Heute geht es weiter mit Monumentalem – den Düften von nu_be, die nach diversen chemischen Elementen benannt sind. Gestern haben wir den Urknall schon vorbereitet mit ¹H Hydrogen, Wasserstoff. Heute vervollständigen wir ihn mit ²He Helium und ³Li Lithium.
²He Helium entstammt der Phiole von Sylvie Fischer, die ein bisschen undurchsichtig zu sein scheint. Sie ist Parfumeurin bei Takasago (einem der großen Aromastoffhersteller) und hat wohl bereits für Armand Basi gearbeitet und für Kenzo. Einer oder mehrere der Victoria Beckham-Düfte gehen auf ihr Konto, darüber hinaus Düfte für Harley Davidson, Rochas und Jil Sander (Sun Sorbet). Ihre Inspiration für ²He Helium liest sich sehr interessant:
„I’ve been inspired by the idea of hot air-balloon and smoke… I thought of a meditative scent, of a Zen atmosphere. On top qualitative Italian bergamot, to give some freshness. The precious iris concrete and the Damask rose for a feminine effect. Mysterious balsamic tones of benzoin, Turkish styrax and cinnamon bark. Deep patchouli and mystic guaiac wood, together with clary sage and tobacco leaves, to recreate a narghile accord, spiritual and intense. And for the smoke effect, a beautiful vetiver to sign the scent in authenticity and elegance.“
Ein Heißluftballon und Rauch – das finde ich ist eine so tolle Idee und hört sich soo gut an! Meditativ und kontemplativ soll er sein, der Duft, beschützend und behütend. Spirituell anmutend, rauchig und von Zucker geküsst, ein Fels in der Brandung und gleichermaßen sich weiterentwickelnd… Hört sich schön an und ist es auch, obgleich ich jetzt nicht unbedingt weiß, ob ich sofort an einen Heißluftballon gedacht hätte, wohl eher nicht. Das allererste, was meiner Nase begegnet, ist zuckrig-süß-scharfer Zimt, von Muskat pfeffrig gewürzt und von samtener Iris geküsst. Ein Dreiklang für Götter, der mittels pudrigem Tabak, fein-süßen Rauchschwaden, karamellig-kokeligen Harzen und einem Hauch Wildleder veredelt wird. Was für ein deliziöser Genuss! ²He Helium schwebt, und wird in seinem Schweben von zarten Zitrussternchen beleuchtet. Die Rose allerdings, die ich noch finden sollte, bahnt sich weder von meiner Haut noch vom Teststreifen den Weg in mein Gehirn. Die brauche ich hier aber auch nicht – ²He Helium ist so oder so ein Vergnügen. Zimtfans sollten in jedem Fall blind testen. Ansonsten könnte ich, der Einordnung zuliebe, noch die gewagte These aufstellen, dass ²He Helium so etwas wie das Kind einer Amour Fou zwischen Ambre Narguile von Hèrmes und Traversée du Bosphore von L’Artisan Parfumeur sein könnte… Na, Interesse geweckt?!?
³Li Lithium ist Duft Nummer Zwei aus dem Hause nu_be für heute und ist eine Schöpfung von Nicolas Bonneville. Dieser ist quasi noch ein Jungspund, aber ein extrem vielversprechender: Bereits im Alter von 21 Jahren hat er seinen ersten Duft kreiert. Und mit Mitte Zwanzig hat er schon die ISIPCA durchlaufen, jene Kaderschmiede der Parfumeure. Bei Takasago, dem Aromastoffhersteller, heuerte er danach an – eingestellt von niemand anderem als Francis Kurkdjian persönlich. Hier ist es wohl einmal keine Marketinggeschichte, wenn Bonneville behauptet, dass er als Kind schon Düfte liebte und sich an ihnen versuchte: Als er zwölf Jahre alt war, lernte er wohl bei einem Urlaub einen Parfumeur in Grasse kennen, der ihm einige Dinge zeigte und ihn für Düfte begeisterte. So kam der junge Nicolas wohl Jahr für Jahr wieder, um zu lernen. Sein Vater, von Beruf Chefkoch, zeigte für diese Leidenschaft wohl großes Verständnis – mit diesen Vorkenntnissen und dieser Begabung war es wohl kein großes Wunder, dass Bonneville sich nun in jener Anstellung wiederfand. Hier könnt Ihr Euch einen kleinen Eindruck machen von dem jungen Mann:
Perfumer by IndaboX from IndaboX on Vimeo.
Nun aber lasst uns doch einen Blick auf den Duft erhaschen und auf dessen Inspiration:
„Lithium to me is the element of contrast. Even if its Greek meaning is „stone“, it is the lightest of metals. Thinking of this duality, I’ve tried to olfactively represent it in a scent recalling the antitheses, enhancing energy and consistency, lightness and subtleness. I have thought it through very carefully… Slowly evoking the smell of flint, the heat after the spark. I have played with the ingredients in a harmony of contrasts: the tenacious presence of woods, cedar wood and patchouli, the softness of musk, the energy of spices and the subtleness of rose, the intensity of iris and the preciousness of saffron. Here it was, [3Li], primordial smell of flint and leather blended with the soft warmth of saffron and the ephemeral freshness of the rose. Both strong and delicate, a scent memory of lithium…“
Ambivalenz, Kontrast, Antithese und Gegenpol(e) – das sind hier die Schlagwörter zu Bonnevilles ³Li Lithium. Stein, Feuerstein, Metall… und das alles mit Rosen, Hölzern, Zedernholz, Patchouli, Moschus, Iris, Gewürzen und Safran.
Ich habe keine Ahnung, wie Herr Bonneville diesen Duft zusammengesetzt hat – es wird einem aber sofort klar, dass ³Li Lithium von vorne bis hinten durchdacht ist. Die Zutaten kennt Ihr ja jetzt, ich will Euch einfach mal schildern, was ich hier alles rieche, was auf mich einströmt – kleines Brainstorming: Zitrische Schärfe, nein, keine Hesperiden mehr… Safran, deutlich und dominant. Herbheit, Bitterkeit, prall-dralle feucht-seltsame Fruchtigkeit, gewürzt-likörige, bald begleitet von einer süßen Wärme, die mich an von Ambra geküsste, durch Hitze zerlaufene Safrangummibonbons erinnert, die in irgendeinem steinernen Rauchfang liegen. Rosenwasser löscht und benetzt – und bringt samtig-sanfte Rauchschwaden, von Blüten erfrischt, hervor.
³Li Lithium ist ein sehr spezieller Duft, den man sich erst erschließen muss – der dann aber einen interessanten, markanten und charaktervollen Weggefährten für Männer wie Frauen abgeben kann. Wenn man bereit ist, sich einzulassen, auf ihn.
Morgen folgt der letzte Teil der nu_be-Kollektion – Ihr dürft weiterhin gespannt sein!
Bis bald und viele liebe Grüße,
Eure Ulrike.
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