Die Classic Collection von Robert Piguet …

… ist der Teil der Linie, der Name verrät es bereits, der die Klassiker des Hauses beheimatet – und somit auch all die Düfte, die von Germaine Cellier für Piguet kreiert wurden, der Dame, die Euch vorzustellen ich gestern bereits das Vergnügen hatte. Die Texte zu den Düften sind alle von mir, insofern gibt es jeweils noch persönliche Notizen und Anmerkungen zu den Düften – ich hoffe, Ihr habt Freude daran!

RP_Parfums_Showcard-Line-up

Die erste Zusammenarbeit zwischen Piguet und Cellier ist, wie schon erwähnt, bis zum heutigen Tage ein Meilenstein:

bandit_2 „Der Provokateur – Bandit, geliebt & verehrt (1944)

Bandit – die Legende aus dem Hause Robert Piguet. Im Jahre 1944 sprengte Robert Piguet die gängigen Konventionen der Damenmode in der Haute Couture und schuf eine ganz besondere, für die damalige Zeit fast schon schockierende Kollektion: „Bad Boys“ und „Outlaws“ waren seine Inspiration – so ließ er seine Models den Laufsteg mit Revolverreplikaten und Messern bewaffnet betreten, die Gesichter von Masken bedeckt wie Schurken. Bandit fängt den Geist dieser Avantgarde ein. Dafür verantwortlich zeichnet die berühmte Parfumeurin Germaine Cellier, die einen Duft erschuf, der mit seinen starken Charakter fasziniert und verführt – bis heute.

Als eines der Meisterwerke aus der Duftfamilie der Chypre-Düfte geltend, wartet Bandit in den Kopfnoten mit frischem Galbanumharz auf, das Erinnerungen an dichte Wälder voller majestätischer Bäume weckt. Zarte Ylang-Blüten, dicht in dunkelgrünem Tannichtkleid verborgen, stiften sachte Honigsternchen und ebnen den Weg in das brilliante Herz. Dieses ist geprägt von jener Amour Fou, die Bandit so unvergesslich macht: Dunkles Glattleder, gravitätisch und bestimmt, und Jasmin, verführerischer, sinnlicher Jasmin, tanzend auf einem finsteren Grund von Patschuli, Eichenmoos und Vetiver, die in holzig-harzigen Rauch hüllen.

Dramatisch und von ungezügelter Wildheit – Bandit ist und bleibt ein Provokateur, den man lieben oder hassen kann, in jedem Falle aber verehren muss.“

Bandit-vintage ad-9

Bandit-vintage ad-7

Der Bandit, wie ich ihn immer auch im Deutschen nenne, hat bis zum heutigen Tage nichts von seiner Modernität und Brachialität verloren – eine seltene Qualität. Als einer der ersten Chypre-Düfte gilt er, und ist heute noch so provokant und gewagt wie damals – das muss man erst einmal schaffen! Ein dunkler, majestätischer und gebieterischer Chypre-Duft, dessen Charakter, wie ich bereits schrieb, von jener Amour Fou aus Leder und Jasmin bestimmt wird, in ein rauchig-waldiges Gewand eines düsteren Tannenforstes gehüllt.

Bandit ist nicht für jedermann – und erst recht nicht für jede Frau. Er ist ein Statement.

Bundesarchiv Bild 102-14627, Marlene DietrichGermaine Cellier war aller Wahrscheinlichkeit nach lesbisch – und widmete den Banditen ihren „dykes“, das heißt ihren lesbischen Freundinnen. Alleine schon das mehr oder weniger offene Leben dieser Präferenz zu ihren Lebzeiten finde ich mutig und bewundernswert – wie so vieles anderes an Germaine Cellier. Besonders schön finde ich diese Geschichte zu Bandit im Zusammenhang mit Marlene Dietrich [Bildquelle: Bundesarchiv, Bild 102-14627 / CC-BY-SA 3.0]: Dieser wird nachgesagt, dass Bandit einer ihrer absoluten Lieblingsdüfte war, wenn nicht gar der Lieblingsduft. Zuallererst passt das ganz hervorragend – und dann sei noch erwähnt, dass Marlene Dietrich zwar etliche Liebschaften nachgesagt werden, doch selbst ihre Tochter betont, dass ihre wahrhaft größte Liebe, die Liebe ihres Lebens, Edith Piaf war – obgleich diese Liebe vermutlich nicht in dem Maße erwidert wurde, wie Dietrich es sich gewünscht hätte. Überflüssig zu erwähnen – Piaf gehörte auch in den Freundeskreis von Piguet und Cellier 😉

Weiter geht es, in hübsch chronologischer Reihenfolge, mit Visa:

RP_woman „Die Diva – Visa, schillernd & glamourös (1947)

Visa ist eine duftende Perle aus der Kollektion Robert Piguet. Dem heutigen Inhaber des Hauses ist es zu verdanken, dass dieser olfaktorische Schatz geborgen wurde, denn er war lange Jahre nicht mehr erhältlich. Geschaffen im Jahre, geriet Visa irgendwann in Vergessenheit, bevor man seinen Wert, seine Schönheit wiederentdeckte und sich dazu entschloss, diesem Kleinod zu neuem Glanz zu verhelfen. Sorgsam überarbeitet, erstrahlt Visa jetzt erneut – in noch schönerem Kleide, Retro-Glamour und Zeitgeist gekonnt vereinend.

