Am gleichen Tag Geburtstag…

haben wir, wie wir einmal durch Zufall bei einem Zusammentreffen feststellten – der Parfumeur Ulrich Lang und ich. Der sympathische Wahl-New-Yorker, der ebenfalls wie ich gebürtiger Schwabe ist, hat sich dieser Tage ein Geschenk zum Geburtstag gemacht, und zwar die Lancierung seines vierten Duftes: Lightscape.

Der geneigte Leser wird sich erinnern: Die ersten beiden Düfte des Herrn Lang heißen Anvers und Anvers 2, beide eine Hommage an Antwerpen und von mir sehr geschätzt (vor allem die No. 2…). Nightscape war Langs dritter Streich, jener herrlich maskuline Puristen-Patchouli, den ich mir hier näher angeschaut hatte. Danach folgte ein beeindruckendes Intermezzo mit der Künstlerin Lisa Kirk, das in dem Duftkunstwerk Revolution gipfelte – Rezension siehe hier. Und jetzt folgt Lightscape. Bereits Anfang des Jahres ließ Lang in einem Interview mit Nahtlos!, das ihr hier nachlesen könnt, verlauten, wie er sich die duftende Zukunft vorstellt:

Welche Trends riechst du für den Herbst/Winter 2011 voraus? Düfte, die sich vom Morgen bis in die Nacht tragen lassen, unkompliziert, weniger schwer und mit überraschenden floralen Ingredienzen. Was wird das Konzept deines nächsten Duftes bestimmen? Eine Frische, die haften bleibt – und nicht aus Zitrusnoten besteht.“

Mut und Minimalismus, Frische und Innovation, Leichtigkeit und Charakter – hört sich nach einem typischen Lang an und macht Lust auf mehr. Auf der in Florenz ansässigen berüchtigten Nischenduftmesse Pitti erzählte er bereits den Amerikanern von Basenotes einiges zu Lightscape – hier könnt Ihr Euch den Video-Clip ansehen:

 

Frische Luftigkeit, einmal (fast) ganz ohne Zitrönchen. Ich finde, dass Ulrich vollkommen recht hat: Zu oft wird beides gleichgesetzt, zu viele Hesperiden und, für mich persönlich, zu viele cleane Sauberdüfte. Ich bin einmal sehr gespannt, wie Lightscape sich da schlägt – die Fotografie zum Duft ist in jedem Falle wie immer vielversprechend. Zu jedem der Lang-Düfte gibt es eine korrespondierende Fotografie – im Falle von Lightscape war es nun der Duft, der zuerst da war und die Künstlerin Elspeth Diederix zu ihrem Bild inspirierte. Ein Wolkenmeer, ein fragiles, in sich brüchiges, das gleißendes, funkelndes Licht hindurchlässt. Wolken, die Gestalten bilden, in unterschiedlichen Schattierungen. Und Licht, funkelndes, einzelne Punkte, die eine ehrfürchtige Wirkung ausstrahlen. Dieses Bild hat etwas Metaphysisches – es gleicht einer existentiellen als auch einer transzendentalen Frage: Wer bin ich, was ist der Mensch? Gibt es einen Schöpfer, was steckt hinter der Welt, was ist jenseits oder auch – Jenseits?

Diederix‘ Bild hat etwas gleichermaßen Natürliches als auch Surrealistisches. Es wirft kleine und große Fragen auf, ist aber auch von einer berückenden, weil einfachen Schönheit. Dasselbe gilt auch für den dazugehörigen Duft: Lightscape brilliert mit einer milden, grasig-grünen Frische, die dem Galbanum zuzuschreiben ist, welches sich zart von einzelnen Zitrussprenklern verziert sieht. Zu diesem perlenden Grün gesellen sich Veilchen, und zwar sowohl jene schüchternen Blüten als auch deren Blattwerk. Das vorhandene Galbanum in Lightscape ist milder Natur und verschmilzt sowohl mit der Haut als auch mit den leisen Anleihen der Zitrone, in die sich vanillige Tonka einmischt. Erinnert Ihr Euch noch an meine Rezension zu Annick Goutals Ninfeo Mio? Damals sprach ich von den Blättern des Vanillezitronenbaums – diese wären, wenn es sie denn gäbe, auch in Lightscape mit eingeflossen. Ansonsten besteht zwischen den beiden Düften keinerlei Ähnlichkeit, ist Lightscape doch ein leichter leiser Geselle, für Lang charakteristisches Understatement voller Eleganz und Intellekt. Jenes Eigenartigfruchtigstaubigflorale, das das Naturell des Veilchens ausmacht, entfaltet sich auf ätherische Art und Weise in dem Duft, von samtener Iris untermalt und sachte in gesüßte Milchcreme getunkt. Ein paar jener beliebten Makeup-Anklänge sind vorhanden, was meiner Meinung nach an der Kombination von Iris und Rose liegen mag – dezent, aber wahrnehmbar. Die Basis zeigt sich gleichermaßen zurückgenommen – Ambra, Kaschmirholz, Ambrettesamen und Moschus sind angegeben, weich, holzig, verhalten warm, kuschelig, skinnig nimmt man sie wahr.

Ich denke, dass Lang damit den richtigen Riecher bewiesen hat: Lightscape ist ein hautnaher Duft, der eine Melange aus frischen und skinnigen Elementen bietet und dabei Charakter hat, Rückgrat ausstrahlt. Einmal mehr ein wirklich schöner Duft, der ganz bestimmt vielen von Euch gefallen wird – Männlein wie Weiblein, ich sehe Lightscape nämlich durchaus an beiderlei Geschlechtern.

Na, seid Ihr neugierig geworden?

Viele liebe Grüße,

Eure Ulrike.

Neueste Kommentare

Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

4 Kommentare

  1. Jutta L.
    23. Oktober 2012
    Antworten

    Dank der lieben M. durfte ich den Duft schon testen und stimme Dir mal wieder voll und ganz zu! Ein feiner, eher leichter und hautnaher Duft mit Charakter! Ich kann ihn mir sehr gut für jemanden vorstellen, der etwas Unaufdringliches ohne hervorstechende Merkmale sucht, aber trotzdem unverwechselbar und eigen duften möchte, eben ein schöner Signaturduft wäre das. Hört sich widersprüchlich an und genau deswegen finde ich auch, es ist eine grosse Kunst, das hinzubekommen.

    Lieben Gruss
    Jutta L.

  2. Ulrike
    23. Oktober 2012
    Antworten

    Genau so sehe ich das auch liebe Jutta! Seine Stärke ist seine Ambivalenz: Ausdrucksstärke bei gleichzeitiger Unaufdringlichkeit, Charakter und Understatement zugleich. Wie schon geschrieben – ich glaube, dass er wirklich vielen gefallen wird.

    Liebe Grüße zurück,

    Uli.

  3. Dorothea
    9. Januar 2013
    Antworten

    Ja, dieser Duft ist ein Volltreffer – zumindest für mich! Ich bin ganz hin und weg von seiner samtigen Cremigkeit.
    Er riecht so, wie Infusion d’Iris in seiner schönsten (aber leider recht kurzen) Phase, bevor die cremige Iris von den süßen Basisnoten – Heliotrop, Tonka, Vanille und Moschus – verschlungen wird. Ich kann ihn mir sehr gut vorstellen in meiner Frühlingsrotation – zusammen mit 28 La Pausa und Hiris.

    Liebe Grüße
    Dorothea

  4. Ulrike
    15. Februar 2013
    Antworten

    … das WUSSTE ich doch, dass er DIR gefallen wird 🙂

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