… fand ja auch in den vergangenen Jahren (immer?) parallel zur Esxence statt. Wer sich fragt, wieso es eine Parallelveranstaltung gibt, dem sei erklärt, dass der jetzige Veranstalter der Esxence sowie der Veranstalter der Unscent einmal sehr gut miteinander zurecht kamen – und jetzt eben nicht mehr … Kleine Branche, jeder kennt jeden und die üblichen „Familien“Streitigkeiten – oder so …
Die Unscent ist ein Projekt des italienischen Vertriebes Intertrade Group, die eine ganze Menge unserer Lieblingsfirmen unter ihren Fittichen haben. Dieses Jahr veranstalteten sie ihr Stelldichein in einem ihrer Conceptstores, die den Namen Avery tragen:
„Avery is a curated experience.
It is an immersive space on beauty.
Distant from fashion trends and preconceived design codes, Avery develops and proposes a unique and atypical experience in niche perfumery, objects and accessories that epitomise rarity.
The space is a true gallery where one can encounter new experiences in an avant-garde perfumery that dialogues with the works of artists and designers, of new talents and true intellectuals. Each space is marked by a high level of experimentation matching unique fabrics, pyrex and marble boules, antique pieces and special visual displays.Avery Perfume Gallery is a project by Intertrade Group, curated and devoloped by the group’s directors Celso Fadelli and Cristiano Seganfreddo. Avery proposes the value of each fragrance, not the brand. Avery was born in Avery Row, London in 2010, just a few meters from New Bond Street in a contemporary atmosphere immersed in a chiaroscuro Dutch landscape.
Soon to follow were Modena, in an old atelier with elegant and sophisticated Italian lightness; colourful New Orleans in an art gallery located in an old building opposite the new museum of contemporary art.The Avery concept that changes and varies adopting elements of the places and the cultures it meets, recent openings include the shops in Corso Como and Excelsior, both in the most active and dynamic parts of Milan, together with the boutique in Florence that is part of a historical building, as well as a in the prestigious shopping malls of Neiman Marcus in Los Angeles and of Paris Gallery in Doha. Next openings are set to be Rabat and Casablanca, once again with a perspective attitude and a typical Italian flair.
Each space unique yet with the same foundation.“
Italiener können SCHÖN. Das muss man ihnen definitiv lassen. Ich war ziemlich begeistert von dem Ambiente des Avery-Stores: Parfums werden hier als Kunstwerke inszeniert – das entspricht ganz meinem Empfinden, sehe ich doch das Parfumeurshandwerk ebenfalls als Kunst(handwerk). Darüber hinaus bin ich ein alter Ästhet – herrliche Düfte in herrlichem Interieur präsentiert – was gibt es Schöneres? Davon könnten sich diverse Shops, Läden, Parfümerien etwas abschneiden, wirklich. Düfte sind Luxusprodukte, Nischendüfte erst recht – da erwartet man als Kunde ein Einkaufserlebnis, egal ob off- oder online. Eine adäquate Präsentation inklusive Fach- und Sachkompetenz der Verkäufer und viel Herzblut sollte selbstverständlich sein.
Der Avery-Store in Mailand ist im Excelsior gelegen, einem tollen Design-„Kaufhaus“ (der Name Kaufhaus mutet in diesem Zusammenhang schon komisch an, es ist ein riesiger Luxustempel mit angegliedertem Café und Luxushotel) – hier ein paar Eindrücke von Avery direkt (Copyright liegt bei Avery/Intertrade):
Ein Traum, oder?
Meine Fotos sind natürlich nicht so hübsch, außerdem selbstredend mit Publikum ausgestattet. Zusammen mit einem sehr netten Mitarbeiter von Intertrade habe ich mich durch die ganzen Neuigkeiten geschnuppert und mich über einiges sehr gefreut.
Mein persönliches Highlight war die Neuauflage von … tatatataaa: Andrée Putman. Wie viele von uns haben dieses Juwel schon vermisst, mich eingeschlossen!
