Der letzte Tag mit Xerjoffs neuer Join the Club-Kollektion… schauen wir mal, was uns noch erwartet mit Kind of Blue, Marquee, More than words und Shunkoin.
„Kind of Blue huldigt – dem Jazz, wie soll es auch anders sein? Benannt nach einer Platte von Miles Davis, die nicht nur als das beste seiner Alben gilt, sondern auch von vielen Kritikern als das beste Jazzalbum überhaupt bezeichnet wird. Da hat sich der Duft natürlich einiges vorgenommen? Ob er auch der Beste aus der Kollektion wird? Wir werden es bald sehen: Kind of Blue versucht es, und zwar mit Orangenblüte und Aldehyden, Nelken, Narzissen und Rose, die auf einem milchigen Bett von Sandelholz und Irispuder ruhen.“
Hier ein nettes kurzes Video zu den Hintergründen jenes legendären Albums aus dem Jahre 1959:
Kind of Blue eröffnet mit fruchtigen Aldehyden, die sich alsbald mit süßen Orangenblüten und pudriger Iris vermählen und dem Duft einen zünftigen Vintagecharakter verleihen. Dazu gesellen sich Rosen, die Kind of Blues skinnige Anklänge unterstreichen, die an jenes Genre der pudrigen, nach „altem“ Make-Up duftenden Parfums anknüpfen. Mich erinnert die Kreation, die von würzigem Sandel untermalt wird, sehr an den Stil der alten Chanel-, sowie ein wenig an einige alte Caron-Düfte. Liebhaberinnen jener Perlen müssen auf jeden Fall testen!
„Marquee bezeichnet jene verheißungsvolle Leuchtschrift, die gerne mal über den Pforten von Theatern, Kinos, Veranstaltungsstätten blinkt und uns den Weg weist – in eine Welt voller Abenteuer und Überraschungen, die es an diesem Abend zu entdecken gilt. Marquee, der Duft, hat sich ganz dem Musical verschrieben, dessen erzählten Geschichten und gedichteten Märchen. Gedacht hat man dabei natürlich an die Bühnen im Londoner West End, die Broadway-Theater und einige berühmte Opern. Hinter den Kulissen herrscht angespannte Hektik, Nervosität und Trubel, um vor den Kulissen die perfekte Show zu zelebrieren. Marquee atmet diesen Geist jener Welt im Scheinwerferlicht, auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Eine Rose hat man beim Duft in den Mittelpunkt gestellt, ein pudriges Röslein samt einer skinnigen Jasminfreundin, untermalt von Ambra und Vanille. So weich wie Kaschmir soll er sein, der Duft. Und so feminin wie es nur geht, schätze ich. Auf diese Dame hier bin ich gespannt.“
Auch bei Marquee haben wir es mit einem waschechten skinnigen Make-Up-Duft zu tun, allerdings zielt er im Gegensatz zu seinem Vorgänger Kind of Blue in eine ganz andere Richtung: In die der cremig-floralen Gesellen. Marquee ist eine Verführerin, eine betörende – hautnah duftet er nach taufrischen Rosen mit leisen fruchtigen Akzenten sowie nach milchig-süßem Jasmin, opulent meine Nase umgarnend. Vanille unterstreicht den cremigen Charakter, jene Blütenweiche, während Ambra lediglich unterschwellig für eine sanfte Würze sorgt, ohne dem Duft allzuviel Harzwärme einzuhauchen.
