… ist es nun geworden – ich hatte unterschlagen, dass Harmen ja den Montag für seinen Newsletter hat. Nichtsdestotrotz: Ich habe sie nicht vergessen, die restlichen beiden Kandidaten der Giulietta Capuleti-Kollektion – heute werden wir sie uns zu Gemüte führen. Beginnen wir mit Bugia Bianca:
„Bugia Bianca – die weiße Lüge – ist mit großer Sicherheit vom englischen „white lie“ entlehnt, dem plastischen Sprachbild einer Notlüge, die mit einem weißen Mäntelchen daherkommt und behauptet, dass der Zweck die Mittel heilige. In der Welt von Shakespeares „Romeo und Julia“ mag es wohl die Szene im vierten Akt sein, in der Julia gegenüber ihrem Vater vorgibt, nun gehorsam zu sein und in die Heirat mit Paris einwilligt. Wegen ihres Wunschs, Gott um Vergebung bitten zu wollen, lässt man sie alleine und sie trinkt den verhängnisvollen Schlaftrunk.
Der Duft Bugia Bianca täuscht ebenfalls etwas vor, nämlich ein echter Hesperide zu sein, es tönen Bergamotte, Mandarine und etwas Rosa Pfeffer, doch lange lässt sich diese Behauptung nicht aufrechterhalten. Schon schnell schimmern entschieden süße und fruchtige Akzente hindurch, lebendige Farben der Passionsfrucht. Die Süße wird von kräftig schillernden Minzakzenten begleitet – verwurzelt im Herzen mit Vetiver. Die Basis hält noch feine Nuancen von Patchouli, mildem Tabak und edlen Spirituosen wie Brandy und Cognac bereit, die zusammen für eine eindrucksvolle Tiefenwahrnehmung sorgen.“
Die Noten lesen sich ganz hervorragend: Agrumenfrüchte, Maracuja, Pfeffer, Minze und Jasmin nebst Vetiver und Edelalkoholika in der Basis – deliziös und erlesen, darüber hinaus kommt mir nichts ähnliches in den Sinn. Aufgesprüht ist Bugia Bianca deshalb schnell … und betört schon mit dem ersten Kontakt mit meiner Haut: Die spritzige Frische von herben Zitrusfrüchten umweht mein Näschen, wie gewohnt harmonisch kontrastiert von Pfefferkörnchen. Alsbald sehen sich diese beiden üblichen und gleichermaßen schönen Verdächtigen flankiert von reifer (aber nicht überreifer) Passionsfrucht und seidig-opulentem Jasmin. Pfefferminz erfrischt ungewöhnlich, aber sehr intensiv, während die Basis mit den warmen Noten von Tabak und gemütlichen Lounge-Alkoholika brilliert. Ich erkenne weder Brandy noch Cognac explizit, allerdings umgibt mich ein wohliges Herrenzimmergefühl, das von einer feinen, fruchtig-likörigen Note gespeist wird. Diese Wärme, die einmal mehr von Patchouli vertieft und unterstrichen wird, zeigt sich hervorragend ausbalanciert, denn Bugia Bianca verliert seinen leichten, dahingehauchten Charakter trotz seiner sehr guten Sillage bis in die Basis nicht: Vetiver würzt hier subtil und sacht, die Frische der Minze weiterführend, und schafft somit einen interessanten Gegenpol.
Ist Bugia Bianca auch an einem Mann denkbar? Ja, ich denke schon. Wie immer müsste es eben der Richtige sein, keine Frage, aber ein modischer Mann, der keinen Hang zum Mann-Mann-Dasein hat, also zu einer Überbetonung seiner maskulinen Seite – ja, dem könnte Bugia Bianca ebenfalls recht gut zu Gesichte stehen. An Frauen finde ich ihn wunderschön: Sanft, innovativ und besonders, und einmal mehr ein herrliches Kleinod aus der uns vorliegenden Giulietta Capuleti-Kollektion, die mich immer mehr für sich einnimmt. Aber – Bugia Bianca ist bisher mein erklärter Liebling. Schauen wir, ob unser letzter Kandidat das ändert …
„Ritorno Amaro – die bittere Rückkehr. In der Shakespeareschen Welt von „Romeo und Julia“ kann dieser Name beispielsweise für Romeos Rückkehr nach Verona stehen, wo er zur vermeintlichem toten Julia in die Gruft eilt. Oder es ist Julias Erwachen gemeint, als sie den toten Romeo neben sich liegen sieht. Dieses tragische und wahnsinnige Ende einer Liebesgeschichte lässt doch einen Funken Hoffnung übrig, denn die verfeindeten Familien versöhnen sich schließlich – zu einem hohen Preis.
Das Stück endet mit den Worten: „For never was a story of more woe / Than this of Juliet and her Romeo.“ („Denn niemals gab es ein so herbes Los / Als Juliens und ihres Romeos.“)
Der Duft „Ritorno Amaro“ zeigt zu Beginn die typischen fruchtigen Noten der Schwarzen Johannisbeere, welche feinwürzig mit Kardamom und frisch-scharfem Ingwer abgerundet werden. Feiner Sternanis vermengt sich mit exotischen Frangipani-Noten, unterlegt mit Weißem Moschus und hauchzartem Räucherwerk: Weihrauch- und Myrrhe.“
Leidenschaftlich und ein wenig melancholisch – das sind die ersten beiden Worte, die mir zu Ritorno Amaro einfallen. Die Kombination aus Cassis und Ingwer ist es, die mich wehmütig stimmt, jene säuerlich-prickelnde, holzig-herbe Fruchtigkeit, die so hervorragend miteinander harmoniert. Frangipani, jene weiße Blüte, bricht den Damm und haucht üppige Gefühle ein, von ich-weiß-nicht-woher stammenden taubenetzten Blättern umrankt. Kühl, weißblumig und verhalten pudrig changiert diese Schönheit auf meiner Haut, in der Basis unterstrichen durch dezenten Rauch von einer feinen Moschussüße samt Weichheit.
Definitiv ein Damenduft – und was für einer! Ein mehr als gelungener Abschluss dieser Kollektion, die ich wirklich nur jedem von Euch zwecks Testzwecken ans Herz legen möchte. Ich habe schon lange keine solch herausragende neue Linie unter meiner Nase gehabt!
Viele liebe Grüße,
Eure Ulrike.
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