… stimmen mich auf den Herbst ein: Ich sitze hier in meinem Stuttgarter Elfenbeinturm, auch Arbeitszimmer genannt, und es regnet. Ich trinke Kusmi-Tee und denke – das war es wohl mit dem Sommer. Auch nicht schlimm, zumal – ich liebe Herbst. Und wir werden hoffentlich wie die letzten Jahre einen goldenen ebensolchen bekommen – der ist mittlerweile ja eigentlich die Regel und macht mir sehr viel Freude, da ich ein Oktoberkind bin 🙂 Nun – in jedem Falle passt das Wetter, die melancholische Stimmung und der Tee ganz hervorragend dazu, mir die soeben im Shop gelandet HYLNDS-Kollektion von D.S. & Durga unter die Nase zu klemmen, meint Ihr nicht? Habt Ihr mittlerweile schon einmal einen Test gewagt? Ich turne nach wie vor um Burning Barbershop herum, der ist wirklich sehr fein. So sind die Erwartungen an die wild-ungezähmten Düfte von D.S. & Durga recht hoch, schauen wir, ob die Kollektion sie erfüllen kann!
„Mit der HYLNDS Kollektion wollen D.S. & Durga die Mythen der sageumwobenen Länder Nordeuropas zu neuem Leben zu erwecken. Auf den Spuren der Antike, dem Eisenzeitalter und der Wikingerzeit, wurden die HYLNDS Düfte nach intensiver Erforschung von historischen Dokumenten, aromatischen Analysen von alten Schauplätzen und den kunstvollen Werken der Kelten, altnordischen Völkern, Manx und Anglo-Stämme erstellt.“
Zur HYLNDS-Kollektion, vielmehr zu deren Inspiration gibt es gleich vier schöne Videos, die ich Euch nicht vorenthalten möchte – et voilà, Monsieur bei Glenlivet:
HYLNDS Teaser 1 | D.S. & DURGA x THE GLENLIVET from NØRTH SEA AIR on Vimeo.
HYLNDS Teaser 2 | D.S. & DURGA x THE GLENLIVET from NØRTH SEA AIR on Vimeo.
HYLNDS Teaser 3 | D.S. & DURGA x THE GLENLIVET from NØRTH SEA AIR on Vimeo.
HYLNDS Teaser 4 | D.S. & DURGA x THE GLENLIVET from NØRTH SEA AIR on Vimeo.
Harmen ist erst ab nächste Woche wieder an Bord, ich bin aber sicher, dass ihm als promovierten Skandinavisten diese Kollektion gefallen muss – alleine schon von der Idee her. Er tobt sich, genauso wie ich, gerne in der Welt der skandinavischen Literatur aus und der Hintergrund als (Duft)Kulisse – das ist ganz bestimmt was für ihn. Und Whiskey, schottischen – ja, den, den lieben wir beide 😉
Beginnen wir also mit Bitter Rose, Broken Spear:
„Aromatische Materialien aus dem Land der Red Branch Knights und deren Reisen in das alte Schottland – geschmolzener Stahl, Lärchenholz, Disteln – gestärkt mit bitterer Rose und Ambra.