Sowohl Marquee als auch Kind of Blue sehe ich nicht an Männern, sondern nur auf Frauenhaut. Dafür gibt es jetzt etwas für die Herrenwelt Taugliches:
„More than words… Mehr als Worte, aneinandergereihte – das ist sie, die Literatur, und erst recht die Poesie. Um auf diesen Gedanken zu kommen muss man kein Literaturwissenschaftler sein, das erschließt sich jedem, der sich schon einmal richtig verliebt hat in ein Gedicht, der sich schon einmal wirklich verloren hat in einem Buch. Inspirierend sind die Kreise, die künstlerischen, denen More than words gewidmet ist: Ein Club, da muss ich nun Harmens schöne Übersetzung zitieren, „für Individualisten und Intellektuelle, die querdenken, sich auf sympathische Weise der Norm entziehen, brillante Rhetoriker und unermüdliche Geschichtenerzähler. In diesem Club herrscht ein ironischer Geist, der vergnügt und augenzwinkernd in der leicht dekadenten Ausstattung debattiert. Die nostalgische Atmosphäre erinnert an die düstersten englischen Schauerromane und verlagert sie in ein Pariser Lokal der Belle Époque mit einer umfassenden Bibliothek der russischen Hochliteratur in wertvollen Ausgaben. Die scheinbar willkürliche Überlagerung von Stilen, Zeiten und visuellen Eindrücken ist gewollt und verdichtet sich zu einer Art imaginären Barriere zur äußeren Welt. Die Poeten des neuen Jahrtausends finden hier die vollkommene Ausdrucksfreiheit und präsentieren ihre von widersprüchlichen Gefühlen animierten Werke. Diese vereinen eine vibrierende Handschrift mit faszinierender Klarheit.“ Umgesetzt wurde dieser Vorsatz mit Hölzern und Rauch, mit Weihrauch, Ambra, Labdanum und… tatatataaa – Oud. Erinnern soll es an Bibliotheken und elegante Roben – ich besitze beides, bin also gespannt, ob der Duft genauso (gut?) zu mir passt ;)“
More than words wird sowohl Herren als auch Damen erfreuen, handelt es sich hierbei doch um einen für beiderlei Geschlechter absolut tragbaren Duft. Ein Harz- und Oudfan sollte man aber sein, denn diese dominieren jenen der schönen Kunst der Literatur gewidmeten Duft. Das Oud hat man hier sehr zurückgenommen und zivilisiert in Szene gesetzt, es zeigt sich nicht sonderlich dominant, was seine üblichen medizinischen, rauchigen Facetten angeht. Viel eher präsentiert sich der Duft als ein trockener und überaus warmer, verhalten und erwachsen süßer Harzling von feiner Rauchigkeit. Glimmend, wärmend, schmeichelnd und von einer harmonischen, exzellent abgestimmten Würze. Auf meiner Haut fügt sich das Ganze so zusammen, dass ich darunter zart schmelzendes Karamell wahrnehme, das in Ansätzen auch auf dem Teststreifen zu erkennen ist. Ich bin gespannt, ob Ihr es auf Eurer Haut auch wiederfindet!
„Und zu guter Letzt, was kommt da? Na klar, die Faustische Gretchenfrage… Shunkoin wurde benannt nach dem gleichnamigen Zen-Tempel in Kyoto, erbaut im Jahre 1590. Der religiöse Hintergrund hier dürfte klar sein – Budddhismus und Spiritualität sind hier gemeint, gefragt und gewünscht. Shunkoin soll uns auf eine Reise mitnehmen, tief hinein in die Kultur Japans und rückt dabei das Ritual des Teetrinkens in den Mittelpunkt, das sowohl für den Buddhismus als auch für Japan generell von großer Bedeutung ist. Bitteres Grün, Teeblätter und leise milchige Anklänge von zarter Sandelwürze verschmilzen hier mit Hölzern, erdiger Iris und Vanille. Hört sich kontemplativ an, entspannend und wie ein Seelenschmeichler, oder nicht?“
Shunkoin ist der letzte Kandidat und wie so oft mein heimlicher Liebling der Kollektion: Mögen muss man ihn, er ist recht speziell, ohne jedoch aufdringlich zu sein, ganz im Gegenteil. Wir haben es hier mit einem schönen Understatement-Duft zu tun, der von (s)einer Ambivalenz lebt, die ich ganz herrlich finde: Einerseits dunkelstes bitter-herbes Grün, frisch geschnittenes Gras und zermahlene Teeblätter – und andererseits eine weich-würzige Milchigkeit mit Vanilleanleihen, die von süßem Irispuder gekrönt wird (der, nebenbei bemerkt, den Duft im weiteren Verlauf irgendwann deutlich dominiert). Das ist – anders und innovativ. Shunkoin ist von einer sanften Schönheit, die sicher einige sehr verzaubern dürfte. Freunde von Humiecki & Graefs Candour sollten in jedem Fall einen Test wagen.
Habt Ihr denn alle schon geschnuppert? Was spricht Euch an?
Ich bin gespannt!
Viele liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
Eure Ulrike.
Hallo Ulrike,
Shunkion wäre mir einen Versuch wert. Im Augenblick bin ich so von Düften und Proben von anderen Parfumos eingedeckt, dass muss ich erst durcharbeiten. Und dann werde ich alles, was sich wiederholt, ich nicht so mag und so, erstmal aus dem Verkehr ziehen. Dass sie aus dem Kreislauf des Duft-Crossings verschwinden. Entweder ich benutze sie selber oder habe dankbare Abnehmer die nicht zu Parfümgemeinder gehören. More Than Words habe ich von einer Parfümfreundin bekommen, die die Probe von Euch hat. Sie hat sie mir überlassen mit der Bitte um Prüfung.
