Zaubertränke von Anna Paghera …

… beschäftigen uns noch zwei weitere Tage – die Linie ist groooß, das hatte ich gestern bereits angekündigt. Heute klemmen wir uns drei Düfte unter die Nase: Bianco di Ninive, Blu d’Arabia und Giallo di Tebe.

Auch heute komme ich nicht dazu, mich nicht wenigstens ein bisschen über die Sprüchlein zu den Düften zu amüsieren – sorry for that …

pagherabiancodininive „Ein enthüllender Zaubertrank für diejenigen, die sich selbst suchen“ – das soll Bianco di Ninive sein: „Der berauschende Duft lustvoller und balsamischer weißer Blüten, um die sinnliche Freude zu wecken, barfuß auf einem Teppich von Blüten zu gehen.“

Barfuß sich selbst finden – das erinnert mich an die Tschakka-Zeiten von Jürgen Höller und seiner Höllenbrut an Nachfolgern. Motivationsseminare, bei denen man beglückt über glühende Kohlen hüpft, mit dem Ziel, die eine Haut gegen eine andere zu tauschen: Hornhaut weg, dickes Fell aka Resilienz her. Unerträglich. Und das hier bemühte Klischee finde ich auch eher abturnend, wenn ich ehrlich bin. Aber – es kommt ja auf die Inhalte an, und die hören sich ausgesprochen lecker an:

„Rezept: Sieben Unzen frisch erblühte Blumen, drei Pfund mit viel Liebe gepflückte Mohnblumen, einen Löffel Karamellpuder, eine Unze Bisameibisch, eine Schote polynesischer Vanille, vier Zeilen eines liebevollen Gedichts.“

Das Ritual dazu habe ich seit gestern auf dem Kicker, ich gestehe:

„Ritual: Sprühen Sie den Duft in die Luft und fliegen Sie mit viel Fantasie an einen schönen Ort, wo Teppiche aus duftenden Blüten geknüpft werden, die Wände Gedichte flüstern und wo alles voller Liebe ist. Sie sind in sich selbst – öffnen Sie die Türen.“

Da sag ich jetzt besser nichts zu – und teste … Mmmh, köstlich: Karamellisierte weiße Blüten in Mandelschaum und Vanillecreme. Nachtisch vom Feinsten – und ja, ich nehme ihn wirklich wahr, den Mohn! Süß. sexy, pudrig und sinnlich auf der Haut zeigt sich Bianco di Ninive – und das auf eine sehr erwachsene Art. Das stößt sicher auf viele geneigte Nasen, da bin ich mir sicher!

vanilla cupcakes

Blu d’Arabia, unser zweiter Kandidat, soll „ein Traumzaubertrank [sein] für diejenigen, die zu viel mit dem Kopf denken und zu wenig mit dem Herzen“:

pagherabludarabia „Die Magie orientalischer Gartennächte, die milde Luft, die nach Blauregen riecht, nach Jasmin und weißem Stechapfel. Eine Einladung, um zu träumen und den Gedanken die Schwere zu nehmen.

Rezept: Sieben Einheiten Ylang-Ylang, drei Pfund erwärmter Blauregen, fünf frisch erblühte blaue Hyazinthen, eine Unze Stechapfel, ein zärtliches Maiglöckchen, eine Prise Romantik, um in Farbe zu träumen.“

Das liest sich so, als ob uns ein opulentes Blütenmeer erwartet – ganz recht, kann ich da nach dem ersten Schnupperer nur sagen. Sie flirren und schwirren mir in der Nase, die Blümelein, mich betörend und lockend. Irgendetwas kommt indolisch daher, für mich ehrlicherweise in diesem Duft eine kleine Störnote – denn ansonsten duftet es sauber und rein, was dem Maiglöckchen geschuldet ist. Eine feine, moderne Maiglöckchennote ohne pudrig-nostalgische Akzentuierung, die hervorragend harmoniert mit den metallisch-wässrigen Anklängen von Hyazinthe und Glyzinie. Datura nehme ich schwerpunktmäßig süß und ein wenig „hitzig“ wahr, wenn Ihr versteht, was ich meine? Ylang süßt zart und honighaft, was dem Duft hervorragend zu Gesichte steht. Darüber hinaus meine ich noch, etwas ähnliches wie Kaktusfeige zu entdecken samt erfrischenden Melonenanleihen – erinnert Ihr Euch noch an Ortigia Sicilia, an deren Fico d’India? In diesem konnte ich ähnliche Facetten finden. Alles in allem verlieren sich die indolischen Noten sehr schnell, was dem Duft sehr gelegen kommt, wie ich finde. Im weiteren Verlauf haben wir ein dichtes Blütenbouquet, welches sich gleichermaßen frisch und samtig zeigt. Alles in allem ist Blu d’Arabia somit viel leichter, als man es sich vielleicht vorstellt und beispielsweise bei den früheren Lutens-Blumen findet.

Pittosporum hosmeri

Giallo di Tebe, unser letzter Duft für heute, dient laut Angaben auch dazu, unser Ego ein wenig zu polieren:

pagheragialloditebe „Ein Meditationszaubertrank für diejenigen, denen es an Entschlossenheit fehlt, obwohl sie wissen, was zu tun ist. Safran, Sternanis, aromatisches Holz und ambrierte Harze. Eine meditative Atmosphäre, die seit Anbeginn der Zeit die Seele und die Vorstellungskraft beflügelt.

Rezept: Drei Unzen Amber, ein Pfund Safran, eine Träne voll Patchouli, zwei Achtel Zedernholz, zwei Achtel Kardamom und Sternanis, eine Handvoll Lorbeer, einige Muskatnüsse, ein Tropfen Drachenmut, und eine Prise Verwegenheit.“

Nein, mir persönlich fehlt es nicht an Entschlossenheit – zumindest nicht in Bezug auf Dinge, die ich NICHT will. Insofern benötige ich auch dieses seltsame Ritual nicht, das man mir, vielmehr uns

„Ritual: Sprühen Sie Giallo di Tebe in die Luft und auf die Handgelenke und wiederholen Sie an dreiunddreißig aufeinanderfolgenden Tagen: „Die Zeit, die im Leben wirklich zählt, kann auf wenige Minuten heruntergerechnet werden – auf die Zeiten nämlich, in denen Entscheidungen getroffen wurden.“

Ganz im Ernst: Betreibt Ihr irgend so einen Schnickschnack? Ich meine, klar – Anfang der Woche habe ich in meinem Mädchen-Artikel einiges dazu geschrieben, zum Thema Selbstzufriedenheit. Sowas kann und sollte man „üben“. Autosuggestion hilft dabei, keine Frage. Aber dazu stelle ich mich nicht mit einem Räucherstäbchen vor den Spiegel und flüstere mir schlaue Sprüche ein – Ihr?

013/366 - Star anise HDR

Egal. Für mich ist Giallo di Tebe ein Wohlfühlduft, den ich eher für mich zu Hause tragen würde als in der Öffentlichkeit. Warum? Weil er durchweg natürlich duftet und somit in Anbetracht seiner Ingredienzen mehr Seelenschmeichler als Ausgehduft ist. Harzwärme begrüßt meine Nase, in Begleitung von würziger Muskatnuss. Alsbald bahnt sich Sternanis seinen Weg – der einzige Anis, den ich in Düften wirklich leiden mag (weil er mich NICHT an Ouzo erinnert). Dunkelgrün-lorbeer-krautig zeigt sich der Hintergrund, subtil und ausgewogen in seiner Präsenz. Safran zeigt sich im Herzen in der ihm genuinen würzigen Trockenheit mit herben Fruchtanleihen, während Patchouli einmal mehr Tiefe und Körper verleiht sowie mit seinen pudrigen Seiten Anklänge von samtigem Kakaopulver zaubert.

Würzig, samtig, harzgewärmt und kontemplativ – ein charakteristischer Naturbursche, den ich demnächst zum Lümmeln auf dem Sofa tragen werde.

Morgen erwarten uns die letzten drei Düfte von Anna Paghera – bis dahin alles Gute und viele liebe Grüße,

Eure Ulrike.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

2 Kommentare

  1. Dorothea
    22. Januar 2015
    Antworten

    Abtörnend hört sich hier für mich einiges an, und vor allem sieht es arg nach Greenwashing aus, denn die Düfte selbst bestehen doch nicht aus natürlichen ätherischen Ölen, oder? Es erinnert mich an die Werbung eines gewissen Joghurt-Herstellers, in der der Joghurt vermeintlich gemütlich von Hand gerührt wurde…

  2. Ulrike Knöll
    26. Januar 2015
    Antworten

    Huhuu liebe Dorothea,

    es gibt eben den Hintergrund der beiden Pagheras, der ja definitiv „grün“ ist, wörtlich genommen. Ich habe es nirgends gelesen, dass die Düfte aus rein natürlichen Essenzen bestehen, geworben wird damit soweit ich weiß also nicht. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass das auch nicht der Fall ist 🙂

    Bin mal gespannt, für wie viele, die noch auf der Suche nach DEM Grasduft sind, Verde di Kent der neue Holy Grail wird.

    Viele liebe Grüße,

    Ulrike

    P.S.: Ich weiß ganz genau, welche Joghurts Du meinst 😉

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