… ist eines der „Mitbringsel“ meines Chefs von der diesjährigen Pitti in Florenz. Eine nagelneue Linie, von der ich bereits in einem Neuigkeiten-Artikel zur Pitti berichtet hatte – siehe hier. Grund genug für mich, mir die vier Düfte der „Collection ’14“ direkt einmal unter die Nase zu klemmen – Vorhang auf also für Gabriella Chieffo!
Madame Chieffo scheint eine echte Allrounderin mit vielseitigen Interessen zu haben: Mutter und Entwicklerin, passionierte Köchin und Liebhaberin guter Speisen, Suchende wie wir alle – und jetzt in Sachen Duft für uns „unterwegs“. Hier zitiert Chieffo Proust, wie so viele, und dessen Madeleines, deren Duft seinen Protagonisten in Der Suche nach der verlorenen Zeit zurück in seine Kindheit entführen. Düfte als Reise zum Selbst, als Erinnerungen an längst vergangene Zeiten, als Seelenschmeichler und, ja „Entwicklungshelfer“ der eigenen Persönlichkeit – das möchte uns Chieffo (an)bieten. Stürzen wir uns mit ihr ins Abenteuer!
Camaheu ist unser erster Kandidat:
„Eine sinnliche Flüssigkeit dringt in die Gefühle der Wagemutigen ein, die ihre eigene Persönlichkeit erkunden, um zu sehen, was sich hinter der Maske verbirgt. Eine Seele ist nur wegen ihrer eigenen Zerbrechlichkeit so stark. Eine Frau oder ein Mann zu sein bedeutet, in jedem noch so kleinen Teil des menschlichen Wesens selbstbewusst zu sein.
Die Aura eines jeden von uns hinterlässt eine unverwechselbare Spur in unserer Erfahrung: wie eine Kamee, deren harter Kern von sanften und sinnlichen Linien eingefasst wird, ein sichtbares aber unveränderliches Zeichen. Camaheu hinterlässt ein deutliches Zeichen seiner Präsenz. Camaheu, der alte französische Name der Kamee, nimmt die Unnachgiebigkeit der Welt auf und verwandelt sie in eine kostbare und verführerische Essenz.“
Ich kann mit diesem Text jetzt nicht allzu viel anfangen, versuche aber trotzdem einmal zu wiederholen, um was es hier geht: Mut zur Schwäche, Schwäche als Stärke, Persönlichkeit durch (Lebens)Erfahrung (am besten in Kombination mit Reflexion) – das leuchtet ein, ist mir persönlich als Duftbeschreibung aber viel zu vage. Das kann alles oder nichts sein – deshalb werfen wir doch gleich einen Blick auf die Zutaten dieses Lebenselixiers: Kopfnote: Bergamotte, Grapefruit, Efeu; Herznote: Jasmin, Rose; Basisnote: Vanille, Ambra, Moschus.
Im Internet bin ich noch auf ein Video gestoßen, das den Entstehungsprozess des Fotos zum Duft darlegt – schaut ruhig rein!
Himitsuhana – Making of Camaheu from Himitsuhana on Vimeo.
Ich persönlich mag Kameen als Schmuckstücke sehr gerne – und Camaheu ist der französische Name für eben jene, logisch.
Der Duft scheint mir einen Anteil natürlicher Ingredienzen zu haben, wenn nicht gar ausschließlich daraus zu bestehen – so braucht er ein wenig, bis er sich geschmeidig auf meine Haut legt. Anfänglich schillert, strahlt und leuchtet er in einer wilden Hesperidenglut, von krautig-grünen Noten begleitet. Es prickelt und tut zitrisch-herb, offeriert aber bereits eine süß-würzige Wärme, die von der Basis herzurühren scheint. Im weiteren Verlauf verblenden sich die Noten und ergeben einen dichten Duftteppich, einen blühenden: Fruchtig-frische Rosen und opulenter, erfreulich un-indolischer Jasmin von vanillehafter Cremigkeit, untermalt von sanft-würziger Ambra und erleuchtet von ein paar Agrumensternchen.
Unschuldig ist Camaheu nicht, wie die weiße Kleidung des Models auf dem zugehörigen Foto vielleicht auf den ersten Blick vermuten lassen möchte … nein – wissend. Reich. Intensiv. Erfahren. So duftet Camaheu, sich seiner Weiblichkeit sicher. Das zieht an – Männer als auch Frauen.
Hystera folgt nun:
„Geboren in den Tiefen der Seele, einer leeren Seele, die aber vom Fluss des Lebens gefüllt wird. Es sind die Gegensätze, Schmerz und Geburt, Einheit und Trennung, Vereinigung und Auseinandergehen und eine herzzerreißende Liebe, die sich selbst kreiert und fortsetzt und neue Bedeutungen schafft. Ein Atmen und Schreien geht durch die Sinne. Das sind die Widersprüche derjenigen, die eins sind, aber auch zwei werden können und nie wieder einsam sind.
Ein Duft, der die Kontraste des Lebens beschwört, harmonisch in ihren nicht passenden Enden, die sich nur durch die Balance der Existenz selbst erklären. Der Mensch als Material, das sich selbst schafft, in der Erfüllung eines heimtückischen Spiels, in dem weder Regeln noch ein Ziel bekannt ist, er aber bereit ist, das Leben zu schätzen, so wie es sich roh und stark präsentiert.
Und dann beginnt es erneut … die ganze Lebensenergie entfesselt ihren süßen stechenden Duft.“
Ok, zusammengefasst nach meiner Lesart: Fluss des Lebens, Panta rhei – alles fließt, Ambivalenzen, Polarität und das Leben, dass es zu Leben und mit Sinn zu (er)füllen gilt. Die Noten: Kopfnote: Bergamotte, Muskatellersalbei; Herznote: Iris; Basisnote: Vanille, Patchouli, Labdanum (Zistrose), Kaschmirholz.
Hystera wirbelt im Auftakt hin und her, zittert herbe von Bergamotte in meiner Nase, um sich nicht viel später in eine ledrig-harzige Iris zu verwandeln. Sanfte, eigenartig-kräutiger Noten von Muskatellersalbei, die einen Hauch Frische stiften und die Süße der Vanille untermalen, die dezent im Hintergrund lockt. Eine pudrige, stark harzgeschwängerte Iris, balsamisch und schwer, von Patchouli rauchig-erdig geküsst tritt aus dem mitunter bitter-trockenen Unterholz hervor, majestätisch und bestimmend.
Ein Duft für Mutige, die wissen, was sie wollen – und zwar unabhängig von ihrem Geschlecht 😉
Mein Eindruck, dass es sich hier um Düfte mit annähernd komplett natürlichen Ingredienzen handelt, hat Hystera weiter bestärkt – mal sehen, wie es um den Rest der Kollektion bestellt ist. Dienstag geht es weiter mit Gabriella Chieffo – bis dahin alles Liebe und ein schönes Wochenende,
Eure Ulrike.
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