Oriza L. Legrands Heliotrope Blanc …

… ist unser (vorerst) neuer Duft des Hauses, das uns soeben flott ein ganzes Trio an Neulancierungen bescherte. Wie steht Ihr denn zu dem Haus an sich? Für mich war und ist es eine sehr schöne Neuentdeckung der letzten Jahre. Ich mag deren Vintage-Düfte, vor allem aber Relique d’Amour, Chypre Mousse und Foin Fraîchement Coupé. Harmen hingegen sind die Düfte von Oriza L. Legrand allesamt fremd, treffen absolut nicht seinen Geschmack. Wie sieht es bei Euch aus, zu welcher Fraktion gehört Ihr?

Heliotrope Blanc, der Ursprungsduft, ist eine altehrwürdige Dame:

heliotrope_blanc_box „Ursprünglich schon im Jahre 1886 kreiert, ist „Héliotrope Blanc“ oder „das weiße Heliotrop“ ein außergewöhnlich reichhaltiger Duft, der die charakteristischen Heliotropdüfte vergangener Zeiten ehrt. Unser floraler Protagonist ist im gesamten Duftverlauf spürbar und erlaubt uns nicht nur einen Blick auf Oriza L. Legrands Parfumkunst, sondern auch auf ihre große Duftvergangenheit.

Begleitet in den Kopfnoten von sanften Orangenblüten und kühlen Veilchenblättern, ist Heliotrop im Herzen in Mandel, Mimose und eine milchige, hauchdünne Iris gehüllt. Moschus und pudrige Akzente präsentieren sich in der Basis und verleihen dem Duft eine Anmutung von zeitloser Eleganz.“

Heliotropium hort. cv. Immortalite? de Louise-Marie, vol. 1- t. 16 (1851)

Ich selbst bin nicht nur Bloggerin, sondern auch fleißige Blogleserin und frequentiere regelmäßig diverse Blogs, vor allem natürlich Duftblogs. Oriza L. Legrand scheint mir seltsamerweise noch ziemlich unterrepräsentiert zu sein, was Rezensionen angeht. Für Heliotrope Blanc habe ich bisher nur einige wenige Nennungen entdecken können. Eine oder vielmehr: die richtige Rezension hilft manchmal aber auch mehr als viele einzelne. Für mich trifft Kafkaesque bezüglich des Duftes den duftenden Nagel auf den Kopf – seht hier. In diesem Artikel wird auch die schöne Übersicht zum Thema Heliotrop zitiert, die hier auf Fragrantica (hier der deutsche Artikel) nachzulesen ist. Klassischerweise duften Heliotrop-Blüten zart vanillig, häufig cremig, mitunter auch mandelig-marzipanig und gerne auch mal pudrig. Sie werden gemeinhin als entspannend aufgefasst, als ausgleichend. Und – es gibt über 250 Sorten der Sonnenwende, wie sie auf Deutsch heißt.

working when it's daylight and sleeping when it's night

Heliotrope Blanc beginnt mit einer duftenden Anmutung, die mich sogleich an Baiser erinnert, jene Eischneesüßigkeit, die ich in meiner Kindheit so geliebt habe. Üppige Baiserschnörkel umhüllen mein Handgelenk, und aus ihnen heraus entwickelt sich alsbald ein Pudermeer, vielmehr – ein Mehr an Puder, eine ganze Vielfalt unterschiedlicher Pudernuancen, das sehe ich ganz ähnlich wie Kafkaesque: Veilchenpuder, zart-grün und gleichzeitig karamellisiert-gläsern anmutend, Mandelpuder mit Marzipanaromen, florale Puderakzente mit sanften Nektarnoten, Irispuder, Reispuder, wie wir ihn in Make-Up finden, sowie Vanillepuder, cremig-leicht als auch milchig. Überhaupt entwickelt sich Heliotrope Blanc auf meiner Haut milchig, überaus milchig. Der Duft ist kein (klassischer) Boudoir-Duft, sondern evoziert meiner Meinung nach eher Impressionen aus Großmutters Küche beim Backen. Heimelig, nostalgisch und überaus köstlich. Ich selbst habe meine beiden Großmütter nicht mehr kennengelernt: Die eine verstarb vor meiner Geburt, alle meine anderen Großeltern bis ich zwei Jahre alt war – etwas, das mich immer ein bisschen traurig stimmt, wäre ich doch noch so gerne in den Genuss gekommen, einmal Großeltern gehabt zu haben. Heliotrope Blanc trägt mich also zurück in eine frühe Kindheitserinnerung, die ich so nie hatte – Plätzchenbacken mit Oma, als kleines Kind. Oder zumindest als Säugling danebenliegen in einer lichtdurchfluteten Küche, die vor zu verarbeitenden Köstlichkeiten nur so überquillt. Denn irgendwie besitzt Heliotrope Blanc in diesem Stadium auch etwas, das mich an Babys erinnert. Keine Angst – nicht dieser gewöhnliche Babypuderduft oder gar cleane Noten – überhaupt gar nicht. Vielleicht ist es auch einfach nur die Fülle an Pudervariationen …

Meringue

<3 in powdered sugar

Im späteren Verlauf lassen diese nach, die Pudrigkeit verliert sich etwas, tritt in den Hintergrund – zugunsten von einer schönen Cremigkeit, die zarte Mimosen eingeflochten hat. Mimosen wirken für mich immer sonnig, insofern untermalt deren Duft meine Assoziation eines sonnigen Tages, der Lichtdurchflutetheit, erst recht. Darüber hinaus zeigen uns Oriza L. Legrand, dass Heliotrope Blanc eine sehr sinnliche Angelegenheit ist: Der Moschus in der Basis greift die Weichheit, die cremige, des Duftes auf, offeriert uns allerdings noch ein paar sehr erwachsene Anklänge von Benzoeharz und Tonkabohne. Letztere würzt, die Vanille unterstützend, die Cremigkeit und verstärkt deren Charakter, während Benzoe für warme, subtil-rauchige Facetten sorgt.

Normalerweise gar nicht mein „cup of tea“, hat mich Heliotrope Blanc doch sehr für sich eingenommen – was für ein schöner, femininer Duft! Für Liebhaber von Pudrigem, Milchigem (!) und Cremigem sowie Heliotrop ohnehin ein Muss, sollten sich auch ein paar andere den Duft ansehen, die wie ich vielleicht vorab zu Zögerern gehört hätte 😉

Viele liebe Grüße,

Eure durchweg angetane Ulrike.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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