Die neue Woche…

…einmal mehr mit der kleinen, aber feinen Kollektion von Maria Candida Gentile an, deren erste Hälfte bereits letzte Woche Thema einiger meiner Rezensionen war. Heute ist Barry Lyndon unser Kandidat – ein bedeutungsschwangerer Name.

Barry Lyndon ist der Protagonist des 1840 geschriebenen Romanes „Die Memoiren des Junkers Barry Lyndon“ des Engländers William Makepeace Thackeray. Das Buch diente als Vorlage zu dem 1975 geschaffenen Film des Altmeisters Stanley Kubrick (Ihr wisst schon – 2011: A Space Odyssey, A Clockwork Orange, Full Metal Jacket). Madame beweist hier einen exzellenten Filmgeschmack, wie ich wohl meinen möchte, denn, nichts anderes als jenen Klassiker hatte sie als Vorbild für den Duft im Sinn:

„We are in the Age of Enlightenment, in the 18th century AC, when extreme sensuality meets refinement. Barry Lyndon, the character of William Makepeace, interpreted by Ryan O’Neal in the movie of Stanley Kubrick, is who I had in mind when I created the Barry Lyndon Fragrance.

The walk of the young Barry Lyndon with his horse, resonate in the mist, along little paths in the country side covered with heather flowers and peat. Scents of fresh leather of his saddle mixes in the air. It is an harmony, a vibration which I felt when walking in the pristine mountains of the Val d’Aosta in the Italian Alps.“

Ich habe lange für Euch nach einer Pferdeszene mit Barry gesucht, bin aber leider nicht fündig geworden. Vielleicht sollte man zuerst einmal einige Worte zu Kubrick verlieren: Kubrick zählt zu den wohl besten Filmemachern aller Zeiten und war – ein Besessener. Ein Perfektionist, sowohl in technischer Hinsicht als auch was die intellektuelle Tiefe seiner Filme sowie deren Bildsprache anging. Mit seiner Manie trieb er sowohl Crew als auch Darsteller zu unfassbaren Leistungen an, beanspruchte sie aber auch zum Teil über ihre Grenzen hinaus. Ähnlich Getriebene findet man heute in dieser Form nur noch selten – Terrence Malick (The Thin Red Line/Der schmale Grat, The Tree of Life) ist ebenfalls eines jener Exemplare.

Bevor Kubrick sich an den Barry-Lyndon-Stoff machte, hatte er eigentlich einen Film über Napoleon geplant und sich bereits eingearbeitet – diese Idee verwarf er, als ein anderes Filmprojekt über Napoleon bekannt wurde. Seine historischen Recherchen konnte er bestens bei Barry Lyndon mit einbringen, mit dem er die damalig vorherrschende Zeit des Barocks abbilden wollte am Beispiel des irischen Abenteurers Redmond Barry. Dieser stammt aus dem verarmten Landadel, landet über Umwege beim Militär um hernach eine Karriere als Falschspieler zu ergreifen. Diese führt ihn von Hof zu Hof, bis er auf seinen Reisen eine verwitwete und überaus wohlhabende Gräfin kennenlernt, die er heiratet. Von da an geht es steil bergauf und der Ire hat nichts anderes im Sinn, als sich in den Adelskreisen zu etablieren. Auf einen rasanten Aufstieg folgt natürlich auch – der Fall, bei so viel Hybris auch kein Wunder.

Kubrick zeichnet die Geschichte von Barry Lyndon typisch emotional-distanziert, aber extrem bildgewaltig nach – ich glaube, ich habe selten einen aufwendigeren, schöner gestalteten Film gesehen. Jede einzelne Einstellung wirkt wie ein Gemälde, Kubrick schaffte es sogar, ganze Szenen lediglich bei Kerzenlicht und ohne künstliche Beleuchtung zu drehen, ein zur damaligen Zeit für unmöglich gehaltenes Unterfangen, dass nur mittels spezieller, von Zeiss ehemals für die Nasa entwickelter Objektive sowie extrem lichtempfindlicher Filme machbar wurde.

Markant und dominierend ist der Einsatz von Händels Sarabande in Barry Lyndon, dessen Auftakt Ihr Euch hier ansehen könnt:

Und hier noch eine kleine Dokumentation zur Produktion des Films – dort könnt Ihr auch die Kerzenlichtszenen betrachten:

Neueste Kommentare

Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

4 Kommentare

  1. Harmen
    7. August 2012
    Antworten

    Ja, wenn ich so herausgefordert werde, muss ich ja hier wohl etwas zu dem Duft schreiben. 😉 Der Herr Lyndon gefällt mir weitaus besser als Gershwin. Von Beginn an ist eine vielschichtige Krautigkeit vorhanden, die von einem feinen Vanillefaden durchzogen ist. Um das ganze nicht in Kräuterzucker abrutschen zu lassen wurde eine maßvoll kräftige Ledernote eingefügt. Die Krautigkeit mag von Wermut oder Lavendel stammen, nicht klar zu definieren…ja, liebe Ulrike, er gefällt mir ausgesprochen gut!

    Liebe Grüße
    Harmen

  2. Ulrike
    16. August 2012
    Antworten

    Tja, wusste ich es doch, genau Deine Kragenweite 😀 Freut mich, dass Du ihn toll findest – damit sich auch Deine Must-Have-Liste mal noch verlängert, warum sollte das nur bei mir/uns so sein 😉

  3. Üt
    21. April 2013
    Antworten

    Liebe Uli, lieber Harmen,

    Barry Lyndon endlich getestet und ich muss sagen, Maria Candida Gentile Düften wohnt ein Zauber inne. Für mich ist sie eine Märchenfee, die wie im Traum ihre Düfte kredenzt. Unglaublich !!!!!

    Danke für diesen Zauber !

    Üt

  4. Ulrike
    1. Mai 2013
    Antworten

    Hallo liebe Üt,

    es freut mich wirklich SEHR, dass Du MCG für Dich entdeckt hast. Ich liebe ihre Handschrift auch und habe noch einige Must-Haves von Ihr auf meiner To-Buy-Liste…

    Viele liebe Grüße,

    Deine Uli.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert