… stehen noch aus, und zwar aus deren neuer Arborante-Linie. Beim Googlen rund um „den Baum“ habe ich entdeckt, dass es auch Tree Broker, Baummakler gibt, siehe auch hier – wusstet Ihr das? Das wäre ja was für die Bahn und ihr S21-Projekt. Nachdem man hier schon den halben Stadtpark umgegraben hat und ein Großteil der uralten Bäume deren Umsetzung vermutlich nicht überlebt hat … Spitze beiseite – ich glaube, das ist ein interessanter Job, wenn auch vermutlich keiner, den Massen ausüben können aufgrund des Bedarfs.
Bäume als Statussymbole? Ja. Ist wohl mittlerweile so. Und kann ich mir auch gut vorstellen. Mal abgesehen davon, was man von Statussymbolen so halten mag – an dem Pflanzen schöner Bäume ist eigentlich nichts Falsches.
Hatte ich schon einmal erzählt, dass ich mich vor Jahren sehr intensiv mit Bonsai-Kunst auseinandergesetzt habe? Ein schönes Handwerk und wahrhaft herrliche Bäume – ich bin einmal mehr knietief im Nischenthema versunken, habe mir Handwerkszeug gekauft, gelesen und so weiter und so fort … und irgendwann einmal bemerkt, dass es mir an einer ganz wesentlichen Eigenschaft fehlt, die unabdingbar ist, um sich dem Bonsai-Thema mit Haut und Haaren zu verschreiben – Geduld. Zugegeben, darauf hätte ich vorher kommen können 😉 Insofern verschönern mein Zuhause leider keine Miniaturversionen von japanischem Fächerahorn, Wacholder, Kiefern und Azaleen, sondern lediglich einige pflegeleichte und katzenresistente Zimmerpflanzen und gerne frische Blumen. Und bei Euch da draußen – widmet sich jemand der Bonsaikunst? Oder pflegt und hegt eine schöne Baumsammlung in seinem Garten?
Saltus und Succus von Les Liquides Imaginaires sind die beiden Düfte, die noch ausstehen, und die ich nicht vor lauter Plauderei vergessen mag – beginnen wir mit Saltus, „dem Geist des Baumsafts“:
„Düfte kommen aus dem Inneren des Baums, direkt unter der Rinde, aus dem harzigen und kampferhaltigen Pflanzennektar, der sein Wachstum sicherstellt. Ein intensives Parfum, das uns mit der Dynamik seiner biologischen Energie mitreißt.
Sein Geist: Die sprudelnde Lebenskraft, der Wille zu leben, zu springen, sich zu erheben, die Lebensenergie mit dem Ziel, zu wachsen und stark zu werden. Ein energiegeladenes Parfum von der Parfümeurin Shyamala Maisondieu.“
Die Ingredienzen: Kopfnote: Zedernblätter, Eukalyptus, Kampfer; Herznote: Styraxharz, Milch; Basisnote: Patchouli, Weihrauch, Tonkabohne, Castoreum, Sandelholz.
Yorick „Acid Weed“ via Flickr – CC BY 2.0
Saltus startet mentholisch-frisch und leuchtend petrolgrün, dem Eukalyptus geschuldet, wie Ihr Euch sicher denken könnt. Die Farbe des Duftes ist unnachahmlich, den wir haben es hier nicht mit einem „normalen“, „einfach nur grünen“ Duft zu tun – Saltus ist ein dynamisch und lebendig schillerndes Etwas, das in vielen kräftigen mittleren und dunkleren Grün- und Blautönen und deren fließenden Übergängen schillert. Die Kampfernote, selten in Düften, untermalt und verstärkt diesen Eindruck noch, spendet sie dem Grün etwas Dämpfiges, Warmes, Gewächshausartiges. Ich gewinne den Eindruck, inmitten eines lebendigen Biotops zu sein, den Bäumen und Sträuchern beim Wachsen und Gedeihen beiwohnen zu können – ich rieche es, wie sie leben und streben, langsam, stetig und unaufhörlich. Patchouli skizziert ihre Wurzeln, ihre Erdverbundenheit, während die Harze das Drumherum, die Luft, die leise wasserbenetzte, nachzeichnen. Je länger ich dem Duft folge, desto dunkler wird er – ich sehe mich im Geiste den Baum umarmen wie ein Hippie und finde großen Gefallen daran: Sanfte, trockene Wärme hüllt mich ein, während ich mich gegen die warm-würzige Borke, die Baumrinde drücke.
Barbara Willi „Love“ via Flickr – CC BY 2.0
Paul Arps „Ta Prom (Angkor Wat, Cambodia 2011)“ via Flickr – CC BY 2.0
Saltus ist – eine olfaktorische Impression. Kontemplativ und entspannend, umhüllend und beschützend. Eine Reise, eine imaginäre, zu einem imaginären Kraftort. Einem Zufluchtspunkt in der täglichen Hektik, einem, der Energie spendet und Zuversicht. Der einem die Möglichkeit bietet, die Koordinaten neu zu ordnen und zur Ruhe zu kommen.
Das ist sicherlich nicht das, was jeder von uns sucht, wenn er sich nach einem neuen Parfum umsieht. Hier wird einmal mehr deutlich, was Nische ist und kann und was Mainstream nicht bietet: Saltus ist nicht gefällig, obgleich er durchaus zu gefallen vermag. Er ist kein Duft, den ich trage, um zu gefallen, um zu verführen, zu betören, meine Präsenz als Vertreter des jeweiligen Geschlechts zu betonen. Saltus möchte vor unserem inneren Auge ein Bild hervorrufen – und wird all jene bezaubern, die sich mit seiner Inspiration anfreunden können. Jene, für die Düfte mehr sind als ein Zeitgeistprodukt, ein Trend, dem es zu folgen gilt, vermeintlich.