Von überbordendem Temperament ist Visas Auftakt, der sich auf köstliche Art und Weise fruchtig zeigt: Süßer und golden schimmernder, samtiger Weinbergpfirsich sowie saftig-reife Birne, umrankt von tropischen Ylang-Blüten, verströmen beschwingte Lebensfreude und Heiterkeit. Im Herzen offenbart Visa sein feminines Naturell in seiner ganzen Pracht in Form einer herrlichen, samtig-pudrigen Rose, die sich von zimtigen Anklänge flankiert sieht. Milchige Sandelholzwürze, cremig-zarte Vanille und anmutiges Wildleder vollenden den Duft, seine außergewöhnliche Weiblichkeit und Präsenz betonend.

Stolz, einzigartig und wandlungsfähig: Visa bekennt sich zu seinem Vintage-Charakter und überzeugt gleichzeitig mit seiner Modernität – ein Statementduft für die selbstbewusste Frau.“

Mit Visa fangen meine Neuentdeckungen an: Wie konnte ich nur all die Jahre an Visa vorbeigehen, ohne diesen Duft wirklich zu Kenntnis zu nehmen? Ich verstehe es nicht, wirklich nicht! Denn Visa ist traumhaft: Als Florientale klassifiziert, hat Visa noch um einiges mehr zu bieten, als diese Gattungsbezeichnung erahnen lässt: Es ist diese herrliche Basis, die oszilliert, schimmert und strahlt, und meine Haut in ein herrlich milchig-würziges Kleid hüllt: Sandel und Vanille, die Süße kokett-scharfen Zimtes und Leder, wunderbar weiches Wildleder. Die Hesperiden im Kopf stiften Frische, von himmlich samtigem Weinbergpfirsich und reifer Birne gekonnt ergänzt, und die Rose im Herzen lässt den Duft sinnlich und feminin strahlen. Meine Lieben – das ist ganz großes Kino! Ein Damenduft, wie er schöner nicht sein könnte – und einer, den ich mir sowohl an Hell- wie auch Dunkelhaarigen perfekt vorstellen kann. Nur zur Jeans, da harmoniert er nicht so gut – ein Kleidchen darf es dazu schon sein 😉

Visa-vintage ad-6

Weiter geht es mit dem nächsten Kracher von Robert Piguet:

„Die Femme Fatale – Fracas, das feminine Kronjuwel (1948)

Fracas – was für eine Frau! Was für ein Duft! Was für eine Frau! Geschaffen im Jahre 1948 ist der Parfumeurin Germaine Cellier mit Fracas ein Meisterwerk gelungen, das bis heute als Kultduft verehrt wird. Als einer der Bestseller des Hauses Robert Piguet ist Fracas ein Meilenstein – ein Weißblüherduft, der seinesgleichen sucht.

Im Zentrum des Duftes steht die Tuberose, die mehr als irgendeine andere Blüte zum Sinnbild der Femme Fatale geworden ist: Provokant und glamourös, dramatisch und elegant, betörend, sinnlich und erotisch – ganz genau so, wie sie sich Cellier gewünscht hat. Eine selbstsichere Schönheit, die mit ihrer Weiblichkeit kokettiert, lockt und … spielt. Das Spiel mit dem Feuer, ihre Reize offenbarend, deren Wirkung sie sich gewiss ist. Flankiert von Jugend verkündender satt-reifer Mandarine und herb-zitrischer Bergamotte erobert dieses prachtvolle Tuberosenexemplar alsbald den Raum, in seiner Ausstrahlung von cremig-narkotisierendem Jasmin untermalt. Fragil und frivol zugleich, dabei immer elegant und von komplexer Natur findet Fracas seine Abrundung in warmer Sandelholzwürze und watteweichem Moschus.

Überwältigend und unvergesslich – Fracas.“

Edwige FEUILLERE (1907-1998) dans 'La duchesse de Langeais' (cropped)Fracas ist eine, nein – die Tuberose. Meiner Meinung nach – und damit stehe ich weiß Gott nicht alleine da – ist es die Referenz, was Tuberosendüfte angeht. Chandler Burr schreibt in seiner New York Times Magazine-Kolumne Scent Notes etwas darüber, lest hier, ansonsten findet sich so gut wie bei jedem Parfumblogger ebenfalls ein Artikel zu diesem Schatz. Es ist die Ambivalenz, die betörend-narkotisierende Weißblüherfraktion, allen voran Tuberose, die mit metallischen Anklängen aufwartet und gleichzeitig auf einer milchig-skinnigen, bisweilen salzig anmutenden Basis ruht, die an Haut erinnert und sich auf ebendieser so herrlich sexy macht. An Fracas kommt man einfach nicht vorbei – auch nicht, wenn man eigentlich ein Tuberosenzögerer ist. Denn probiert haben sollte man diesen meisterhaften Duft in jedem Fall.

