Das mit der weißen Weihnacht…

– das war wohl nichts, zumindest nicht hier bei uns. An Heiligabend war ich bei meinen Eltern und hatte noch nicht einmal eine Jacke mit, lief eilig in den Nachbar, der sich draußen vor der Türe mit Handy und Zigarette vergnügte – im T-Shirt wohlbemerkt. Das habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Und auch dieser Tage soll es ja nicht unbedingt viel kälter werden, eher im Gegenteil. Wie ist das bei Euch – wünscht Ihr Euch Schnee zu Weihnachten, muss es kalt sein? Oder freut Ihr Euch gerade ob der milderen Temperaturen?

Ich für meinen Teil habe schon eine ganze Weile „August im Dezember“, Herr Kormann sei Dank – der überaus sympathische Berliner, über den ich schon mehrfach berichtet habe – siehe unter anderem sein herrlicher Weihrauch-Duft Eau du Fröhliche, Rezension Teil 1 und Teil 2 – hat mir einen Flakon seines gleichnamigen Duftes für (m)eine Rezension überlassen, an dem ich mich dieser Tage ergötzen konnte. Auch an den kalten, die wir ja durchaus schon hatten. Die Kleine-Muck-Nummer funktionierte ja leider nicht: Nase über dem Flakon, dreimal mit den gießweinbewollpuschten Hacken aneinandergeklopft – und schon ist draußen Sommer. Oder ich zumindest irgendwo anders, wo gerade Sommer ist. Macht aber nichts – August, der olfaktorische, tröstete mich gerade ganz hervorragend darüber hinweg, dass es kalt war. Und jetzt nähert sich das Wetter doch noch so an, dass draußen fast schon wieder August sein könnte… In jedem Fall macht er Spaß, der olfaktorische August, und mir war es eine Herzensangelegenheit, ihn Euch noch dieses Jahr vorzustellen.

Erik Kormann und die Monate, das ist so eine Sache: Seit einiger Zeit ist der Berliner dabei, das Jahr olfaktorisch zu bebildern, und der August war ein besonderer Erfolg: „Ein zartes Mandarinenparfum, mit Blümchen, Hölzern und Moschus geschmückt“ lässt Kormann über seinen August verlauten – und trifft damit den Nagel auf den Kopf, dazu kommen wir aber später… Die Nachfrage nach seinem August war und ist ungebrochen – der Grund für Kormann, das eigentlich wie alle seiner Düfte limitierte Parfum noch ein letztes Mal aufzulegen. Aber lassen wir ihn doch einmal selbst zu Wort kommen:

„Nur noch ein Mal, ein einziges und letztes Mal werde ich den August produzieren. Es war nie meine Absicht, ein eigenes, handgemachtes Parfum über Jahre hinweg, immer wieder neu anzusetzen und zu verkaufen. Längst ist das Rezept veröffentlicht und die im August enthaltenen Riechstoffe sind nicht so schwer zu beschaffen. Doch weil immer und immer wieder die Frage nach dem August kommt, habe ich heute einen letzten Ansatz fertiggestellt. 77 Flaschen à 50 ml sind bestellt – die gehen nächste Woche in die Druckerei – und bis dahin schlummert der Ansatz aus Parfum, Ethanol und Wasser im Tiefkühler. Dann wird dekantiert, gefiltert und abgefüllt. Dann ist noch ein Mal August. Acht Riechstoffe für den achten Monat, für den Monat der Löwen – weil auch ich einer bin -, noch einmal Mandarine und Iso e Super satt.“

Und was findet sich im August, woraus ist er gemacht, der Sommer? Aus Moschus, genauer: Galaxolide, Iso E Super, auch „Esprit du Bois“ genannt. Iso E Super ist ein unglaublicher Stoff, dem schon der Parfumeur Geza Schön mit seinen Escentric Molecules-Düften huldigte. Aus dem Hause IFF stammt dieser Aromastoff, der Grundlage vieler grandioser Düfte ist:

„“Smooth, woody, amber with unique aspects giving a “velvet“ like sensation. Used to impart fullness and subtle strength to fragrances. Superb floralizer found in the majority of newer fine fragrances and also useful in soaps. Richer in the desirable gamma isomer than isocyclemone e.“

Iso E Super wird von manchen gar nicht als Geruch wahrgenommen, erzeugt aber, wie die EM-Düfte von Geza Schön schon eindrucksvoll bewiesen haben – man diskutiert mehr als kontrovers darüber im Netz – dass die meisten Menschen den Duft als überaus angenehm empfinden, ohne ihn wirklich als Parfum oder Bestandteil eines Parfums zu erkennen. Eine pheromonähnliche Eigenschaft, die das Iso E Super besitzt, welches im übrigen gerne von Parfumeuren wie zum Beispiel Jean-Claude Ellena angewandt wird. So findet es sich in diversen Hermès-Düften, aber auch zum Beispiel in Diors Fahrenheit, Trésor von Lancôme, Déclaration von Cartier oder auch Shiseidos Feminité du Bois. Leicht süß, zart, mitunter ein wenig pfeffrig und an Zeder erinnernd zeigt sich das Iso E super, das Flüchtige, und ist bestens geeignet, in holzigen, floralen oder auch fruchtigen Düften verwendet zu werden. Kormann hat dazu bereits einmal einen tollen Artikel in seinem ebenfalls tollen und sehr lesenswerten Blog geschrieben, den ich Euch nicht vorenthalten möchte – siehe hier.