Andrée Putman, französische Designerin und Innenarchitektin – eine Ikone, leider verstorben vor etwas mehr als zwei Jahren. In ihrem Portfolio durfte ein Duft nicht fehlen, Andrée Putman Préparation Parfumée, 2001 kreiert von Olivia Giacobetti. Ein herrlicher, zeitgemäßer, moderner Duft – minimalistisch und ewig modern, ebenso wie die Entwürfe Putmans. Seerose, Pfeffer, Korianderblätter und Treibholz sind als Ingredienzen angegeben – und der daraus entstehende Duft war ein Unikat.
Ich kenne keinen einzigen Duft, der es vermag, Treibholz auf solche Art und Weise darzustellen. Préparation Parfumée ist … wässrig, aber weder aquatisch noch maritim. Das Treibholz darin scheint in einem ruhigen See zu liegen, keinerlei Gischt ist zu erkennen, auch keine vermokerten Noten. Der Duft ist nicht grün, aber auch nicht un-grün, ein Hauch Florales, die Seerosen, bescheren ihm seinen frischen Charakter. Er ist wunderbar – und eigentlich seit mindestens drei, vier Jahren discontinued.
Jetzt ist er wieder da! Endlich und Gott sei Dank. Und die Erbin und Tochter von Putman hat sich dazu entschlossen, die Linie zu erweitern. Der Klassiker, Préparation Parfumée, heißt jetzt L’Original – und ich bin mir absolut sicher, dass nichts verändert wurde an der Rezeptur, was man mir auch bestätigte. Wunderbar! Dazu gesellen sich folgende Düfte:
- Formidable – ein schöner, cologne-artiger Duft, der mich spontan an Byredos Sunday Cologne erinnerte (einer meiner All-Time-Faves)
- Figue en Fleur – herrlich florale Heu-Feige
- Magnolys – Magnolie und Lilie, wer kann hier schon widerstehen
- Un Peu d’Amour – ich erinnere mich an Puder und Ylang, der weiblichste Duft der Linie, französisch anmutend
- Tan d’Épices – hier verlässt mich meine Erinnerung etwas, allerdings war der Duft schön und hatte entfernte Verwandtschaft mit Malles Noir Épices
Ganz veröffentlichungsreif waren die Düfte noch nicht, an der Verpackung wird noch etwas gefeilt – in ein, zwei Monaten sollte es aber soweit sein. 30, 100 und 250ml sind die angebotenen Größen, die bei ungefähr 60, 140 und 280 Euro liegen werden.
Ein weiteres Schmankerl war für mich die Duftkollektion von Diane Pernet, die bei uns in Deutschland leider nicht wirklich bekannt ist. Pernet ist … einfach unglaublich. Sie ist – Modebloggerin, eine der ersten. Und noch so vieles mehr. Modekritikerin, selbst ehemalige Fashiondesignerin und Kostümdesignerin, Filmemacherin und so weiter und so fort – lest Euch mal den Artikel zu ihr in Wikipedia durch. Ihr Blog, für das sie so bekannt ist, ist A Shaded View on Fashion. In einem meiner persönlichen Lieblingsblogs, Le Report von Lily Gatins, gibt es ein älteres Interview von ihr zu lesen, in dem schon ihre Düfte anklingen – seht hier.
Wieso juckt das „uns Deutsche“ nicht oder (bisher?) nur so wenig? My guess – der Stil. Wir haben zwar schon die Hipster, die Berliner, hinter uns gebracht. Und uns mittlerweile an den Lumbersexual gewöhnt. Aber diese Art von Mode ist vielen hier einfach fremd. Viel Schwarz, architektonisch anmutend, oft intellektuell-vergeistigt, fast immer mutig und aussagekräftig. Die Japaner – Comme des Garçons, Yamamoto, Miyake – haben damit angefangen, die Belgier haben es weitergeführt – Antwerp Six, Martin Margiela und Konsorten – und die heutige Avantgarde führt es weiter, man nehme nur Rick Owens (und seine Muse Michèle Lamy), Haider Ackermann, Hussein Chalayan, um nur einige zu nennen. Ich liebe es – und kenne nur wenige, die damit etwas anfangen können. Nun ja.
