777 – Stéphane Humbert Lucas, die Kollektion, mit der ich mich seit einiger Zeit beschäftige, hat ein Pärchen im Gepäck, das auf den Namen „2022“ hört, einmal Homme, einmal Femme.
Ich gehe einfach einmal davon aus, dass es sich um die Jahreszahl 2022 handelt. Was wir alle wohl machen in acht Jahren? Auf den ersten Blick habe ich dieses weiße Objekt im Hintergrund für eine Überwachungskamera gehalten und gemutmaßt, dass Stéphane Humbert Lucas hier vielleicht eine düstere Zukunftsvision vom Großen Bruder entwirft. Mein Kollege Shane wies mich darauf hin, dass es sich vermutlich eher um das Modell einer Autobahnbrücke inklusive Versorgungsschacht handelt. Ihr seht schon, wir sind hier alle mit vollem Körpereinsatz und Hirnschmalz dabei, die letzten großen Rätsel dieser Welt zu entschlüsseln.
Nun, im Jahre 2022 soll die Fußballweltmeisterschaft in Katar stattfinden – keine völlig abwegige Interpretation der Jahreszahl – bei einer orientalisch inspirierten Kollektion. Deutschland wird hoffentlich Fußball-Weltmeister und hat sich zum Ziel gesetzt, bis dahin aus der Atomenergie auszusteigen. Wir werden sehen, noch unwahrscheinlicher ist die Eröffnung von Stuttgart 21, ein heißes Eisen hier im Ländle und ein gutes Beispiel dafür, wie man viel Geld unter die Erde bringt, ganz egal, ob man das Ganze nun gut oder schlecht findet.
2022 lässt in jedem Fall auf ein futuristisches Duftkonzept hoffen, über das wir uns dann im Jahr 2032 gemeinsam beömmeln können: „ach, ist das altbacken, das ist so Zwanziger Jahre!“ 😉
Eines kann man „2022 Generation – Femme“ nicht vorwerfen, nämlich langweilig zu sein. Eine wirklich – für mich zumindest – neuartige Kombination aus zitrischen, kräftig grünen Noten und Mandel. Blumige Noten von Jasmin und Heliotrop sind vorhanden, aber nicht im Übermaß und die Tonkabohne greift die Mandel wieder passend auf. Sandelholz rundet das Ganze ab. „2022 Generation – Femme“ ist nun keine total schräge Angelegenheit, Mandel und Tonkabohne sowie die Blüten sind so zurückhaltend gestaltet, dass der Duft in seiner Frische und Grüne absolut unisex bleibt. Witzigerweise hat dieser Zukunftsduft auch eine durchaus nostalgische Seite. Vielleicht wiederholt sich die Duftmode einfach.
Die Komposition:
Kopfnote: Mandel, Neroli, Nektarine
Herznote: Heliotrop, Weißer Tee, Galbanum
Basisnote: Jasmin, Sandelholz, Tonkabohne
Bis zum Jahr 2022 werden die Männer (zum Leidwesen mancher) nicht abgeschafft werden, also: 2022 Generation – Homme.
Los geht es ganz frisch und fruchtig mit knackiger Yuzu und wunderbar sauren Schwarzen Johannisbeeren sowie weiteren grünen Noten von Galbanum. Und dann kommt natürlich das Oud, aber was für eins. Keines dieser rauchgeschwängerten orientalischen Schwerenöter, nein ein ganz transparentes, leichtes und eher in hellen Gewürznoten auftretendes Oud. Dieser Duft verkörpert das oben gezeigt Bild noch viel besser. Hell, modern, transparent, aber durch das Oud doch auch nicht im luftleeren Raum, sondern in der Tradition und mit der Herkunft verbunden. Ich glaube, und dies wurde an anderer Stelle auch schon festgestellt, dass hier noch Iso E Super oder zumindest fingerdick Moschus eingesetzt wurde, was dem Ganzen auch eine cleane, saubere und helle Note verleiht.
Die Duftkomposition
Kopfnote: Yuzu, Schwarze Johannisbeere, Galbanum
Herznote: Adlerholz (Oud)
Basisnote: Adlerholz (Oud), Gewürze, Balsamische Noten
Bei beiden Düften ist die Männer-Frauen-Trennerei absolut unnötig, da beide die Geschlechtergrenzen hinter sich gelassen haben. Der grüne, zitrische und mandelige „Femme“ ist genauso wie der saubere und hochmoderen Oudduft „Homme“ für alle tragbar. Zeigt der erste durchaus nostalgische bzw. traditionell cologneinspirierte Züge, hat der zweite durch seine hellen und transparenten Anteile gezeigt, wie ein Orientdduft der Zukunft aussehen könnte.
Wieder einmal Daumen hoch – diese Kollektion gefällt mir immer besser!
Liebe Grüße
Harmen
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