Mikan (mandarin)

Eine süße Mandarine findet sich im Duft ebenfalls, genauso wie Hedione und Lilial. Kormann ist ein echter Hedione-Fan, denn auch zu diesem oftmals als jasmin-ähnlichem Stöffchen hat er bereits einen Blogartikel veröffentlicht – siehe hier. Und auch hier haben wir es mit einem echten Aromastoff-Schwergewicht zu tun. Hedione wurde vor ziemlich genau 50 Jahre im Hause Firmenich entwickelt, und zwar von Edouard Demole. Der Name leitet sich von dem griechischen Wörtchen hedone ab, was soviel wie Freude, Genuss, sinnliche Begierde, Lust, Leidenschaft bedeutet. Hedione muss wohl in Düften ähnlich wirken, stiftet es zumeist floralen Düften hervorragend Tiefe und lässt die Blüten in ihnen erst richtig erstrahlen. So wundert es auch nicht, dass Hedione in diversen Klassikern verwendet wurde und wird: Diors Eau Savage von Roudnitska ist ein Beispiel dafür, Diorella lebte schon fast davon genauso wie Cliniques Aromatics Elixier oder Happy. Comme des Garçons Odeur 53 hat den wohl höchsten Anteil Hedione, der in einem am Markt befindlichen Parfum vertreten ist. Heutzutage ist die Verwendung mal wieder dank IFRA und deren komischer Vorschriften – siehe hier – eingeschränkt.

Muguet

Lilial stammt aus dem Hause Givaudan, dem dritten großen Aromastoffhersteller, über den wir heute hier stolpern. Lilial kann, je nach Sorte, entweder blumig-ölig riechen oder eher aldehydisch. In jedem Fall wohnt dem Duftstoff ein gewisses Maiglöckchenaroma inne.

Nun haben wir auch schon so gut wie alles durchleuchtet, was es im Vorfeld zu August und seinen Zutaten zu sagen gibt. Die Zahl Acht spiegelt sich in der Verpackung wider: Natsu ist dort auf Japanisch zu lesen, das Schriftzeichen für Sommer, sowie eine Acht. Und entschlüpfen wird August beim Kauf einer kleinen, an einen Nudelimbiss erinnernden Pappverpackung – eine originelle und liebevolle Idee, wie ich finde. Aber widmen wir uns jetzt endlich dem Duft, über den ich vor einiger Zeit für unseren Shop Folgendes geschrieben habe:

„Kormanns August ist eine olfaktorische Impression eines Sommertages und verströmt schon mit dem ersten Hauch Sommer, Sonne und Sonnenschein: Herb-zitrisches Petitgrain, erfrischend und dynamisch, erfreut die geneigte Nase im Auftakt. Das Herz zeigt sich überbordend voll mit saftig-süßen Mandarinen, die eine samtige Aura kreieren und den ganzen Duftverlauf über erhalten bleiben. Umrankt werden diese von zarten Blümchen, dezent untermalt von sanftem Moschus. Freuen Sie sich mit uns über diesen schönen Duft, der für Mandarinen- und Hesperiden-Freunde einen wahren Genuss darstellt!“

Saturated III

Ich bleibe dabei: Gleich im Auftakt nehme ich Petitgrain war, grün-zitrisch-säuerlich, das alsbald überleitet zu einer saftigen, süßen Mandarine. Quietschvergnügt ist sie, diese heitere Hesperidenvertreterin, und wird begleitet von Anmutungen kleiner, frischer, latent sauberer Blümchen, in der Tat maiglöckchenartig. Leise Seifenanklänge sowie zarte Holznoten, und drunter ein schöner, watteweicher und streichelzarter sanfter Moschus.

innen drin

August ist – ein Stimmungsaufheller allererster Güte, zu egal welcher Jahreszeit. Ein freundlicher, heiterer unbeschwerter Duft, der einen ob seiner unverstellten Einfachheit mitzureißen vermag. Ich mag ihn, den kleinen Feinen, der sich hinter den Zitrusfrüchtchen diverser größerer Firmen und Hersteller absolut nicht zu verstecken braucht! Im übrigen ist der Test Pflichtprogramm für Freunde zitrischer Düfte, das versteht sich von selbst, oder?

Einen schönen Tag Euch und viele liebe Grüße,

Eure Ulrike.

