Letzte Woche habe ich Euch den herrlichen, leicht rauchigen Schwarzteeduft „Russian Tea“ von Masque Fragranze vorgestellt. Wie bereits erwähnt, wurden die ersten beiden Düfte schon von Uli besprochen, ich werde für den Rest sorgen … heute stehen auf dem Spielplan des olfaktorischen Opernhauses „Act II-I – Luci ed Ombre“ und „Act III-IV – Tango“.
Übersicht der bisherigen Düfte von Masque Fragranze
Act I-I – Terralba
Act I-II – Montecristo
Act I-III – Russian Tea
Act II-I – Luci ed Ombre
Act III-IV – Tango
Mit „Luci ed Ombre“ – den Lichtern und Schatten – befinden wir uns im zweiten Akt, dem die Macher des Hauses folgende Eigenschaften zuschreiben: Innere Monologe, Emotionen, tiefe Gedanken und innere Reflexionen … Licht und Schatten der menschlichen Natur. So beginnt die Duftbeschreibung auch entsprechend mit: „Tief in deiner Seele. Ein frisches, energiegeladenes Parfum und dunkler, animalischer Weihrauch.“ Vielleicht greift dieser erste Satz schon etwas zu weit vor, denn der erste Eindruck auf dem Teststreifen ist ein ganz anderer. Eine quietschbunt erscheinenden Tuberosen-Jasmin-Wuchtbrumme mit honigsüßen Lippen gibt sich offenherzig und verströmt ihre florales Herz aus Gold. Weihrauch? Weit und breit nicht zu sehen. Also auf die Haut damit. Wie zu erwarten war, zeigt sich der von Meo Fusciuni kreierte Duft hier weniger grell, gedämpfter, aber auch sinnlicher. Der groß angekündigte Weihrauch bleibt allerdings sehr verhalten – cremig wirkendes Zedernholz lässt sich noch ausmachen, ein Schuss Moschus könnte auch noch beteiligt sein.
Die Idee ist klar, die lichten Seiten sollen durch die Blüten dargestellt werden, die Schatten durch den Weihrauch. Leider wurde dieser so sparsam dosiert, dass er als solcher für mich kaum zu erkennen ist. Ein gewisser animalischer Charme mag zugegen sein, doch sind es letztlich die dominanten, fast schon gourmandigen Blüten, die sich durchsetzen.
Akt II Szene 1
Du bist ruhig und unbeschwert. Du hast den Eindruck, als wärst du zwischen einem Gerstenfeld und einem dichten Wald, in den kein Lichtstrahl fällt. Da ist ein blendendes Licht, alles scheint ruhig und still. Plötzlich läuft ein Schauer deinen Rücken hinunter. Dir wird klar, dass solch eine verzaubernde Szenerie auch immer eine düstere Seite besitzt, faszinierend und geheimnisvoll.Die Zeit, wenn die Nacht auf den Tag trifft, die Umarmung von Licht und Schatten. Der Wind in den Haaren und der warme und feuchte Atem des Wolfs an deinem Nacken. Du weißt weder wo du bist noch wohin du dich sehnst. Die dunkle Seite ist unwiderstehlich faszinierend, stärker als alle Ängste und alles Unbehagen, die sie erzeugt.
Die Duftnoten
Kopfnote: Weihrauch
Herznote: Ingwer, Tuberose, Jasmin, Moos
Basisnote: Weihrauch, Zedernholz, Patchouli
Wenn man Licht und Schatten nicht als gleichwertige und gleich dosierte Duftkomponenten betrachtet, kann man sich mit der Idee wieder versöhnen. Trotzdem hätte ich mir ein wenig mehr von der dunklen Seite der Macht gewünscht.
