Ferfaen – Wohlriechendes, keltisches Zauberkraut

Der Herbst steht vor der Tür und damit auch die Abende, an denen es immer früher dunkel wird und man sich, von Nebelschwaden umgeben, mit geheimnisvollen Überlieferungen beschäftigen kann. Je weniger man über eine Kultur weiß, desto mehr kann man in sie hineinlesen – was auch recht skurrilen Interpretationen Tür und Tor öffnet – so ist dies auch mit den Kelten geschehen. Natürlich kann ich hier überhaupt nicht annähernd angemessen auf die tatsächlichen Kenntnisse eingehen, aber vielleicht wäre ja die Ausstellung „Die Welt der Kelten“ in unserer Spätzlemetropole Stuttgart eine gute Gelegenheit, sich mit dieser faszinierenden Kultur auseinanderzusetzen.

© Landesmuseum Württemberg, Stuttgart

Schon bei den Kelten soll Verbena hoch geschätzt worden sein, um zu heilen, aber wohl auch, um ermattete Glieder wieder aufzurichten, deswegen den Römern auch als Venuskraut bekannt. Hier in deutschen Landen ist Verbena als Echtes Eisenkraut (Verbena officinalis), Taubenkraut, Katzenblutkraut, Sagenkraut oder Wunschkraut geläufig. Mein schlaues „Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens“ (Bd. 2, S. 734) soll hier einmal auszugsweise zitiert werden:

EisenkrautDas Eisenkraut spielt „in der mittelalterlichen ‚gelehrten‘ Zauberliteratur“ eine große Rolle und sei „keine deutsche Zauberpflanze. Es verdankt sein Ansehen der antiken […] Überlieferung. Nach Plinius genoß keine Pflanze bei den Römern ein größeres Ansehen als die ‚verbenaca‘ (auch hierabotane = heiliges Kraut und aristereon genannt). Er unterscheidet zwei ‚Arten‘ der Pflanze. ‚Die Gallier [da haben wir die Kelten, Anm. v. H.] benutzten beide zum Wahrsagen und die ‚magi‘ treiben wahren Unsinn damit. Wenn man sich damit salbe, so erlange man alles, was man wolle, sie vertreibe Fieber, stifte Freundschaft und heile alle Krankheit. Man müsse sie sammeln beim Aufgang des Hundssternes, wenn weder Sonne noch Mond scheine, zuvor aber die Erde mit Wachs und Honig versöhnen (Opfer an den Pflanzengeist?), mit Eisen (daher der Name Eisenkraut? […]) einen Kreis um die Pflanze ziehen, dann mit der linken Hand ausgraben und hoch in die Luft halten.“ Eine recht aufwändige Beschaffung, findet Ihr nicht?

Als Liebesmittel: (S. 738) „Auch in den romanischen Ländern genießt das Eisenkraut den Ruf als Liebesmittel. Nach (Pseudo-) Albertus Magnus wird der, der das Kraut trägt, tüchtig zum Beischlaf.“ Neben vielen anderen magischen Eigenschaften schütze das Eisenkraut gegen dämonische Einflüsse, aber auch giftige Tiere: „Vor Schlangen ist man sicher, wenn man Eisenkraut bei sich trägt. Um Wiesel und andere giftige Tiere zu vertreiben, tue man Eisenkraut in einen neuen Topf, zünde es mit einem Licht an und lasse den Rauch in alle Winkel des Hauses gehen. Wer Eisenkraut bei sich hat, braucht keinen Zauber zu fürchten, auch in England heißt es: ‚vervain and dill hinders witches from their will‘ […].“ Gut also, wenn man neben Eisenkraut auch stets ein Dillgürkchen zur Hand hat.

Verbena

So langsam wäre es an der Zeit den heutigen Duft zu verraten, nämlich Sigillis Ferfaen, der sich selbst eindeutig als Verbena-Duft ausweist.

Der erste Eindruck ist der eines eindeutigen Zitronenduftes, doch sollte man wissen, dass Eisenkraut durchaus ein fruchtig-frisches, zitrisches Aroma besitzt. Das trifft es ganz gut, denn man meint, dass diese Zitrone mit angezogener Handbremse fahre und die säuerlichen Noten zurückhalte, vergleichbar mit Zitronen-Melisse. Ebenfalls sofort präsent ist die Minze, die aber im Hintergrund bleibt und wohlgesetzte Akzente zwischen die fruchtig-zitronigen Duftbausteine schiebt. Das bleibt für eine Weile unverändert so. Die in den Herznoten angegebenen Tabakblätter kann ich höchstens in einer allgemeinen, verhaltenen Würze entdecken, nur die weiche Moschusgrundierung federt im Untergrund ab, ohne dass ich auch hier die ebenfalls verzeichnete Vanille aufspüren könnte.