P.S.: Hier noch der Link zu „1000&1 Seife“, dem herrlichen Seifenladen, den Erik Kormann mit seiner Partnerin Xenia Trost in den Hackeschen Höfen betreibt. Ein Must-See beim nächsten Berlin-Aufenthalt!

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

6 Kommentare

  1. Isabelle
    27. Dezember 2012
    Antworten

    Liebe Ulrike,

    wie passend: am 1. Weihnachtstag habe ich August getragen, mit einem leichten Hauch Eau de Fröhliche (ich finde, diese zwei wunderbare Düfte von Erik Kormann mit Leidenschaft kreeirt passen sehr, sehr gut zusammen)!!!

    Ein duftendes, gemütliches WeihnachtsCocktail war es: Mandarine, Weihrauch und eine Note Schokolade durch dem Patchouli in Eau de Fröhliche, glaube ich…

    Und ich kann nur zustimmen: Erik und Xenia sind unheimlich nett und ihr Laden voller wunderschöne Schätze – und nicht nur mit tollen handgemachten 1000 & Seifen…

    Dir wünsche ich einen sehr schönen Tag, ganz lieben Gruß,

    Isabelle

    p.s.: gerade 8 Grad in Berlin… viel zu warm, mag ich gar nicht. Und kein Schnee mehr… 🙁

  2. Waltraud Seemann
    27. Dezember 2012
    Antworten

    Liebe Ulrike, immer, wenn ich irgendwo Klarheit über Duftstoffe erhalte, notiere ich mir das in einem Büchlein, leider nicht alphabetisch. Aber was für ein Zufall. Zu Weihnachten bekam ich von meiner Schwiegertochter das Buch: Jean-Claude Ellena, Parfüm, Ein Führer durch die Welt der Düfte, C.H. Beck Verlag. Nun sagte mir der Name Jean-Claude Ellena etwas. So auf die Dauer lichtet sich bei mir ein wenig der Dschungel der vielen Duftbezeichnungen etwas.
    Danke für die ausführliche Erklärung dieser Stoffe die man sonst nur auf der Ingredienzenliste des Parfüms sieht und dann – nichts – versteht. Weil man nicht weißt, welche Stoffe natürlich sind und welche synthetisch. Und welche man den gelisteten Stoffen zuordnen muss. Wobei ich nichts gegen Synthetik habe. Monoflorale EdT’s sind sehr flüchtig, vor allem wenn sie natürlich sein sollen. Fixierungen und dergleichen sind schon notwendig.
    Einstweilen, herzliche Grüße, Waltraud
    P.S. Hier war die Temperatur Tag und Nacht 10°. Ich habe nichts dagegen, ich bin kein Wintermensch und brauche durchaus keinen Schnee, auch nicht zu Weihnachten. Was war das entspannend mit dem Auto zu Sohn und Schwiegertochter zu fahren bei so einem Wetter.

  3. Ulrike
    31. Dezember 2012
    Antworten

    Huhuu liebe Isabelle,

    Eau du Fröhliche mit dem Mandarinchen gelayert? Mmmmh, das hört sich ziemlich gut an! Im übrigen *psst* gibt es bald einen neuen Eau du Fröhliche – und der ist (auch) der Hammer! Ich durfte schon an einem essenzgetränkten Teststreifen schnuppern, der hier noch vor mir liegt, und bin wirklich ganz hin und weg! Leider war ich noch nie selbst bei Erik und Xenia vor Ort, das wird aber beim nächsten Berlinbesuch unbedingt nachgeholt. Dann kann ich auch endlich Oskar kennenlernen, ihren Besuchskater 😀 Kennst Du den?

    Viele liebe Grüße,

    Uli.

  4. Ulrike
    31. Dezember 2012
    Antworten

    Huhuu liebe Waltraud,

    hier sind auch jetzt, zu Silvester, abenteuerlich warme Temperaturen, weswegen ich tatsächlich *werschönseinwillmussleiden* offene Schuhe anziehen werde 😉
    Ein schönes Weihnachtsgeschenk, das Ellena-Buch! Und, tröste Dich – gut Ding muss Weile haben, man erschließt sich die Welt der Düfte nicht mal so eben in drei Tagen 😉 Deshalb macht es ja auch gerade soviel Spaß, man kann soo viel entdecken und lernt nie aus 🙂

    Viele liebe Grüße,

    Ulrike

  5. Isabelle
    2. Januar 2013
    Antworten

    Liebe Ulrike,

    ja in der Tat, Eau de Fröhliche + August ist ganz gut, und Erik der Parfümeur selbst hat mir seinen Segen erteilt 😉
    Ich dürfte auch an dem Teststreifen Eau de Fröhliche 2 schnuppern… und liebe ihn!
    Aber Oskar kenne ich gar nicht!
    Wollen wir 1000 & Seife, Erik, Xenia und Oskar der Kater zusammen besuchen, das nächste Mal, dass du Berlin besuchen wirst? Ich würde mich total freuen!

    Ganz lieben Gruß,

    Isabelle

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