Der zweite Duft heute heißt „Tango“, die vierte Szene des dritten Akts, der unter dem Vorzeichen der gefühlvollen Beziehungen, der Romantik und Liebe sowie Zuneigung, aber auch Untreue steht. In die Szenerie werden wir mit folgendem Satz eingeführt: „Eine Mittsommernacht, die Laube von Blüten bedeckt, lange Holztische, Likör und Musik.“
Akt III, Szene 4
Geflüster überall, das Fest ist lustig. Die sanfte Musik im Hintergrund wird immer lauter. Ein Crescendo. Ein Glas, noch ein Glas. Ron y miel. Berauschender, bernsteinfarbener Nektar. Berauschend wie der Duft des blühenden Jasmin, herbeigetragen von den warmen Sommerwinden. Ein Crescendo. Du begegnest ihrem Blick – sie flüstert einige Worte. Du erkennst den spanischen Dialekt Lunfardo, die Sprache des Tango. Deine Stirn von Schweiß benetzt. Salz schmilzt im Zucker des Likörs. Die schleppenden Gotan-Rhythmen machen dich mutig, die Nacht und der Tango sind auf deiner Seite.Ein Crescendo. Ohrenbetäubende Rufe. Die Luft wird noch heißer. Du weißt, dass sie brennen wird. Doch du kannst nicht widerstehen. Du stehst auf und gehst zur Tanzfläche … ihr Gesicht wird von einem Lächeln erleuchtet, das die Nacht erhellt … Das ist alles, wonach du dich sehnst, jetzt.
Ein warmes und sinnliches Parfum. Intensives Crescendo. Bernsteinfarbener Nektar.
Als überzeugter Tanzabstinenzler, ganz nach dem bekannten Motto „Musik? Ich tanze zu Alkohol!“, wird es mir beim Stichwort Tango nicht gerade warm ums Herz, wobei ich natürlich überhaupt nicht in anzweifle, dass es sich hierbei um ein pflegens- und schützenswertes Kulturgut handelt. Tango bezeichnet außerdem nicht nur den Tanz, sondern auch die Musikrichtung. Apropos Alkohol. „Ein Glas, noch ein Glas. Ron y miel. Berauschender, bernsteinfarbener Nektar.“ Ron y miel bzw. Ron miel, was einfach Rum mit Honig bedeutet, ist ein Honiglikör von den Kanarischen Inseln und wird aus Rum, Zuckerrohr oder Melasse und Honig hergestellt. Als Aperitif oder Digestiv wird er gerne auf Eis, pur, sonst gemischt oder heiß als Grog getrunken. Leider hatte ich selbst noch nicht das Vergnügen, wobei ich süßen Alkoholika generell skeptisch gegenüberstehe. Der Kopf tut ja meistens schon weh, bevor der Inhalt des Gläschens im Magen angekommen ist. Ich bin gespannt, inwiefern sich dieses süße Rauschgetränk im Duft wiederfindet.
Die Duftnoten
Kopfnote: Bergamotte, Schwarzer Pfeffer, Kardamom
Herznote: Jasmin, Damaszener Rose, Kumin, Patchouli
Basisnote: Vanilleschote, Tonkabohne, Klee, Ambra, Leder, Benzoeharz, Moschus
Schaut Euch mal dieses Video an, faszinierend! Vielleicht sollte ich doch einmal das faule Tanzbein schwingen?
Bei Parfümeurin Cécile Zarokian darf man natürlich immer etwas Feines erwarten und los geht es ganz herb-würzig, wofür vor allem der Schwarze Pfeffer verantwortlich ist. Nahtlos fügt sich in diesen Auftakt die kühle, unnahbare Rose ein, die hier ganz im Zentrum steht. Und da sind sie, die Gewürze, und Patchouli, Harze mit einem süßen Hauch Vanille und Tonkabohne, aber auch mit etwas ganz verrucht Animalischem (das man sich bei „Luci ed Ombre“ gewünscht hätte) … der Honiglikör wurde zwar im Wandschrank stehen gelassen, aber es ist klar, was die Parfümeurin hier zum Ausdruck bringen möchte: Pfeffrige Leidenschaft, große Gefühle und auch ein großes Maß an Rausch, Tanz und körperlicher Liebe. Tanzmuffel, aber auch all jene, die gerne mal eine heiße Sohle aufs Parkett legen, werden sicher gleichermaßen begeistert sein. Ein nicht ganz einfacher, aber faszinierender und betörender Duft. Aus diesem Duo – wer hätte das gedacht – mein Favorit!
Liebe Grüße
Harmen
Quelle Bild oben „Wald“, Beitragsbild
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