Von Fort Ulster aus drangen die Red Branch Knights bis auf die heiligen Anhöhen von Argyll. Stolze Krieger mit verblassten roten Wollmänteln, die mit Vogelbeeren und bitteren Rosen gefärbt wurden. Sie waren bekannt für Ihre Jagd in den wundervollen Wäldern voller Disteln und ihre rauschenden Feste mit Hörnern voller Wein, dem Wasser des Lebens. Sie plünderten und raubten Eisenerz sowie Caewags Bernsteinreif und hinterließen zerbrochene Speere und leere Hügel.“
Oooh, wie ich es liebe: Düfte, die Geschichten erzählen. Oder Bilder malen, farbenprächtig und detailreich. Habe ich Euch schon einmal erzählt, welchen Duft ich Menschen immer zeige, die bisher (noch) keinen Zugang zu Parfums haben und/oder zur Nische, um zu erklären, was für eine Begeisterung ich dafür hege und was für eine Leidenschaft dieser Bereich für mich darstellt, was für eine Bereicherung Düfte für mein Leben sind? Ich zeige Ihnen Arabie von Serge Lutens. Und jeder, der schon einmal einen Souk besucht hat oder auch nur eine Fotografie davon kennt, eine Reportage gesehen hat oder ein Bild eines Orientalisten im Museum bewunderte, fühlt sich sofort dorthin entführt. Dieser Duft stellt so unvergleichlich einen Stand dar, einen aus altem Holz, das von der trockenen Hitze nachhaltig gewärmt wird. Gewürze und getrocknete Früchte in der flirrenden Luft, bunte, satte Farben im strahlenden Licht der goldenen Sonne. Und Tiere, Esel und Pferde, alte Ledersättel … Nicht jeder Duft malt solch ein eindringliches Bild – muss auch nicht. Bitter Rose, Broken Spear allerdings kann das – und tut es auch: Ich nehme alles wahr, wirklich alles. Knarzige alte Bäume mit dicker Borke, moosbewachsen und von Flechten umringt. Wilde Wiesen, auf denen widerstandsfähige Blümchen wachsen genauso wie Kräuter. Vögel, die durch die windige Luft fliegen genauso wie erdige Pfade und aus solidem Stein gehauene und gebaute Häuser. Häuser, die Trutzburgen sind, egal ob klein oder groß, die den Temperaturen trotzen. Und Menschen, Menschen, die hart arbeiten, unerbittlich kämpfen und gleichzeitig auch leben, lachen und lieben. Keine Mittelalterromantik, nein – oder vielleicht ein bisschen. Eventuell habe ich auch einfach zu viel Game of Thrones geschaut – kennt Ihr die Serie? Wer guckt auch?
Bitter Rose, Broken Spear | HYLNDS by DS & Durga from NØRTH SEA AIR on Vimeo.
Bitter Rose, Broken Spear hat einen grün-krautigen Auftakt, ein schöner Hauch Thymian, der mir da in die Nase steigt, aber alsbald eingeholt und umhüllt sich sieht von – Rauch. Kräftigem, sattem Rauch. Rauch, der von Holzfeuer herstammt, dem das harzige Baumharz, das verglühende, seine Würzigkeit und seinen balsamischen Charakter verleiht, von Pfeffer gekonnt bekräftigt. Und Muskat ist es, der da noch am Werke ist, und zwar nicht nur würzig-schärfend, sondern auch mit dieser ihm eigenen holzig-trockenen Bitterkeit, wisst Ihr, was ich meine? Neben der Rauchigkeit entdecke ich nun metallische Noten, Stahl, vielleicht ein bisschen angerostet, der … ja, was? Von Schwertern stammt, die sich aneinander reiben, vielleicht auch von einem Pflug, den ein Pferd durch die feuchte Erde zieht. Auf meiner Haut kommt das Röschen nur sehr subtil immer wieder im Hintergrund zum Tragen, während die grünen Noten erhalten bleiben, in allen Farbnuancen schillernd, und ich immer wieder Anflüge von Rotwein wahrnehme. Liegt es am Herbst, der für mich wieder die Rotweinzeit einläutet oder daran, dass mir das Bild so gut gefällt? Ich weiß es nicht, bin aber gespannt, ob Ihr sie auch in Bitter Rose, Broken Spear findet.
Alles in allem ist Bitter Rose, Broken Spear für mich ein wunderbarer, kantiger und charaktervoller Duft, der jedem gefallen wird, der diesen Text hier mag. Auch, wenn er ihn vielleicht nicht selbst oder „für andere“, ergo: draußen tragen würde.
Der nächste Duft ist Foxglove:
„Ein farbenprächtiger Fingerhut steht am Grabe Oisíns, einer Sagengestalt der irischen Mythologie. Taubenetzte Rosen, Iris, Pfirsichhaut und narkotisierendes Champaka-Absolue.