Der Hintergrund zu der Pernet-Kollektion ist folgender:
„The journey leading to the creation of the Diane Pernet Paris perfume collection has taken over two years and marks a new chapter for both partners. Triggered by a surreptitious encounter between Diane Pernet and Celso Fadelli, Ceo of Intertrade Group, the collaboration has since blossomed into four distinctive fragrances thanks to a combination of passionate dedication and mutual intuition. A fashion insider and global style icon, Diane Pernet can be spotted instantly by her enigmatic look. Committed to a steadfast personal style, she dresses in sheaths of black and is shrouded by a headpiece faintly reminiscent of a mantilla topped off with signature sunglasses which veil the eyes. This unique approach to her own wardrobe has carried over into the “shaded view” that Diane pursues in both her personal life and in her career. The Intertrade team of master perfumers laboured intensely with Diane before finding the ultimate combination of ingredients to immortalise her sense of style in perfume. Each of the four one-of-a-kind scents (To Be Honest, Wanted, In Pursuit of Magic and Shaded) in the collection captures an intimate aspect of Diane Pernet’s persona through vivid vignettes and narratives. The sleek design of the bottle, with the artistic direction of Cristiano Seganfreddo and Agenzia del Contemporaneo, is adorned by one of her iconic symbols: the spider, exclusively created for her by designer Mario Salvucci.“
Die Duftkollektion war – der Hammer. Ich hätte sie alle, alle sofort mitnehmen können. Leider gab es keine Angaben zu den Ingredienzen. Alle Düfte passen perfekt zu Pernet – Avantgarde, edgy und kantig, aber tragbar. Allerdings sicher nicht für jeden.
- In Pursuit of Magic – Hanf, meine Lieben, und was für eine fette Hanfnote!
- Shaded – Weihrauch, Zuckerwatte und Kaugummituberose, so mein erster Eindruck
- To Be Honest – ein rauchiger Lederkracher
- Wanted – der Name war für mich Programm; ebenfalls viel Rauch, Holz, vielleicht ein Quentchen Leder?
Ich muss mir diese Kollektion nochmals näher ansehen, auf jeden Fall. Besonders gefällt mir auch das Packaging, dass Pernets Vorliebe für roten Lippenstift, SCHWARZ sowie ihre Spinnen aufgreift – die gibt es im übrigen auch separat als Geschmeide.
Was gab es sonst noch? Um die Ecke einen Stand mit Agonist – der Inhaber war da genauso wie Madame Pernet. Ich habe von beiden keine Fotos gemacht. Vielleicht muss ich es mir noch angewöhnen, ich bin diesbezüglich allerdings immer ein wenig piefig: Ich möchte keinen „hinterrücks“ fotografieren und wenn jemand dann im Gespräch ist, möchte ich nicht wegen eines Fotos stören … Ich arbeite an mir 😉
S-Perfume und A Lab on Fire waren vertreten – und mir leuchtet endlich ein, wie die beiden zusammenhängen. Gaaanz früher war es ja S-Perfume. Mittlerweile haben sich die Gründer wohl getrennt – und zwei Firmen sind entstanden, die beiden genannten. Geklärt 🙂
Blood Concept waren ebenfalls vor Ort – die Düfte und die beiden wie immer gut gestylten Herren. Sie haben für uns eine komplett neue Kollektion kreiert, die mir wirklich gut gefallen hat: Nicht mehr ganz so edgy und dafür sehr tragbar, aber immer noch Avantgarde. Zehn Düfte sind es:
- Oxygen Vert
- Killer Vanilla – erinnerte mich an meinen Liebling Patchouli 24 von Annick Menardo für Le Labo, eine rauchig-speckige Vanille
- Wonder Tonka
- Absolute Suede
- Green Cachemire (habe ich hier einen Schreibfehler gemacht oder schrieb man ihn wirklich so?)
- Bright Oud
- Magic Amber
- Liquid Spice
- Cruel Incense
- Tokyo Musk
Im Großen und Ganzen haben mir alle Düfte gut gefallen; einer davon hatte eine himmlisch gute Whisky-Note, ich meine es war der Oud-Duft. Eine nähere Erkundung steht noch aus.
Des Weiteren gab es eine neue Firma zu entdecken, für die mir die Kraft etwas fehlte – TFK. The Perfume Kitchen – nähere Info bietet Fragrantica:
„The Fragrance Kitchen, is a Kuwait-based fragrance house started in 2005 by Sheikh Majed Al-Sabah, in order to transfer his childhood memories and sensory memories that became associated with his beloved grandmother. Fragrance can be a translation of memories and Sheikh Majed has skillfully combined both by using Oud, Taif Rose and Agarwood which were used frequently by his grandmother.“
69 Düfte sollen es bisher sein … keine Ahnung, ob bei der Unscent alle ausgestellt waren, mir waren es auf jeden Fall zu viele zum Testen. Es gibt wohl diverse Unter-Kollektion, unter anderem Modern Heritage, Tribute, Exclusive und eine Zahlenkollektion mit, soweit ich mich erinnere, 36 Düften, die man anhand seiner Lieblingszahl (oder seines Geburtsdatums?) wählen soll.
Darüber hinaus … was bleibt noch zu sagen zu Mailand? Die Messe war wie immer wunderbar, ich freue mich auf das nächste Mal!
Der Frühling in Mailand startet einfach früher, obgleich die Italiener selbstverständlich immer noch in Daunenjacken herumlaufen, während ich schon die Sandalen gezückt habe. Magnolienblüten überall empfingen mich, die Menschen sind im Schnitt so viel besser angezogen als bei uns hier – nur an der Taxibeduftung könnte man noch arbeiten, die vielen Wunderbaumverschnitte fand ich wirklich gruselig 😉
In diesem Sinne – ein schönes sonniges Wochenende Ihr Lieben und viele Grüße,
Eure Ulrike.
P.S.: Zum Thema Oudtrend (noch da oder schon tot?) auf der diesjährigen Esxence – ein lesenswerter Artikel.
Oh wie cool, dass Preparation Parfumée wieder aufgelegt wurde!!! Für mich ist es die schönste Meldung von der Exsence. Magnolys – Magnolie und Lilie hört sich aber auch nicht weniger verführerisch an. Für die anderen Neuerscheinungen kann ich mich nicht mehr so wirklich begeistern, die Flut an Neuem erschlägt mich einfach.
Was lese ich? Preparation Parfumée gibt es wieder! Ich habe vor einem Jahr eine Abfüllung ergattert und ganz, ganz spärlich benützt. Hach! Ich freue mich so :o) Da geht es mir genau gleich wie Dorothea. Mit den Neuerscheinungen übrigens auch: So viel neue Düfte. Unglaublich! Was soll frau auf die Merkliste setzen? Und dann gibt es auch noch die „alten“ Düfte. Es hört nie auf ;o)
Hallo Uli,
ja, ich habe auch einen Avery shop entdeckt. In Florenz. In einer Seitenstrasse. Relativ weit ab vom üblichen Getümmel. Nicht so schön wie im Excelsior in Mailand, auch nicht so groß. Eher wie eure Shop in Bruchsal. Auch nicht ganz so viele Marken präsent. Auf jeden Fall hatte ich eine sehr interessante Unterhaltung mit dem dortigen Geschäftsführer und ich hoffe, ich habe die Gelegenheit, mir demnächst in London deren Shop anzusehen.
Hach, so was ist wahrlich einfach immer wieder nur aufgrund des Ambientes und der Gespräche schön.
LG, Margot
Huhuu Ihr Lieben,
das mit Putman freut mich auch, sehr sogar – und die anderen Düfte sind wirklich auch sehr schön gewesen!
Viele liebe Grüße,
Eure Ulrike.