Olivia Giacobetti schuf den großartigen Feigenduft „Philosykos“ für Diptyque. In meinem Artikel kürzlich zu Nasomattos „Absinth“ habe ich außerdem angekündigt, dass ich auch ein paar andere Absinthdüfte antesten möchte. So trifft es sich nun ausgezeichnet, dass ich hier Giacobettis Werk „Fou d’Absinthe“ aus dem Hause L’Artisan Parfumeur auf dem Tisch liegen habe, mit dem Qualitätsversprechen des Namens Giacobetti und der Aussicht auf trunkene Glückseligkeit, hicks.
Frisch aufgesprüht ist auch hier klar, dass – wie schon bei Gualtieri – nicht das Getränk selbst adressiert wurde in seiner anisartigen Schnapsigkeit, sondern die weibliche Inkarnation, die Grüne Fee. Giacobetti schlug den Weg in den Wald ein, bis sie auf eine Lichtung kommt, so scheint es, denn nach einem anfänglich krautig-nadelholzigem Feuerwerk schwindet die bissige Note und räumt den Platz für sanfte grüne Noten.
Die Noten wurden eng miteiander verbunden, so dass die Vielfalt im Einzelnen kaum herauszuriechen ist:
Kopfnote: Absinth, Angelika (Engelwurz), Schwarze Johannisbeere; Herznote: Sternanis, Pfeffer, Gewürznelke, Muskatnuss, Ingwer; Basisnote: Patchouli, Kiefer, Labdanum (Zistrose), Tannenbalsam
Auf der Haut erscheint die gesamte Komposition noch harmonischer, hier kommen auf meiner Haut vor allem feine Gewürze heraus, ein wenig Nelke und Sternanis und eine bislang unentdeckte balsamische Cremigkeit. In der Mitte beider Erfahrungen dürfte die „Wahrheit“ liegen, so bin ich gespannt, was Ihr zu berichten habt.
Wie auf dem Gemälde unten, vom norwegischen Maler Theodor Kittelsen, das die Flüchtigkeit sagenhafter Wesen ausdrücken will, so verhält sich auch „Fou d’Absinth“. Das ist meiner Meinung nach nicht der drohende Wahnsinn eines Dichtergenies wie Baudelaire oder das gewöhnliche Delirium einer Schnapsdrossel, auch wenn der Name uns dies vorgaukeln will. Ich könnte mir vorstellen, dass mit dem Bild der Grünen Fee hier eine geheimnisvolle Seite des Weiblichen zum Ausdruck gebracht werden soll, schwer greifbar ist sie, wie eine Illusion, ein Schatten, der in den Nebeln verschwindet, aber einen betörenden Beweis ihrer Existenz hinterlässt, ihren Duft.
Nun dürfte die Frage beantwortet sein, ob es die Grüne Fee wirklich gibt, oder nicht?
Viele Grüße von der Zahnfee
Harmen
Die beschriebene grüne Fee ist toll! Die Bilder zum Artikel sind wieder grandios ausgesucht. Egal, in welcher Form, ich mag die grüne Fee und oder gerade weil – teilweise mit Wahnsinn verbunden. Das hat doch was ! Und der beschrieben Duft, landet auch auf meiner Testliste…
Danke Zahnfee
Hallo Üt,
sehr gerne, freut mich, wenn ich ein paar Inspiration an der Grenze zum Wahnsinn liefern konnte 🙂
Liebe Grüße
Harmen
Ja, ich stimme Üt voll und ganz zu – diese beschriebene grüne Fee ist sehr, sehr schön. Und die beiden unteren Fotos implizieren (glücklicherweise) nicht die mit dem Absinth als Getränk in Verbindung gebrachte grüne Fee, die vor meinem inneren Auge Gemälde von Toulouse-Lautrec heraufbeschwören. Damit will ich keinesfalls Toulouse-Lautrec abwerten, im Gegenteil, ich bin eine große Anhängerin seiner Kunst – aber mit einem olfaktorischen Genuss, den m.E. ein Parfum darstellt, will ich nicht ausgerechnet dessen vom Alkohol geprägte Gesichter verbinden.
Und statt Zahnfee würde ich eher sagen „Waldfee“ – auch wenn es so nett heißt: „Am A… die Waldfee!“
Nun, ungeachtet dessen, der Artikel macht Lust auf Ausprobieren!
In diesem Sinne, einen schönen Herbsttag, auch wenn dieser waldmäßig eher gelb und rostrot ist als grün.
Susanne
Hallo Susanne,
gerne auch „Waldfee“… hinterm Nebel liegt der Urlaub? 😉
Liebe Grüße
Harmen