Im übrigen widmete Cellier Fracas einer Schauspielerin, die sie sehr verehrte – Edwige Feuillère. [Bildquelle: von Selvejp changed work Ozgorr CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons]

RP_Fracas_Pink_Lady_ad lowrez

RP_Parfums_Showcard-Fracas

Baghari ist unser nächster Kandidat:

baghari „Die Träumerin – Baghari, romantisch & sinnlich (1950)

Die Geschichte von Baghari ist eine, die von Romantik und Abenteuerlust erzählt. Im Jahre 1950 wandte sich Robert Piguet mit einer Bitte an den berühmten Meisterparfumeur Francis Fabron: Er solle ihm ein Parfum erschaffen. Eine Kreation, die sich an eine Träumerin adressiert, eine sehnsüchtige und melancholische.

Das war die Geburt von Baghari, dem letzten Duft, den Robert Piguet präsentierte, bevor er sich aus der Modewelt zurückzog. Infolgedessen fiel Baghari dem Vergessen anheim – bis man ihn 2006 wiederentdeckte. Die Originalrezeptur vermochte es mit ihrem Zauber, die neuen Inhaber des Hauses Robert Piguet zu inspirieren und davon zu überzeugen, dieser seltenen Pretiose neues Leben einzuhauchen. Baghari wurde behutsam reformuliert und als Bestandteil der Classic Collection relanciert. Heute ist er zurück – und schöner den je!

Aldehyde künden im Auftakt von leidenschaftlicher Weiblichkeit, pudrig-süß, zart und von einer fruchtigen Cremigkeit betonen sie den Vintage-Charakter, der Baghari innewohnt. Das opulente Herz zeigt sich sinnlich, voller samtiger Rosen und üppigem Jasmin, von einer seidigen Iris kühl und kühn veredelt. Im wahrsten Sinne des Wortes vervollkommnet wird Baghari aber durch seine unvergleichliche Basis, die mit dem süßen Rauch von Vanille, der luxuriösen Wärme von Ambra und der hautschmeichelnden Weichheit von Moschus brilliert.

Die Wiedergeburt eines Traums, der auch heute noch Sehnsüchte weckt – Baghari.“

Baghari

Baghari ist – ein Blütenbouquet. Und zwar kein quietschsüßes, sondern ein herb-trockenes, erhabenes, das mit einer Wüsenrose brilliert sowie mit cremig-seidigen, an Make-Up erinnernden Jasminanklängen, die einen deutlichen Vintagecharakter besitzen und diesen zelebrieren, im feinen Zusammenspiel mit den Aldehyden der Kopfnote. Dieses herrliche Retro-Ganze ruht auf einer opulenten, sacht-rauchigen Basis aus kostbaren Harzen und einer sündigen Vanille. Nichts für Teenies, keineswegs – aber für gestandene Frauen dafür umso mehr! Wer die alten Chanels mag und Guerlain genauso wie Caron – der macht hier ganz bestimmt nichts falsch, ganz im Gegenteil!

Morgen geht es weiter mit der Classic Collection von Robert Piguet – bis dahin alles Liebe und viele Grüße,

Eure Ulrike.

Neueste Kommentare

Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

2 Kommentare

  1. Birgit
    3. Dezember 2015
    Antworten

    Liebe Ulrike,
    ich bin kein Freund sogenannter „klassischer Düfte“ und schon gar kein Fan von Chypre-Düften. Vor einiger Zeit habe ich mal „Bandit“ und „Fracas“ probiert. Beide Düfte sind absolut nichts für mich. Die Marke Piguet war damit für mich erledigt.
    Ein Fehler! Durch beauty-mekka bin ich auf Alameda gestoßen – und war begeistert.Jetzt habe ich schon Chai und Gardénia pobiert und mal wieder festgestellt, dass sich ein Schnupperer über den Tellerrand lohnt. Ich bin sehr gespannt auf weitere Düfte dieser Marke!!
    Viele Grüße, Birgit

  2. Christel
    12. März 2021
    Antworten

    Liebe Ulrike,
    jetzt wollte ich evtl. den „Bandit“, den ich schon seit einiger Zeit mein Eigen nenne, nachkaufen – und finde nur noch „Bandit Supreme“. Ist das der unveränderte Duft, sprich der Nachbau des Cellierschen Klassikers durch Aurelien Guichard?? Oder mal wieder eine Abwandlung eines Klassikers? Weißt Du da näheres?
    Vielen Dank + viele Grüße

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert