… sind die (vorerst) letzten drei Düfte, die ich Euch aus dieser schönen Kollektion vorstellen darf und auf die ich mich schon sehr freue. Letzte Woche waren die anderen Düfte an der Reihe und wussten mich, wie Ihr vielleicht schon gelesen habt, durchweg zu überzeugen. Das stimmt mich überaus positiv, dass auch der „Rest“ heute dem in nichts nachstehen wird – stürzen wir uns deshalb gleich ins olfaktorische Getümmel 🙂
„Montmartre 1894: Intensiv, bezaubernd für die Umgebung.
Yvette war Tänzerin im Moulin Rouge Paris. Eines Abends, als sie bereits ein wenig zu spät zu ihrem Auftritt eilte, sprach sie ein Straßenhändler an: „Ich habe etwas ganz Besonderes für Sie … Ich habe auf Sie gewartet!“ „Es tut mir schrecklich leid“, sagte Yvette, „ich bin spät dran und habe kein Geld.“ „Das ist nicht schlimm, Madame. Es ist ein Geschenk an Sie.“ Er gab ihr eine Ampulle, die mit farbenfrohem Kristallglas verziert war. Angekommen im Theater, öffnete Yvette aufgeregt die kleine Ampulle. Was für ein wunderbarer Duft mit Ambra und doch noch viel intensiver und betörender. Faszinierende, geheimnisvolle und kostbare Essenzen stiegen ihr entgegen. „Was ist das für ein verzaubernder Duft, Yvette?“, fragte eine Kollegin. „Er riecht so gut, ich will ihn noch einmal riechen, bitte Yvette.“ Yvette lächelte und war glücklich.“
Wie bei allen anderen Düften von Morph frage ich mich auch hier, ob die Inspiration zu der schönen Geschichte einen konkreten Bezugspunkt hat. Es gab tatsächlich eine bekannte Yvette im Moulin Rouge, nämlich Yvette Guilbert. Diese war zwar keine Tänzerin, aber Schauspielerin, die dort als Sängerin Furore machte. Darüber hinaus war sie mit ihrem individuellen Stil Vorbild und Muse für viele Künstler, unter anderem für Toulouse-Lautrec. Sie schrieb zwei Bücher, setzte sich mit ihrer Kunst zwischen den Kriegen für Völkerverständigung ein, wirkte auch in einem Murnau-Film mit und war mit ihrem Mann Sigmund Freud in enger (Brief)Freundschaft verbunden, der sogar das „Phänomen Yvette Guilbert“ psychologisch skizzierte.
Vielleicht war diese Yvette Vorbild für Montmartre, den Duft – zeitlich dürfte es in jedem Fall passen …
Die Ingredienzen: Kopfnote: Weihrauch, Myrrhe; Herznote: Iris, Patchouli: Basisnote: Moschus, Leder, Ambra.
Montmartre ist ein wunderschöner Boudoir-Duft, der den Geist perfekt einfängt, den ich mit dem Storytelling verbinde: Eine samtige, pudrige, skinnige und erotische Iris in voller Pracht. Eine, die den Geist des Duftes ausmacht – der Rest ist Staffage, perfekte Staffage. Ein Hauch Rauch, zart umhüllend, geheimnisvoll und lockend. Verhaltene, subtile, aber dennoch betörende Süße, in allererster Linie pudrig mit einer Ahnung Zucker und leisen Gourmandanklängen. Leder, Wildleder, kostbares, weiches, wunderbares. Und unbeschwerte Wärme, die an die verführerische Temperatur leicht erhitzter Haut denken lässt.
Montmartre ist sehr schön, sehr sehr schön! Wer Nirmal von Laboratorio Olfattivo liebt, eine Schwäche für Histoires de Parfums 1889 Moulin Rouge hat und/oder für L’Artisan Parfumeurs Traversée du Bosphore, der wird hier voll auf seine Kosten kommen. Und Irisfans – die kommen um einen Test ohnehin nicht herum 😉
Weiter geht es mit Nudo:
„Nudo: Das Heilige und das Profane. Ein perfektes Zusammenspiel.
Lolas Großvater kaute während seiner Arbeit auf den Feldern Kokablätter. Koka galt als belebende und magische Substanz für ein gesteigertes Wohlbefinden. Später entwickelte er ein Elixier aus Koka, nannte es Nudo und wurde reich. Dann wurde Nudo verboten und er emigrierte in die USA. Dort trat Kate in sein Leben – eine magische Verbindung. Als Kate Nudo entdeckte, begann sie zu experimentieren, mixte Weihrauch und edle Aromen dazu und Nudo wurde zu einem wundervollen Parfum. Nudo hätte ein weiteres Mal ein Vermögen erschaffen können. Doch dann ging Großvater nach Kolumbien und kehrte nie mehr zurück. Später schenkte mir Lola das letzte Fläschchen mit den Worten: „Vielleicht braucht Nudo dich, um zur Perfektion zu gelangen.““
Drogen in Flaschen? Das kenne wir doch schon – siehe unter anderem Black Afgano von Nasomatto 😀 Kokain ist das Zauberwörtchen hier – und wer bis 1906 Coca-Cola getrunken hat, kam ebenfalls „in den Genuss“ dieser Droge, deren gesundheitliche Gefahren und (psychisches) Abhängigkeitspotential man erst spät erkannte.
Nudo könnte durchaus auch süchtig machen und erinnert mich tatsächlich ein wenig an die Kreation von Nasomatto, zumindest entfernt und anfänglich. Diese würzige Holzigkeit oder auch holzige Würzigkeit, durchdringend, von irgendwoher auch harzgewärmt … so ist mein erster Eindruck. Aber Nudo entwickelt sich alsbald weiter und schillert wie ein Chamäleon: Ein Hauch zitrische Noten, auf eine Art und Weise trocken – ich würde hier ein Quentchen Ingwer vermuten. Eine gleichermaßen feuchte wie trockene Luzidität, die eine atemberaubende Tiefe und Volumen aufweist – Oud und Nagarmotha? Hölzer und Anklänge von Graphit sowie Anmutungen von soeben in den ersten Sonnenstrahlen des Tages mit dem Trocknen beginnenden feuchten Sandsteins. Wächst da nicht ein zartes Wermutpflänzchen irgendwo am Rande? Und woher kommt die saubere Seifigkeit, die mich später umhüllt und der etwas sternanisähnliches anhaftet? Versteckt sich da noch ein zartes Lavendelchen drin?
„Der Duft enthält keine Basisnoten und die Herznoten hält MORPH bewusst geheim“ – so die Angaben. Stört uns aber auch nicht weiter – wir reisen auch gerne allein mit unserer eigenen Phantasie durch dieses Dufterlebnis!
Pure Soul, die reine Seele – was für ein Abschluss für unsere Morph-Vorstellungen:
„Pure Soul 1973: Ein Duft, der zur Seele spricht.
Das erste Mal traf ich Margot in einem kleinen Café und wir beschlossen ein gemeinsames Modeatelier zu eröffnen. Sie sprach mit den Kunden, um ihren Geschmack zu analysieren, während ich überragend schöne Kleider kreierte. Eines Tages erzählte mir Margot, dass sich die Menschen einen Duft wünschen, der zur Seele spricht. Ein magisches Parfum, das uns reich, berühmt und glücklich machen sollte. Leider hatte ich nie gelernt, Margots Gedanken zu lesen: Denn plötzlich verschwand sie. Ihr Abschiedsbrief enthüllte den Duft jenes Parfums und wahre Worte über ihre heimliche Liebe zu mir. Den Duft schloss ich in eine Schublade ein und wollte sie nie wieder öffnen. Vor einigen Wochen holte ich ihn hervor und war zutiefst berührt: Dieser Duft verdient es bekannt, geliebt und verehrt zu werden, so wie Margot ihn (und mich) liebte.“
Wieder eine solch bittersüße Geschichte – eine, die mit folgenden Zutaten erzählt wird: Kopfnote: Bergamotte, Zitrone; Herznote: Jasmin, Ylang-Ylang; Basisnote: Pudrige Noten, Tonkabohne, Weißer Moschus.
Unsere reine Seele hier ist ein waschechter Franzose meiner Meinung nach – und zwar in der Tradition der ganz Großen: Zitrische Hesperidensternchen am Firmament enthüllt er bereits zu Beginn ein wahres Feuerwerk an fruchtigen Aldehyden und opulenten weißen Blüten – pudrig, cremig und überbordend in ihrer Fülle. Pure Soul versprüht Sinnlichkeit und ist ein durch und durch femininer Duft. Einer für Frauen, die große Auftritte lieben und große Gefühle. Für diejenigen Frauen, die durch und durch Frau sind und sein wollen und das auch gerne leben und zeigen. Ihre Weichheit und Zärtlichkeit, ihr Anlehnungsbedürfnis trotz ihrer Stärke – das zeigt sich dann später in der hautnahen, aber dennoch sehr präsenten Basis, die mit einer koketten Wärme und Weichheit brilliert, von den Anmutungen erlesener Hautpflegeprodukte und süß-würziger Tonkabohne genial akzentuiert.
Morph ist für mich ein wahrer Gewinn: Mir hat es viel Freude bereitet, einmal wieder auf eine ganze Kollektion mit durchweg interessanten und schönen Düften zu stoßen, die darüber hinaus noch mit einer sehr netten Preisgestaltung lockt. Wie geht es Euch? Was spricht Euch an, habt Ihr schon getestet?
Viele liebe und neugierige Grüße,
Eure Ulrike.
Hallo Uli,
Tja, so klein ist die Welt. Kann mich an das beschriebenen Treffen unter „pure Soul“ gar nicht erinnern, 😀 …. na, egal. Ich bin vor über einem Jahr über diese Linie gestoplert und speziell über Pure Soul. Ich hatte jedoch erst einige Tage davor meinen damaligen Favoriten „Foin Fraichement Coupe 1886“ von Oriza L. Legrand erhalten. Pure Soul hätte ich damals als absolute Schwester klassifiziert wobei ich feststellen muss, dass die angegebenen Inhaltsstoffe doch erheblich von einander abweichen. Trotzdem: Damals dachte ich: Hab ich schon. Liege ich wirklich so weit daneben mit meinen Eindrücken? OK, zwischen 1886 und 1973 liegt auch eine gewaltige Spanne. Leider habe ich das Pröbchen inzwischen weiter gereicht, so dass ich jetzt nicht mehr vergleichen kann.
Kolonaki fand ich ebenfalls interessant …. heute wäre ich bereit dafür, vor einem Jahr war er mir zu zitrisch? zu viel cologne? Nudo – Du hast es treffend gesagt: saubere Seifigkeit. Das ist etwas was ich nicht wirklich abkann deshalb hab ich ihm keine weitere Beachtung geschenkt.
VG, Margot (aus dem Jahr 2015)
Huhuu liebe Margot,
vielleicht sollten wir es mal probieren mit dem Modeatelier? 😉
Eine Ähnlichkeit ziwschen Oriza und Pure Soul? Das muss ich nochmals testen. Allerdings habe ich auch schon wieder keine Proben mehr vorliegen, keine vollen.
Du freundest Dich gerade mit Colognes an? 😉
… ich bin gespannt!
Viele herzliche Grüße,
Uli.
Hallo liebe Uli,
wie kommst Du darauf, dass ich mich mit Colognes erst anfreunden muss?
Ein langjähriger Gefährte, von dem ich bestimmt schon 3 Flakons geleert habe, ist AdP – Colonia Assoluta. Momentan nicht im Schrank, da vorläufig Eau de Campagne (o.k., ist ein Edt) seinen Platz eingenommen hat. Und Deinem heiß geliebten Sunday Cologne ist ebenfalls nichts entgegen zu setzen.
Thierry Mugler’s Cologne (total untypisch für Mugler) hat mir vor Jahren auch gut gefallen, wobei ich ihn heute nicht mehr wirklich beschreiben könnte. Auch lang in meinem Repertoire war Eau de Cartier, wobei ich den erst vor Kurzem mal wieder angetestet habe, aber ein Duty-Free-Shop ist nicht wirklich der richtige Ort dafür. Diese beiden waren auf jeden Fall vor oder noch ganz am Anfang meiner Nischen-Zeit. Damals war ich in Sachen Duft noch sehr verhalten. Nur nicht auffallen war mein Mantra. Dank einer glücklichen Internetfügung und AlZD hat sich das inzwischen geändert. Wahrscheinlich springen mich heute die intensiveren Kompositionen mehr an, da sich vorher mein Duft-Leben eher konservativ gestaltet hat 😀
Kolonaki – ich werd Dich nochmals mit mehr Aufmerksamkeit testen!
LG, Margot