Das Haus Jean Patou…

… kann auf eine jahrzehntelange Geschichte zurückblicken: Ihr Namensgeber wurde 1880 geboren und wurde als Modeschöpfer und Kostümbildner eine Designerlegende. 1912 besaß er seine erste Boutique, die auf den Namen Maison Parry hörte – natürlich in Paris. Nachdem Patou dann an der Front im ersten Weltkrieg kämpfte, eröffnet er 1919 seine zweite Boutique, diesmal unter seinem eigenen Namen. Die Pausenjahre hatten seinem Ruf nicht geschadet, er konnte, wie zu lesen ist, nahtlos an seinem Ruhm anknüpfen. Die High Society kaufe bei ihm ein, Reiche, Schöne und Bekannte. Und natürlich kamen nicht viel später auch Düfte dazu, die sein Marke vervollständigten.

Als ich recherchierte, bin ich doch recht schnell über einige Fakten gestolpert, die mir nicht bekannt waren – Wikipedia sei Dank:

1. Jean Patou verwendete später seinen Namen als Monogramm – und stieß damit sicherlich als einer der Ersten den Trend an, der bis zum heutigen Tage vorherrscht, man denke nur beispielsweise an Louis Vuitton.

2. Jean Patou gilt als der Erfinder des Tennisröckchens (Auf dem Foto zu sehen: Suzanne Lenglen, die damals weltbeste Tennisspielerin, erstmalig in einer solchen Kombination zu sehen)

3. Jean Patous Duft Joy, entstanden im Jahre 1929/30 und geschaffen von Henri Alméras, ist neben Chanel No. 5 der erfolgreichste Duft aller Zeiten. Die Gesellschaftsreporterin (heute würde man wohl Feuilleton-Redakteurin sagen) Elsa Maxwell kreierte für Joy den Slogan „Das teuerste Parfum der Welt“, der den Duft berühmt machte (und somit vermutlich auch dafür sorgte, dass es, wenn schon nicht das teuerste, dann wenigstens eines der meistverkauftesten wurde).

Joy, die Legende, war allerdings nicht der erste Duft des Hauses – 1925 erschienen Amour Amour, Que sais-je sowie Adieu Sagesse, alle anderen Frauentypen gewidmet, eine Trias als Ode an die Damenwelt. 1927 kam dann ein Bräunungsöl mit dem Namen L’Huile de Chaldée auf den Markt – eine Sensation zur damaligen Zeit. 1929 folgte ein, für diese Zeit ebenfalls höchst ungewöhnlich, Unisex-Duft namens Le Sien.

Nun ja – was bleibt zu sagen: Nach dem verfrühten Tod Patous 1936 mit nur 56 Jahren übernahm seine Schwester mit ihrem Mann zusammen die Firma, die 2001 in den Besitz von Procter & Gamble wechselte und sich seit 2011 im Besitz von Designer Parfums Ltd. befindet.

Auch hier war ich neugierig: Designer Parfums Ltd. ist ein weltweiter Vertrieb für unter anderem Scherrer, Aigner, Ghost und Worth Paris, die entweder Firmeneigentum sind oder eben durch diese vertreten werden.

Wozu nun die Recherche? Sie bot sich an – und zwar weil die Marke Jean Patou soeben ihre Héritage Collection lanciert haben, die aus drei Düften besteht: Patou pour Homme, Chaldée und Eau de Patou.

Alle drei sind überarbeitete Klassiker des Hauses: Chaldée hatten wir oben schon, Eau de Patou ist von 1976 und Patou pour Homme aus dem Jahre 1980. Leider liegen mir die Originale zum Testen nicht vor und ich muss ehrlich sagen, dass ich keinen der alten Düfte kenne – vielleicht entschuldigt mich aber mein Geburtsjahr ein wenig… 😉 In jedem Fall sehen wir sie uns heute und morgen an.

Das Design gefällt mir ausgesprochen gut und soll deshalb nicht unerwähnt bleiben: Art Déco-inspirierte, bauchige Flakons mit einer Verschlusskappe in Schwarz und Gold gehalten. Sieht sehr wertig aus, gleichermaßen nostalgisch als auch modern. Sehr schön, wie ich finde.

Beginnen wir doch gleich mit Chaldée, der die moderne Variation des ältesten Patou-Duftes darstellt. Wieso Duft, werdet Ihr fragen – oben war doch die Rede von eines Bräunungsöls? Ganz genau. Die 20er Jahre kürzen die Säume der Röcke, die Mode wird mutiger (ok, für uns heute nur noch schwerlich nachvollziehbar, dass überknielange Röcke einmal ein Stein des Anstoßes gewesen sein könnten…) und die Frauen erobern auch die Strände und zwar, man höre und staune, in Badeanzügen. Kurz darauf lanciert Jean Patou Huile de Chaldée, das Bräunungsöl, das an die Ferien der Reichen und Schönen erinnert und sich innerhalb kürzester Zeit großer Popularität erfreute. Der warme, angenehme, sonnige Duft von Huile de Chaldée war so beliebt, dass kurz danach ein Eau de Parfums namens Chaldée veröffentlicht wurde.

Die Zutaten für einen Ausflug in die Sommersonne: Kopfnote: Bergamotte, Orange, Rose; Herznote: Orangenblüte, Narzisse, Jasmin, Flieder; Basisnote: Opoponax, Vanille, Tonkabohne.

Der Auftakt ist zitrisch, aber sonnengereift: Saftig-süße Orange, herb-frische Bergamotte, ein wenig Blattwerk sowie honigsüße Orangenblüten, die allerdings von Narzisse und Rose wässrig-frisch und bittergrün kontrastiert werden. An dieser Stelle weckt der Duft nostalgische Assoziationen: Er riecht nach dem Duft einer Dame von Welt, einer Erscheinung. Und, obwohl er kein klassischer Chypre ist – er erinnert mich sehr an einen Duft, den ich früher geliebt habe und es bis heute tue: An Cliniques Aromatics Elixier. Das dürfte einige von Euch hellhörig werden lassen, oder? Im weiteren Verlauf pudert es ein wenig (mehr), es finden sich zarte weiße Blüten ein, sehr zivilisiert, und die Basis glänzt mit sachten Harzanleihen, würzig-warmem Vanillearoma und sanfter Cremigkeit.

Strandbad. Wenn dann erinnert mich Chaldée an ein altes europäisches Strandbad, vielleicht in Frankreich oder auch in England? In jedem Fall schmeichelt mir der Duft sehr in seiner Nostalgie – und ist meiner Meinung nach auch heute noch wunderbar tragbar. Genau so, wie es bei Klassikern sein sollte und oftmals auch ist.

Morgen geht es weiter mit den restlichen beiden Düften – bis dahin alles Liebe und viele Grüße,

Eure Ulrike.