Ganz besonders freue ich mich als Freund der Literatur über einen Neuzugang in unserem Sortiment: Jardins d’Écrivains – Gärten der Schriftsteller – lautet der verheißungsvolle Name. Die Dufttitel „Gigi“, „Wilde“, „George“ und „La Dame aux Camélias“ rufen bei Kennern der Materie Glücksgefühle hervor. In nächster Zeit werde Euch diese vier Kandidaten vorstellen, beginnen möchte ich mit „George“.
Wenn ein Parfum „George“ genannt wird, gibt es eigentlich nur wenige Möglichkeiten, wer gemeint sein könnte: Ist es der Hollywood-George mit den charmant ergrauten Schläfen, dessen Doppelgänger der ehemalige griechische Nationaltorwart Nikopolidis ist? Warum in die Ferne schweifen, wenn der Georg ist so nah? Ist vielleicht unser Chef, der Inhaber von AUS LIEBE ZUM DUFT, Georg R. Wuchsa gemeint? Dagegen spricht, dass dieser sich bereits mit „Aus Liebe zum Duft No. 1“ ein duftendes Denkmal gesetzt hat. Aber Spaß beiseite, die Franzosen von Jardins d’Écrivains haben natürlich ihrer großen Schriftstellerin mit dem männlichen Decknamen „George Sand“ die Ehre erwiesen.
An dieser literarischen Größe kommt man jenseits des Rheins einfach nicht vorbei – so kennen wir bereits von Histoires de Parfums einen dieser exzentrischen Dame gewidmeten Duft „1804 – George Sand“, den ich vor zwei Jahren hier einmal besprach. Uli war so begeistert von dieser George-Sand-Interpretation, dass sie ebenfalls hier einige Zeilen zu Gérald Ghislains Werk – der wunderbar überreifen Ananas – fallen ließ. Selbstzitate sind nicht nur der erste Schritt zur Habilitation, sondern bisweilen auch ganz interessant, weswegen ich mir erlaube, die Fakten zu George Sands Werdegang zu rekapitulieren:
Mit 18 Jahren heiratete sie [Amandine-Aurore-Lucile Dupin de Francueil] den Baron Casimir Dudevant und muss ein äußerst neugieriger Mensch gewesen sein. Beim Herumwühlen im Sekretär ihres Mannes fand sie dessen Testament, aber auch die Aufschrift, dass dieses erst nach des Gatten Tod zu öffnen sei. Dies hielt sie jedoch nicht davon ab, darin zu schmökern. Der Inhalt muss wohl unerfreulicher Art gewesen sein, denn es kam zu heftigen Auseinandersetzungen und schließlich zur Trennung. Diese war gewissermaßen der Startschuss für eine freigeistige und unkonventionelle Lebensweise.
Zusammen mit ihrem Geliebten schrieb sie ihren ersten Roman „Rose et Blanche“, und bastelte sich aus dessen Namen, Jules Sandeau, das oben erwähnte Pseudonym. Die weitere Zeit war von zahlreichen Liebeleien geprägt, vor allem mit großen Namen wie dem Dichter Alfred de Musset, aber auch Frauen war sie wohl nicht abgeneigt, denn ihr wurde eine Affäre mit der Schauspielerin Marie Dorval nachgesagt. George Sands Wohnung in Paris sollte zu einem Treffpunkt vieler Künstler und Exzentriker werden. Honoré de Balzac, Alexandre Dumas, Franz Liszt und Eugène Delacroix gaben sich die Klinke in die Hand. Über Liszt erhielt Sand Kontakt zu Frédéric Chopin, mit dem sie ebenfalls eine Beziehung einging.
Bei George Sand schieden sich die Geister: sie fand begeisterte Anhänger wie Heine und Dostojewski, oder auch echte Hasser, die sie als „Latrine“ (Charles Baudelaire) oder als „Lactea ubertas“ bzw. „Milchkuh mit schönem Stil“ (Friedrich Nietzsche) titulierten. Bei einer Gesamtproduktion von 180 geschriebenen Bänden und etwa 40000 Briefen ist aber sicher für jeden etwas dabei.
Bei „George“ dachten Jardins d’Écrivains an George Sands Landsitz, auf dem sich die oben erwähnten Herren und Damen Künstler und Bohemians trafen. Dabei soll der Duft genauso rätselhaft und vieldeutig sein, wie die Person, die ihren Namen für ihn hergeben musste.
In der Tat ein individueller und eigenwilliger Duft, der aber ohne Frage eine eigenartige Faszination ausübt. Da ist die Frische von Neroli und Bergamotte im Kopf, die aber sogleich von narkotisch-süß duftenden Blüten übermannt wird. Oder sind das keine Blüten? Myrrhe und Perubalsam sind mit fast schon medizinisch anmutende Noten zur Stelle, Kaffee und Tabak kommen hinzu, ein Lederakkord entsteht, oder bilde ich mir das nur ein? Es riecht nach Politur, nach dunklen Hölzern, nach Herrenzimmer, nach Schuhwachs, nach gepflegten Lederbänden. Die Ledernote wird immer dominanter, die Schärfe weicht … ein feingeistiger Lederduft, der balsamisch ausklingt.
Die Duftnoten
Kopfnote: Neroli, Bergamotte
Herznote: Heliotrop, Kaffee, Tabak
Basisnote: Weißer Moschus, Perubalsam, Myrrhe
Ich habe mich entschlossen, diesen Duft in die Reihe „Echte Kerle“ aufzunehmen, ganz egal ob „George“ nun Mann oder Frau ist. Ich bin wirklich sehr angetan und empfehle allen Freunden von feinen Leder- und Balsamdüften eine Nase voll „George“ zu nehmen. Ihr wisst, dass ich das selten sage, aber für diesen Duft würde ich gerne noch einen kleinen Platz im Schrank freiräumen. Oha!
Viele Grüße
von Carmen
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