Succus, „der Geist der Baumkrone“, ist unser zweiter Kandidat, auf den das vermutlich auch zutreffen wird, wie ich hoffe:
„Der luftige und sonnige Duft der Baumkronen, die Verführung durch die Lebendigkeit des Baums und seine leuchtenden Blüten, die die Fortpflanzung sicherstellen. Vom Laubdach wird sein Duft verströmt und vom warmen Wind davongetragen.
Sein Geist: Der Geist der Schwelle zwischen materieller und immaterieller Welt, zwischen Blatt und Luft, Freiheit und Traum, Verlangen und äußerer Schönheit. Ein Parfum im Flug von der Parfümeurin Shyamala Maisondieu.“
Die Ingredienzen: Kopfnote: Mandarine, Grapefruit, Lorbeer, Rosmarin, Wacholder, Zedernblätter, Muskatellersalbei; Herznote: Ingwer, Muskatellersalbei, Schwarzer Pfeffer, Orchidee; Basisnote: Vetiver, Texas-Zedernholz, Hölzer, Weihrauch, Moschus.
Shyamala Maisondieu scheint ganz offensichtlich die Frau von Antoine Maisondieu zu sein, den wir Parfumistas ja bereits kennen. Madame kann ebenfalls auf eine ganze Reihe von Kreationen blicken: Tom Ford Velvet Orchid (zusammen mit ihrem Mann, Yann Vasnier und Calice Becker, der Dame hinter den by Kilian-Düften), Diesel Only the Brave Wild (zusammen mit ihrem Mann), einigen Düften für Lanvin, Charogne für Etat Libre d’Orange, Rouge Bunny Rouge Incognito, Comme des Garçons + H&M und noch weitere gehen auf ihr Konto.
Mit Succus nimmt sie mich sofort gefangen: Kaum ist er auf der Haut könnte ich vor Freude im Kreis tanzen – was ist das, welch Wunderwerk! Dr. Philip Kraft, Riechstoffchemiker bei Givaudan, sieht das wohl ganz ähnlich, wie man auf seiner sehr empfehlenswerten Facebook-Seite nachlesen kann – Scent and Chemistry, hier der Link für alle Facebookler:
„Shyamala Maisondieu’s ‚Succus‘ (2015, lat. ’sap‘) is, however, the exception of the series, and to us the most interesting one as well. Its grapefruit vs. laurel–rosemary–juniper–cedar leaves interplay somewhat recalls the grapefruit peel and rhubarb in a fermenting grassy compost heap impression of Arturetto Landi’s ‚Sept. 21. 1966‘ (Rundholz Parfums, 2014). Yet, instead of fruity-yeasty, ‚Succus‘ starts out radiant citric, red ginger, before it turns green pineaple and grapefruit, and before the agresticness is setting in in full swing. The grapefruit tonality stays the whole evaporation curve, but looses much of its greeness later on by blend into a vetiver harmony that is backed up by the dry woodiness of Georgywood (S&C, 6.106. p. 210) and cedarwood. A radiant musk accord around Moxalone (8.92, p. 360) with some honey-rose accents and a peppery and incensy dryness shimmers through early on and keeps its vibrancy till the very last nootkatoonic whiff of ‚Succus‘. Excellent one, painting grapefruits sapy-green. The soft rosy floralcy even develops some mate tea appeal.“
Seph Swain „red currant“ via Flickr – CC BY 2.0
Anfänglich rieche ich … den Duft zerquetschter Johannisbeeren, roter, der mir aus den Händen läuft … eine wahre Wonne, die alsbald von einer ebenfalls säuerlichen, herrlich erfrischenden Grapefruit – grün, wie Kraft schon schrieb. Und in der Tat, auch die Ananas erreicht meine Nase, ganz im Partnerlook genauso grün wie unsere Grapefruit und noch von Blättern bekrönt. Diese fruchtige Frische, perlend wie ein leichter Prosecco auf meiner Haut, hält meine Nase gefangen – ich komme einfach nicht mehr weg von meiner bedufteten Haut, so schön zeigt sich Succus. Der weitere Verlauf des Duftes hält die Qualität: Die Grapefruit bleibt bestehen, zitrisch-prickelnd, und sieht sich ergänzt durch herb-fruchtigen Ingwer, eine gekonnte Prise Pfeffer sowie Rosenblüten. Ja, ich rieche sie – obgleich sie laut der Noten nicht vorhanden sind. Zart-fruchtig und honiggeküsst, von subtilen Weihrauch-Räuchertee-Nebelschwaden begleitet, die Anmutungen von trockenem Holz mit sich bringen.
TheBusyBrain „Bamboo Shining“ via Flickr – CC BY 2.0
Succus ist ein absolutes Unikat – mir fällt nichts Vergleichbares ein. Ein herrlicher Duft für die wärmeren Jahreszeiten und eine echte Abwechslung. Was für ein toller Duft – Chapeau, Madame Maisondieu!
Ich bin sehr gespannt, was Ihr nach einem Test verlauten lasst!
Viele liebe Grüße,
Eure Ulrike.
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