… verbringen wir heute, und zwar mit Sacré Cœur und PooPoo Pidoo.
Den Anfang macht – das heilige Herz (oder ist hier das gekrönte Herz gemeint?):
„The heart and base are enriched with reassuring notes of leather, tobacco and patchouli leaves. However, only its appearance is classical. Just as I would imagine our Richard the Lionheart after downing an excellent bottle of Chablis himself, I wanted a heady top note. And here lay the difficulty: how to transplant a Chablis white wine accord into the top note, with a mineral and clearly fruity result. Not so easy in a masculine fragrance!“
Und für was für einen Mann soll dieser Duft stehen, den sich Monsieur Oliver Polge und Aurélien Guichard vorgestellt haben, als sie Sacré Cœur schufen?
„A man who instills confidence, with a heart as big as all outdoors, a man rooted in his values, a man who we think we know and yet who…“
Das hört sich beileibe nach einem echten Kerl an – einem bodenständigen Mann mit Bodenhaftung und Rückgrat sowie ordentlich Gesäß in der Hose. Das soll sich auch bewahrheiten: Der Duft ist maskulin und, wie versprochen, auf den ersten Blick durchaus klassisch. Kühl-würzige Tabakblätter, mit Schmackes ein wenig Leder hinzugefügt sowie Patchouli, der übliche Verdächtige, der hier für etwas Rauch, eine gute Portion Erde und dezente (!) Kakaoanleihen sorgt. Irgendwo zwischendurch spinnt hier meine Nase, denn ich rieche auf meiner Haut – Kamille. Und zwar sehr deutlich, mittendrin und ziemlich prägnant. Der Eindruck hält sich nicht ewig, sondern schwindet langsam dahin, genauso wie der Duft nach dem ersten Sturm auf der Haut das entwickelt, was hier als Chablis-Kopfnote beschrieben wird: Kühle Fruchtigkeit von einer steinernen, ja, tatsächlich mineralisch anmutenden Ausprägung begleitet. Was sind es für Früchtchen, die sich hier verstecken? Ich meine Heidelbeere und Kirsche zu entdecken, bin sehr gespannt, wie Ihr das seht. Subtil sind sie in jedem Fall – und verwandeln diesen typischen Mann in einen gar nicht mehr so typischen Vertreter: Das klassische Moment wird hier aufgebrochen durch eine souveräne, aber dennoch indifferente Kopfnote, die dem Duft das gewisse Etwas verleiht und ihn zu einem charaktervollen, aber dennoch sehr gut tragbaren und alltagstauglichen Männerduft macht, der im Abgang noch aromatisch-maritime, aber gleichermaßen samtige Frische entwickelt. Sehr sehr schön!
Wem unser nächster Kandidat von EgoFacto gewidmet ist, das dürfte sofort einleuchten: PooPoo Pidoo – von wem kann da bitte schon die Rede sein? Norma Jean, die Schöne, auch bekannt unter dem Namen Marilyn Monroe. Eine Filmlegende und amerikanische Ikone, eine tragische, leider. Zu ihren Ehren gibt es bereits einen Duft, nämlich Immortelle Marilyn aus dem Hause Nez à Nez, den ich hier rezensierte. In dem Artikel hatte ich schon über ihr Leben berichtet und dessen Schattenseiten. Und ich habe von dem Duft geschwärmt, von Immortelle Marilyn, jener Haselnussheuseide, der femininen. EgoFacto haben sich auch an eine olfaktorische Hommage gemacht – und zwar unter der Ägide von niemand geringerem als Dominique Ropion, jener begnadete Parfumeur, der ohnehin ein absolutes Händchen für Damendüfte besitzt. Und was für einen Charakter hat er ihr verliehen, der Schönen?
„At first, you could easily let yourself be fooled by its simplicity, as it is constructed on a simple, fresh and delicate harmony. One could mistake it for orange blossom water cologne. However, just like the person wearing it, it is not that well-behaved. It evolves quickly towards more powdery nuances. I was in fact looking for a very pronounced rice powder note, blended with a musk variety that is known for its leathery or even animal character. You think you’ve figured it out and then, poo!“
An der Nase herumführen möchte uns Ropion also mit seinem Duft, was er auch nochmals betont, in dem er über die Persönlichkeit des Duftes (oder dessen Trägerin?) Folgendes sagt:
„A young girl, a young woman, she seems naïve, completely fresh, a little ingenuous. But she surprises you when she reveals her carnal woman.“
Der Wolf im Schafspelz also, eine Lolita in duftender Form. Und wieder einmal passt die Beschreibung perfekt: Die ersten Augenblicke sitze ich da und bekomme – Orangenblütenwasser. Ein sanftes Eau de Cologne mit Orangenblüten, lieblichen, unschuldigen, kein Wässerchen trübenden. Der zweite Eindruck ist dann doch ein wenig – differenter. Und differenzierter. PooPoo Pidoo hat es faustdick hinter den imaginären Ohren: Die angesprochenen Noten kommen zum Vorschein, schillernd, kokettierend, lockend, lasziv. Moschus und Reispuder – ich rieche hier alles Mögliche: Einen leichten Anflug von angekokelten Karamellzuckerkristallen, samtig-würzige und gleichermaßen seidige Anleihen von Pelz(tier), Vintagepuderquasten, flaumige, und, sorry, Croissants. Vielleicht ist die gar nicht so Unschuldige diese gerade, während sie sich in einem Negligée auf einer Chaiselongue räkelt? So ungefähr stelle ich mir das vor. Und muss sagen: Er passt. Eine äußerst gelungene Ode (die mich, irgendwann gegen später im Duftverlauf, auf einmal ein wenig an Brosseaus Ombre Rose erinnert…).
Und, welches ist Euer Favorit bisher? Nächste Woche folgen noch die zwei letzten Düfte von EgoFacto – bis dahin alles Liebe Euch und ein schönes Wochenende,
Eure Ulrike.
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