von Maître Parfumeur et Gantier fehlt uns noch: Alle Damendüfte stelle ich Euch diese Woche vor und einer ist noch geblieben aus der Reihe Les Fleurs Divines – Tubéreuse.
Eine Tuberose, wie der Name unschwer erkennen lässt. Und es ist eine raumgreifende Interpretation, keine Frage: Bereits auf den ersten Schnupperer wird klar, dass wir es hier mit einem Schwergewicht zu tun haben. Keine Kaugummi-Tuberose im Stile von Fracas, hier geht es schon bedeutungsträchtiger zu. Im Auftakt von mentholischer Schärfe und somit an Serge Lutens Tubéreuse Criminelle erinnernd, entwickelt Tubéreuse recht bald buttrige Anklänge, um dann in eine ganz andere Richtung voran zu schreiten: Rose und Jasmin hat man der Tuberose an die Seite gestellt, welche als Trio ernst genommen werden möchten. Die Butteranklänge bleiben, verweben sich aber mit moosigen Noten, die den Hintergrund zu einem schwer zu durchdringenden Blumenreigen bilden. Unsere drei Schönheiten bilden eine Einheit, eine von leicht indolischem Charakter geprägte, die sich durch pudrige Cremigkeit auszeichnet. Gemeinsam mit den buttrigen Anklängen entwickeln sie zwei verschiedene Facetten auf meiner Haut: Einerseits eine gehaltvolle, die an den Duft von Kosmetik, genauer: von Lippenstiften erinnert. Und andererseits eine kühl-samtig-ledrige, schwere. Überaus weiblich und – gehaltvoll.
Eau de Mûre verspricht schon mit dem Namen eine Beere, die sich viel zu selten in Parfums verirrt – die Brombeere. Diese präsentiert sich hier im Zusammenspiel mit zitrischen Noten, Rose, Sandelholz und Moschus. Ein einfaches Rezept, das seine Wirkung trotzdem nicht verfehlt: Im Auftakt tummeln sich spritzige Hesperiden, zitrisch-säuerlich und prickelnd-herb, die dem Duft Dynamik und ein gewisses flirrendes Moment verleihen. Die Zitrusfrüchtchen bleiben nicht lange alleine: Die Brombeerenkönigin gibt sich die Ehre – und zwar auf einer Sänfte aus zart-würzig-holziger Sandelwärme und weichem Moschus gebettet. Das Röslein unterstreicht die vorherrschende Fruchtigkeit und haucht noch etwas Frische ein. Die Assoziation mit einem Spätsommerspaziergang leuchtet mir ein.
10 Jahre nach L’Artisans Klassiker Mûre et Musc ist Eau de Mûre erschienen, und zwar im Jahre 1988. Eine Ähnlichkeit besteht zweifelsohne, wobei bei mir letzterer das Rennen macht: Komplexer und gleichzeitig leichter ist er für mich – und somit die schönere Brombeere.
Eau Élégante hat für uns auch eine Brombeere in petto, und zwar nebst folgenden Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, Zitrone, Grapefruit; Herznote: Verbena, Brombeere, Himbeere; Basisnote: Sandelholz, Moschus. Frisch, zitrisch, herb und säuerlich im Kopf, brilliert Eau Élégante mit Eisenkraut, frischem, im Herzen, das sich von süßen Beerchen geneckt sieht und auf einer warm-würzig-weichen Basis ruht. Krautig-beerig-frisch-herb – eine tolle Kombination. Und somit ist Eau Élégante ein würdiger Begleiter für wärmere Temperaturen: Ich sehe den Duft vor allem in der Übergangszeit zwischen Frühling und Sommer, wenn es noch nicht heiß ist.
Fraîcheur Muskissime variiert die Ingredienzen nur minimal: Die Zitrone bleibt zu Hause, genauso Verbena – dafür gibt es Jasmin im Herzen und Bergamotte im Kopf. Irgendwo war noch etwas zu lesen von säuerlichen Johannisbeeren – vielleicht sind diese mir jetzt in Buchstaben zu Kopfe gestiegen, ich meine sie aber tatsächlich zu vernehmen, und zwar recht deutlich neben der Herbheit der Bergamotte, die definitiv zu meinen Lieblingshesperiden gehört. Jasmin sorgt hier für Cremigkeit, die sich ziemlich köstlich mit den Beeren vermengt, mmhhh… Und die Basis sorgt einmal wieder für den richtigen Rahmen: Sandelholz und Moschus, eine sichere Bank. Smooth, warm, verhalten würzig und von einer delikaten Süße zeigt sich der Sandel, während Moschus watteweichwärmend wacht.
Die Basis übernimmt der nächste Moschusveredelte, der auf den Namen Sanguine Muskissime hört, und überzeugt auf ganzer Linie mit seinem bunten Hesperidenaufgebot: Gelbe und rote Mandarine, Grapefruit und Zitrone nebst einem samtig-süßen Pfirsich und ein paar aufgedrehten Aldehyden im Kopf. Das macht, wie der Name schon richtig sagt, Spaß: Heiter und unbeschwert ist dieses Früchtestillleben, das Dynamik und Lebensfreude evoziert. Ein toller Agrumenduft, der ist es wert, einmal wieder aus der Mottenkiste des Vergessens geholt zu werden nach all den Jahren seines Bestehens!
Morgen geht es weiter mit den Damen von Maître Parfumeur et Gantier – bis dahin alles Liebe,
Eure Ulrike.
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