Ein herzloser Geselle, dieser „Blenheim Bouquet“!

Ich liebe große Bilder! Einem absoluten Klassiker darf man auch mit überdimensionierten Bildern huldigen, immerhin hat Blenheim Bouquet von Penhaligon’s über 100 Jahre auf dem Buckel. Blenheim verweist wiederum auf den Blenheim Palace in der Grafschaft Oxfordshire bei Woodstock, einem Schloss, das zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Seit seinem Bau zu Beginn des 18. Jahrhunderts für den 1. Duke von Marlborough ist es in Familienbesitz und zählt heute bereits den 11. Duke in seinen Mauern. Dort sollte im November 1874 der berühmte Winston Churchill, als Enkel des 7. Duke von Marlborough, zur Welt kommen und es wird berichtet, dass er den hauseigenen Duft überaus geschätzt haben soll.

Bei historischen Düften ist freilich die Erwartung schräger und experimenteller Duftkreationen fehl am Platze. Bereits im Jahre 1902 wurde „Blenheim Bouquet“ eigens für den damaligen Duke of Marlborough von Penhaligon’s hergestellt.

Man könnte eine gewisse Opulenz erwarten, die dem Barockschloss den gebührenden Respekt zollt, oder es könnte das Zeitalter gepuderter Perücken wiederauferstehen, aber weit gefehlt. Wirft man einen Blick in die Duftnoten, schlägt „Blenheim Bouquet“ eine ganz moderne und für die damaligen Verhältnisse unkonventionelle Richtung ein.

Besonders gefreut habe ich mich über eine trockene britische Bemerkung zu „Blenheim Bouquet“ auf der Herstellerseite:

Head Notes
Lemon, Lime and Lavender

Heart Notes
Blenheim Bouquet has no heart notes

Base Notes
Pine, Musk and Black Pepper

Wie darf man das verstehen? Schon Lord Byron klagte: „Maid of Athens, ere we part, / Give, oh, give me back my heart!“. Ob unser Genosse „Blenheim Bouquet“ möglicherweise sein Herz an eine Dame verschenkt hat? Und in der Tat, ich bin erstaunt, da ich feststellen muss, dass man den Duft durchaus auch ohne Herznoten lesen und verstehen kann. (Bei Aus Liebe zum Duft rutschte offenbar Lavendel in die Herznote, was ich noch einmal überdenken muss).

Glasklare Zitronennoten verbinden sich mit krautigem Lavendel, zügeln diesen jedoch bis zu einer gedämpften Krautigkeit. Nun ist es nicht so, dass wir ohne Herznoten ins Bodenlose stürzen oder der Duft eine kleine Pause macht. Die Noten greifen ineinander und so werden nach und nach dezente Kieferntöne wahrnehmbar – vollkommen frei von jeglichen Saunaaufgussassoziationen (dieses Wort besitzt viele doppelte Konsonanten und Vokale, ich bin beeindruckt). Der Schwarze Pfeffer streut weitere Gewürzakzente mit hinein.

„Blenheim Bouquet“, den es auch als Variante für die Brause oder als Nachbereitung der Bartschur zu erstehen gibt, zeigt sich alles in allem als klarer, klassischer, frischer, grüner und krautig-würziger Duft. Vielleicht könnte man auch sagen, dass er medizinische Aspekte besitzt, ohne es aber zu übertreiben.

Tendeziell eher für einen Herrn – sagen wir ab 30 – kreiert, finde ich, dass er durch seine klassische Schlichtheit und durch seinen Retro-Charme hervorragend in jedes Herrenbadezimmer gehört. Mit „Blenheim Bouquet“ besitzt man einen unaufdringlichen, klar strukturierten Duft, der im Freizeitbereich wie zu gehobenen Anlässen stets passend wirkt.

Ich ziehe meinen Zylinder!

Herzliche Grüße
von Harmen