Das Oud riecht schon so recht schweißig und sehr sehr deutlich ohne Duftstreifen im Raum. More Than Words hat auch auf dem Duftstreifen etwas animalisch Anziehendens. Auf der Haut ist es Oud ein harziger Geruch, wenn es nur Oud wäre. Jedoch der Duft klebt derart auf der Haut, eine Wahnsinnsschleppe, weder Duschen, Creme noch Alkohol entfernen ihn. Aber ich bekam rote Flecken davon im Gesicht, Bläschen auf der Haut an den Stellen wo ich das aufgetupft hatte. Es ist ein sehr penetranter Duft. Aber das ist ja nun wirklich alles individuell. Ein sehr „besonderer“ Duft. Mich erinnert er wirklich an die Welt der Schönen und Reichen, Yachten, Privatjets, Reisen an Orte, die nur den ganz Reichen zugänglich sind, die wir nicht kennen. Ganz weit weg von meiner Welt. Ich wüßte grad keine Gelegenheit zu der ich den Duft tragen könnte.
Was ich gar nicht verstehe ich der Bezug zu Büchern. Weder äußerlich, olfaktorisch, noch von den Inhalten her.
Mir entgeht vielleicht die Ironie.
Es ist jedoch schon ein Erlebnis so einen Duft probieren zu können. Ich werde die Abfüllung nicht weiter geben, außer jemand barmt sich danach. Man weiß ja nie, vielleicht ist man irgendwann so drauf, da muss man total gegen etwas anstinken. Das wäre ein solcher Duft dazu.
Und sonst: Viel zu viele Wünsche, eine schönes Wochenende und herzliche Grüße
Waltraud
Für mich als Iris-Eule hörte sich Shunkoin stark nach einem Must-Try an und so habe ich auch schnell ein Pröbchen geordert.
Es ist in der Tat einer der schönen, zarten Understatement-Düfte wie ich sie liebe. Er erinnert mich entfernt an Lumière Blanche, ich finde, die milchigen Sandelholzanklänge sind bei beiden ähnlich.
Leider kommen die würzig-bitteren Noten auf meiner Haut fast gar nicht zum Vorschein, dafür umso mehr die Vanille. Und da fängt schon das Problem an, wobei es zum Glück nicht so schlimm ist, wie bei anderen Vanille-Düften.
Ich werde Shunkoin auf jeden Fall noch mehrere Chancen geben, in der Hoffnung, dass es irgendwann klappt mit uns beiden, so wie es schon bei Lumière Blanche der Fall war…
Liebe Grüße
Dorothea
Huhuu Ihr Lieben,
@ Waltraud: Ich kenne das mit den vielen Proben, die es erst einmal durchzuarbeiten gilt. Auch wenn ich ein mittlerweile recht geübtes Näschen habe ist ja irgendwann nach Duft X auch mal die Aufnahmekapazität erschöpft. Auch für mich gibt es ständig noch soo viel neu zu entdecken – man kommt kaum hinterher.
Den Bezug zu den Büchern… nun ja, den erkenne ich bei More than Words auch nicht wirklich. Ich fand ihn trotzdem hübsch.
Hast Du mittlerweile auch die Iris getestet?
@ Dorothea: Das ist aber schade, dass Deine Haut die komplette Bitterkeit schluckt 🙁 Hast Du Dich sonst mittlerweile mit der Vanille anfreunden können?
Viele liebe Grüße,
Uli.
Liebe Uli,
diese Woche endlich Kind of Blue getestet und absolut angetan gewesen. Blau ist meine Lieblingsfarbe und so konnte ich schon vom Namen nach nicht drum herum. Bei mir wechselt der Duft so hin und her und ist ganz samtig und anschmiegsam. Das war mein erster Duft von Xerjoff und mein Interesse ist geweckt. Werde noch mehr testen.
Ja, Kind of Blue ist ein Netter, gell? Bist Du mittlerweile schon weiter vorgedrungen in das große Xerjoff-Universum?
Weiter vorgedrungen ins Universum und Marquee getestest
finde den Duft auch wunderschön – aber Kind of Blue lässt mein Herz noch einen Tick höher schlagen.
Begründen kann ich es nicht, aber Kind of Blue gebe ich den Vorzug!