert von einer Ikone des Hauses Robert Piguet, dem Meisterwerk Fracas, einem Meilenstein der Parfumeurskunst. Diesem gewichtigen Erbe wird der Duft gerecht, mehr noch – beflügelt davon schwingt sich Petit Fracas auf, selbst unvergesslich zu werden. Den Zauber der Jugend atmend, begeistert Petit Fracas im Auftakt mit der Unschuld beschwingter Früchte, der perlenden Frische herber Zitrone sowie wohlschmeckend-saftiger Birne. Das Herz des Duftes zollt der femininen Sinnlichkeit mit der von Fracas entlehnten Tuberose Tribut, die von einem ebenfalls weißblühenden Blumenmeer umrahmt wird. Cremig-zart, milchig und von vanilliger Pudrigkeit wird das üppige Bouquet von einer deliziösen Basis aus weichem Moschus, warm-würzigem Sandelholz und zart-schmelzender Schokolade veredelt. Bezaubernd, apart und elegant weiß Petit Fracas zu bezirzen – ein junger und moderner Duft für charmante Frauen.“
Petit Fracas – wie ich schon im vorliegenden Text schrieb: Kein einfaches Erbe. Aber Petit Fracas meistert diese Herausforderung spielend – und zwar in dem „die Kleine“ erst gar nicht versucht, ihre große Schwester zu kopieren, sondern auf ganz eigene Art und Weise zu interpretieren.
Steven Depolo „Laughing Woman Boston Marriage“ via Flickr – CC BY 2.0
Ist Petit Fracas eine Tuberose, eine monothematische? Nein, ganz bestimmt nicht. Wir haben es hier mit einer jugendlichen Schönheit zu tun, die sich nur schwer in eine Schublade stecken lassen möchte. Petit Fracas betört und lockt mit reifer Birne und saftig-koketter Mandarine, die auf Augenhöhe mit Tuberose und Jasmin stehen. Unser Blumenduo zeigt sich zwar durchaus opulent, aber für Weißblüher äußerst zivilisiert, will sagen: einfach zu tragen. Cremig und nektarsüß, keinesfalls schwer oder männerfressend, wie es bei derlei Blümelein schon einmal vorkommen kann 😉 Untermalt wird dieser Ausbund an Lebensfreude, jenes blumenumrankte Früchtestillleben, von gar köstlichen Gourmandnoten: Schokolade, feinpudrig und zarte Karamellanklänge samt weichem Moschus. Das ist herrlich weiblich, jung, heiter und unbeschwert, gleichzeitig aber durchaus … sexy? Ja, doch, auf verspielte, leichte Art und Weise. Das gefällt, und zwar sehr – und ist mit Sicherheit auch etwas für diejenigen, die ansonsten als Weißblüherzögerliche gelten mögen 😉
Gane „Pretty in Pink“ via Flickr – CC BY-ND 2.0
Und, neugierig geworden? Ich werde die Piguet-Reihe demnächst fortsetzen und Euch den Rest der Kollektion vorstellen. Jetzt aber ist ohnehin erst einmal Wochenende – ich wünsche Euch ein schönes ebensolches und sende Euch herzliche Grüße,
Eure Ulrike.
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