So ergibt sich mit Ferfaen ein meines Erachtens eher einfach gestrickter Duft, der aber auch alle Vorteile mitbringt, die ein simpel konstruierter Duft aufzuweisen hat. Es ergibt sich ein unaufgeregter Duftverlauf, eine klare Linie, die trotz allem aber feingeistig wirkt. „Vollkommenheit entsteht offensichtlich nicht dann, wenn man nichts mehr hinzuzufügen hat, sondern wenn man nichts mehr wegnehmen…“ – ja, nein, das ist nicht mein Ernst! „Man riecht nur mit der Nase gut“…

Spaß beiseite, mir gefällt er sehr gut, ich sehen Ferfaen tendenziell eher an einem Mann – ein zeitlos wirkender Duft, der gut in den Spätsommer passt, ein Liebesmittel ist und dabei auch noch die lästige Pflicht abnimmt, Hexen fernzuhalten, ja, was will man mehr?

Liebe Grüße
Harmen

Neueste Kommentare

Harmen Biró Verfasst von:

Hallo, ich heiße Harmen, war bis vor Kurzem irgendwas­unddreißig und habe immer die Nase im Wind, um Duftschätze für Euch zu finden und hier vorzustellen. Selbst bevorzuge ich feine Lederdüfte oder Gewürzkompositionen, ohne mich da aber festzulegen. Warum auch? Es gibt ständig so viel Neues in der Welt der Düfte zu entdecken. → BIRÓ

9 Kommentare

  1. Christiane
    25. September 2012
    Antworten

    Danke für den interessanten Exkurs in die Kräutlein-Kunde. Aber was hast Du gegen Hexen? (Muss ich jetzt meine roten Haare besser übertünchen?)

  2. Ulrike
    26. September 2012
    Antworten

    ICH liebe ja rote oder besser: orangene Haare!

  3. Harmen
    26. September 2012
    Antworten

    Hallo Christiane,
    über welche Hexen sprechen wir denn? Die vom Fasching, oder von „Charmed“ 😉 Rote Haare sind spitze, lassen! 🙂
    Liebe Grüße
    Harmen

  4. Christiane
    26. September 2012
    Antworten

    @Harmen: natürlich echte Hexen, was sonst. Und bei dem zuverlässigen Nahverkehr (Berliner S-Bahn – die unendliche Geschichte), vom Flugverkehr (unser ProblemBER 😉 mal ganz zu schweigen, ist so ein Besen die beste Fortbewegungsart! Und jetzt bräuchte ich aber bitte noch eine dazu passende Duftberatung. Also „Ferfaen“ schon mal nicht, da wohl für Männer gedacht. Was könnte sonst passen? „Thundra“? Oder eher orientalisch? Weihrauchig ja eher nicht? Also Ihr Experten, bitte Vorschläge.

  5. Ulrike
    26. September 2012
    Antworten

    Love Potion No. 9? Ist aber, glaube ich, auch nicht das, was Du Dir unter einem Hexenduft vorstellst. Ich mag ihn aber recht gerne 🙂 Auch die Männervariante ist sehr nett, vielleicht ist die ja was?

    Ich verbinde Hexen mit Kräutern und mit Erde und Wald. Vielleicht Anat Fritz? Oder der schöne Gypsy Water von Byredo? Die Zigeunerzauberin?

  6. Christiane
    27. September 2012
    Antworten

    Hmm, die Jungs-Variante von Love potion muss ich mal testen (und die Probenbestellliste wächst…). Gypsy ist schon mal ne gute Idee – aber vielleicht zu „lieb“? Ansonsten – gibt es einen rauchigen Duft ohne Weihrauch? Rauchige Kräuter? Gerne „dreckig“, frech?

  7. Üt
    29. Dezember 2012
    Antworten

    Ferfaen – da brauche ich Hilfe – also, ich mag die Kelten und Verbena – aber die Minze bleibt bei mir leider nicht im Hintergrund – leider riecht der Duft an mir als wäre ich in Fishermans Friend gefallen und wollte eine Alkoholfahne verdecken – Schade !

  8. Ulrike
    31. Dezember 2012
    Antworten

    Huhuu Ihr Zwei,

    mit Schrecken sehe ich, dass ich Deinen Kommentar völlig überlesen habe liebe Christiane… Ich werde Dir dieser Tage ein Listchen zusammenstellen, wenn Deine Frage noch aktuell ist und Du magst?

    @ Üt: 😀 *lach*
    Herrlich! Ich glaube, ich muss Ferfaen bald nochmals testen 😉 ICH liebe ja auch FF, vielleicht ist es ja mein Duft? 😉

    Viele liebe Grüße,

    Eure Uli.

  9. Harmen
    2. Januar 2013
    Antworten

    Echt? Mich hat das stark an Melisse erinnert 🙂 Ob man mit Melisse auch eine Fahne verbergen kann? Ein Versuch ist es wert 😉
    Liebe Grüße
    Harmen

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