Die bildende Künstlerin Andrea Maack aus Island erfreute uns bereits mit einigen Duftschöpfungen. Die letzte wurde „Coal“ getauft und soll heute mein neugieriges Riechorgan erfreuen. Bevor ich den Duft teste, könnte ich mir eine tiefschwarze Kreation vorstellen, synthetisch und wie ein Abkömmling der Synthetic-Linie von Comme des Garçons, doch so weit ich sehe ist das nicht der Fall.
Uli hat es einmal erwähnt, ich habe mich ein wenig intensiver mit Island beschäftigt, dem vulkanischen Eiland, das in jedem Bildband oder Diavortragsplakat bis zum Erbrechen als „Insel aus Feuer und Eis“ betitelt wird. Meine Abschlussarbeit widmete ich dem Münchner Rechtswissenschaftler Konrad Maurer, der die Insel 1858 auf dem Rücken eines Islandpferdes bereiste. Sein hernach verfasster Reisebericht sollte meine akademischen Bemühungen erfüllen.
Wie ist Island eigentlich so? Diese Frage sollte man recht schnell bedenken, wenn man Island bereist, denn kaum hat man die Mondlandschaft um den Flughafen Keflavík hinter sich gelassen – man kommt mit einem Ureinwohner ins Gespräch – so wird man recht schnell in geschliffenstem Björk-Englisch gefragt: „So how do you like Iceland?“ Mögliche Antworten – Schlüssel zum isländischen Herzen: Viele Isländer sind der festen Überzeugung, dass ihr Wasser das beste der Welt sei und so folgern sie, dass auch ihre Milch und selbst ihre Cola von hervorragender Qualität sei, denn das gute isländische Wasser ist ja die Basis dieser Lebensmittel. Solltet Ihr geradezu beiläufig einmal fallen lassen, dass Ihr ganz erstaunt seid, warum die Milch oder die Cola so ausnehmend gut schmecken, werdet Ihr mit Sicherheit das Herz eines jeden Isländers erobern. Und niemals ein Islandpferd als Pony bezeichnen! Sonst wird euch Thor mit seinem Hammer zermalmen.
Das exzellente Wasser ist selbstverständlich auch dafür verantwortlich, dass die isländischen Frauen so wohl geraten, wozu es noch eine konkurrierende Theorie gibt, welche diese isländische Bierwerbung reichlich selbstironisch propagiert:
„Coal“ ist ganz meine Kragenweite, da kommen feine Pfeffernoten auf, und warum muss ich an Likör denken? – Es werden wohl die Wacholderbeeren sein, die in irgendwelchen ginverwandten Hirnwindungen herumgeistern und diese Assoziation auslösen. Ja das Herz. Es ist trocken, wofür vornehmlich das Zedernholz arbeiten musste…Papyrus und Kohle sind als solche nicht wirklich wahrnehmbar, weder auf dem Streifen noch auf der Haut.
„Coal“ fühlt sich vertraut an, fast altertümlich, wie glimmender Weihrauch. Beschützend und dick wie eine abgenutzte Lederjacke, wie die Eindrücke in einem Gewürzladen. Aber auch staubig und gekörnt. Eine vielschichtige und marmorierte Konstruktion voller Finsternis, violett, schwarz und braun.
Die Duftnoten
Kopfnote: Szechuanpfeffer, Rosa Pfeffer, Wacholderbeeren
Herznote: Zedernholz, Papyrus, Kohle
Basisnote: Sandelholz, Patchouli, Leder
Von den restlichen Noten sollte vor allem noch eine feine Ledernote herausgestrichen werden, die der gesamten Komposition eine grundsätzliche Milde verleiht. Für meinen Geschmack hätte man der Mischung ein bisschen mehr Bums mitgeben können, etwas satter aufgesprüht entfaltet sich die Geschichte aber wunderbar. Eine leicht süßlich-likörige Note, trockene, aber nicht wirklich holzige Aspekte und eine weiche lederähnliche Basis.
Ich bin begeistert! Wirklich ein durch und durch gelungener Duft übrigens entschieden unisex. Wer Penhaligon’s „Juniper Sling“ oder Mark Birleys „Charles Street“ so wie ich schätzt, sollte es auch unbedingt mit „Coal“ versuchen.
Weitere Islandklischees gibt es dann zu Andreas nächstem Duft – eine kleine Vorschau: warum sind isländische Telefonbücher nach dem Vornamen sortiert? Wieso hat Island die statistisch höchste Dichte an Literaturnobelpreisträgern? Gibt es wirklich eine Elfenbeauftragte? Kann man sich in Island im Wald verlaufen? Das isländische Eau de Schwefel aus dem Wasserhahn und vieles mehr…
Liebe Grüße
von Harmen
Schreibe den ersten Kommentar