Versteckt in den schwarzen Hügeln von Antrim, wo das Regenwasser unter dichten Rosenbüschen und den Stämmen der Heckenkirschen herabtropft, markiert ein lange vergessener Steinkreis das Grab von Oisín, dem Poet, der seine große Liebe Niamh nach Tír na nÓg begleitete, das Land der ewigen Jugend. Als er drei Jahre später Niamh darum bittet, mit ihrem Pferd Embarr über die Meere nach Irland reiten zu dürfen, gewährt sie ihm seinen Wunsch, warnt ihn jedoch davor, den Irischen Boden zu berühren. Bei seiner Ankunft muss er feststellen, dass in der Menschenwelt inzwischen 300 Jahre vergangen waren und all seine geliebten bereits nur noch in Legenden lebten. Als Oisín versehentlich von seinem Pferd stürzt, verwandelt er sich bei der Berührung mit dem Boden sofort in einen uralten Mann. Er erzählt dem Heiligen St. Patrick von seinen Erlebnissen und kann somit die Existenz der Anders-Welt Tír na nÓg beweisen, bevor er kurz darauf verstirbt.“
Die Ingredienzen: Kopfnote: Zitronenschale, Rosenholz, Krautige Noten; Herznote: Iris, Neroli, Champaka; Basisnote: Wildleder, Pfirsich, Immortelle (Italienische Strohblume), Ambra.
Hintergrunddetails zu der Legende von Oisín oder auch Ossian finden sich selbstredend bei Wiki, seht hier.
„Anne-Louis Girodet-Trioson 004“ von Anne-Louis Girodet de Roussy-Trioson – The Yorck Project: 10.000 Meisterwerke der Malerei. DVD-ROM, 2002. ISBN 3936122202. Distributed by DIRECTMEDIA Publishing GmbH.. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons.
Ok, Ihr Irisliebhaber da draußen – obacht, sagt nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt! Prinzipiell stelle ich, das muss ich kurz zwischenschieben, fest, dass die HYLNDS-Kollektion vermutlich den einen oder anderen von Euch eher für sich gewinnen wird als die „normale“. Die konventionellen Düfte von D.S. & Durga sind Rohdiamanten und Urgewalten, rauh, wild und dem einen oder anderen sicherlich nicht fragil genug komponiert, obgleich sie durchaus komplex sind. Unsere beiden ersten HYLNDS-Kandidaten sind diesbezüglich feiner, obgleich immer noch typisch für das Haus, wie ich wohl meinen mag.
Foxglove geht bei mir, das wusste ich nach dem ersten Schnupperer schon, in die Dauertestphase. Ich könnte mir gut vorstellen, dass er einziehen MUSS.
Was rieche ich? Wunderbares, nur Wunderbares. Eine Iris, pudrig und gleichermaßen erdig-staubig, umrankt von Krautig-Dunkelgrünem, und zwar in herrlichem Duett mit samtigem Pfirsich, saftig und leuchtend. Eine gewisse Nektarsüße, nicht tropisch und auf betörende Art und Weise angestaubt, ich kann es nicht anders sagen, und das Ganze getragen von schönem Wildleder.
Der Duft strahlt auf meiner Haut, wirklich. Er ist feminin und sinnlich und gleichzeitig ungezügelt und wild wie Ronja, die Räuberstochter, die auch gut in die Gegend passen würde. Ich bin verliebt.
… und befürchte schon, dass mir das morgen erneut passieren wird, wenn der „Rest“ der Kollektion hier mithalten kann – es wird spannend!
Bis dahin sitze ich, schweige und genieße Foxglove –
liebe Grüße,
Eure Ulrike.
Liebe Uli,
Irisliebhaber zu erwähnen ist fies, ganz, ganz fies 🙂
Wenn ich jedoch Deine Definition lese, die Pfirsich, Nektarsüße und angestaubt beinhaltet, wobei ich ja „angestaubt“ idR liebe, setzt sich bei mir im Hirn für diese Umschreibung das Wort „Schimmel“ fest.
Liebe Grüße,
Margot
Margot – glaube mir: Du MUSST ihn testen, er ist wundervoll!
Liebe Grüße,
Uli.