… erzählt uns heute der vorletzte Duft von Atkinsons 1799 – The Nuptial Bouquet. Wie der geneigte Leser bereits weiß, hat mich die Kollektion bisher durchweg von sich einnehmen können – schauen wir, ob es bei den letzten beiden Schätzchen ebenso der Fall ist.
„Ein zauberhaftes Bouquet aus glühender Romantik, komponiert und gebunden aus den Blüten, die Queen Victoria auf dem Weg zum Traualter trug, wo ihr geliebter Albert auf sie wartete. Rückbesinnung an eine Zeit, in der die Sprache der Blumen voller Bedeutung war, als Blüten Bände sprachen… Ein Duft voll royaler Romantik, eine retromoderne Interpretation von Queen Victorias Brautstrauß: die grüne und weiße Lieblichkeit von Maiglöckchen, Veilchenblättern und exquisiten Myrtenblüten, umwoben von delikatem, weißem Moschus und Sandelholz. Ein Duft für Frauen, die sich mit nichts weniger als ihrem wahrhaftigen Traumprinzen zufriedengeben.“
Sich mit nichts weniger als dem Richtigen abzugeben – das ist doch mal ein Motto, und zwar eines, dass ich durchaus unterstreichen kann. Victoria und Albert zog es im Jahre 1840 vor den Traualtar und die Ehe hielt 21 wohl wunderbare Jahre. So schrieb Victoria in einem Brief an ihre älteste Tochter:
„Ich kann nie glauben oder zugeben, dass irgendein anderer Mensch vom Schicksal so gesegnet worden ist wie ich, mit einem solchen Mann, einem solch vollkommenen Mann. Papa war für mich alles, ist es auch heute noch. […] Er war für mich alles, mein Vater, mein Beschützer, mein Führer, mein Ratgeber in allen Dingen, ich möchte fast sagen, er war mir Mutter und Mann zugleich. […] Ich bin wie gelähmt wenn er nicht bei mir ist.“ (Quelle: Herbert Tingsten: Königin Viktoria und ihre Zeit. Diederichs, München 1997, S. 70 via Wikipedia)
Leider starb Albert bereits mit 42 an Krebs oder Typhus, worauf Victoria über vier Jahrzehnte bis an ihr Lebensende nur noch in Witwentracht bekleidet erschien – aus Liebe und Gedenken an ihren Mann. Sie war es wohl auch, der wir den Brauch der weißen Brautkleider zu verdanken haben.
Das liest sich nach einer wahren, tiefen Liebe – zumal Albert auch für die englische Königin als einfacher und unbedeutender deutscher Prinz als Gatte eigentlich nicht standesgemäß war, was sie, wie Ihr Euch sicherlich vorstellen konnte, nicht im mindesten interessierte.
Das Blütenbouquet, das Atkinsons ihr gewidmet haben, besteht aus folgenden Zutaten: Kopfnote: Myrte, Veilchenblätter; Herznote: Maiglöckchen; Basisnote: Weißer Moschus, Sandelholz.
Maiglöckchen sind ja, trotz dem Meilenstein Diorissimo, immer solch eine Sache, ich muss Euch nichts erzählen: Oftmals als altmodisch verschrien stoßen sie bei vielen, vor allem wenn pudrig umgesetzt, auf taube Nasen. Auch frische Maiglöckchen sind nicht jedermanns Sache, wirken sie doch mit ihrem sauber-floralen, seltsam süßen und einprägsamen Naturell gerne ein wenig penetrant. Aber, und Ihr ahnt bereits, was jetzt kommt – es gibt auch Ausnahmen. Muguet Blanc von Van Cleef & Arpels ist dafür mein Paradebeispiel, mein absolutes Lieblingsmaiglöckchen.
Doch auch und gerade The Nuptial Bouquet ist ein beeindruckendes Ausnahmemaiglöckchen: Luzide Strahlkraft und reinweiße Sauberkeit, vermählt mit einer fast schon ätherisch wirkenden floralen Frische, die durch sachte grüne Noten untermalt wird. Noten, wie man sie von soeben geschnittenen Blumen kennt. Der Duft atmet jene beschwingte, leicht nasse Frische, die ich an Maiglöckchen so sehr liebe. Hier findet sich kein Zuviel an Süße, nichts Pappiges, nichts Schweres – und doch ist unser Maiglöckchen hier keine komplette Unschuld: Ihm wohnt ein interessanter Kontrast inne. Hinter jener frischen Dynamik findet sich, dem entgegengesetzt, eine sehr subtile pudrige Samtigkeit von einer feinen, latent, aber zurückhaltend warmen Weichheit. Myrte haucht sanfte Krautigkeit ein und erdet ein klitzekleines Bisschen, während Sandelholz die Wärme mit einer überaus zurückhaltenden Würzigkeit versieht. Irisierend oszilliert The Nuptial Bouquet so zwischen seinen Polen, all jene Facetten illuminierend, die das Maiglöckchen auszeichnen.
Auch wenn Wissenschaftler Hatt mit seinem Maiglöckchen-Phänomen mittlerweile wohl widerlegt wurde – dieser postulierte, dass Spermien auf einen an Maiglöckchen erinnernden Duft anspringen, den die weibliche Eizelle aussendet und ihnen somit den Weg weist –: Das Maiglöckchen ist und bleibt ein beliebter Bestandteil jedes Brautstraußes. Es hat sich im Laufe der Jahrhunderte vom Symbol der Heilkunde und seinem Dasein als „Marienblume“ zum Zeichen der Liebe entwickelt, der Treue, des Glücks. Ein gutes Omen für eine Hochzeit, keine Frage.
Um The Nuptial Bouquet zu tragen, muss man aber nicht unbedingt eine Hochzeit über’s Knie brechen – das geht auch einfacher. Und zu so gut wie jeder Gelegenheit: Der Duft ist ein schöner, prägnanter, aber doch Understatement suggerierender moderner Damenduft, welchen ich mir zu nahezu allen Gelegenheiten vorstellen kann.
Morgen geht es weiter mit dem letzten Atkinsons 1799-Duft, The Odd Fellow’s Bouquet – lasst Euch überraschen!
Viele liebe Grüße,
Eure Ulrike.
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