… ist dieser Tage zu Gast bei uns in Bruchsal, was ich gleich für zweierlei zum Anlass genommen habe: 1.) Ein ausgedehntes Interview und 2.) Die Rezension seiner Düfte, die wir vor nicht allzu langer Zeit neu ins Sortiment genommen haben.
Monegal wurde die Liebe zu Parfums bereits in die Wiege gelegt, im stecken Düfte buchstäblich im Blut: Sein Urgroßvater gründete 1916 das Parfumhaus Myrurgia, mit dem er schnell berühmt wurde – kein Wunder, zu dieser Zeit war das Parfumeurshandwerk in Spanien nicht allzu weit verbreitet, es existierten nur eine schmale Hand voll potentieller Konkurrenten. Monegal lernte zwischen 1972 und 1976 in der „Maison Myrurgia“, in Genf bei seinem Mentor, dem Arturo Jordi Pey, dann in Grasse bei Marcel Carles und schlussendlich in Paris bei Pierre Bourdon sowie Max Gavarry. Bei so guten Lehrmeistern muss man sich nicht wundern, dass Monegal ihnen bald in ihren Fußstapfen folgte: 1979 kreierte er Alada, seinen ersten erfolgreichen Duft für Myrurgia, der zum Bestseller avancierte. Monegal wurde kurz danach zum Director of Perfumes bei Myrurgia ernannt, wo er Düfte für unterschiedlichste Firmen kreierte und alsbald zum Vizepräsidenten von Myrurgia aufstieg.
Myrurgia ereilte das gleiche Schicksal wie viele Parfumhäuser Ende des 20. Jahrhunderts – sie wurden aufgekauft, und zwar im Jahre 2000 von Antonio Puig S.A.. Monegal blieb noch eine Zeit im Unternehmen, machte sich dann aber knappe zehn Jahre später selbstständig, um einen Lebenstraum zu verwirklichen: Nach über 30 Jahren als Parfumeur unter seinem eigenen Namen seine eigene Düfte zu lancieren.
Die gilt es nun zu testen – das werde ich für Euch heute und morgen tun, das Interview folgt dann am Montag. Beginnen möchte ich – mit den Lederchen, wäre hätte es gedacht: Mon Cuir und Cuirelle.
Mon Cuir, mein Leder – könnte in der Tat auch mein Leder werden… Leder, anfänglich kühl und immerzu kühn. Beim ersten Durchgang auf dem Teststreifen musste ich an eine Liebeshochzeit aus Knizes Klassiker Ten und Acqua di Parmas Colonia Intensa denken. Dieser Eindruck lässt sich aber nicht halten, denn: Seine kühle sowie noble Haltung legt Mon Cuir alsbald ab – und wird zum blaublütigen Latino-Lover, einem angenehm zivilisierten, aber temperamentvollen. Auf der Haut zeigt sich Mon Cuir dann von Anfang an zutraulicher: Wärme umfängt mich, pudrig-holzige, raues Wildleder und eine süße, fruchtig-frische und überaus koketten Orangenblüte. Es harzt recht schnell – Monsieur ist zwar kein Süßholzraspler, hat aber durchaus seine weichen Seiten und, wichtig, Tiefgang. Alles in allem zeigt sich Mon Cuir zwar ledrig, ist aber nicht unbedingt nur maskulin und, vor allen Dingen – ein ledriger Orientale. Dazu tut die ausladende Basis aus Patchouli und Moschus ihr übriges, der meine Nase noch gepflegte rauchige Anklänge abtrotz, die mich an die süßen Rauchschwaden in Serge Lutens‘ Fumerie Turque erinnern. Und überhaupt, wenn wir schon gerade bei Lutens sind: Menschen egal welchen Geschlechts, die dessen Cuir Mauresque lieben, dürften ihr Herz auch an Mon Cuir verlieren.
Cuirelle erinnert mich kurz nach dem Aufsprühen… an Honigmet. In Esslingen, meiner kleinen Heimatstadt bei Stuttgart, gibt es jedes Jahr einen herrlichen und weit über die Landesgrenzen bekannten Mittelalterweihnachtsmarkt mit Gauklern, reisenden Händlern, Spektakeln und – Met satt. Der Auftakt hier ist – likörig-alkoholhaltig und so dermaßen honiggeschwängert, dass ich dessen Geschmack förmlich auf der Zunge spüren kann. Was danach passiert kommt einigermaßen unerwartet – der Duft entwickelt sich zu einem subtilen, feingesponnenen Etwas, was mich nach der anfänglichen Honiginvasion überrascht. So kriecht meine Nase durch das sämige Gold, während Cuirelle immer zarter wird: Wächserne Anklänge, in denen ein letzter Rest Honig nachhallt, gelungen vermählt zu einer cremigen Honigwachsnote. Von ferne weht ein zarter Hauch Zimt herüber, fein-würzig und von sanft-süßer Schärfe, untermalt von etwas Rauch, der sowohl Weihrauch als auch Vetiver zuzuschreiben sind, auf moschusgefärbtem Unterholz ruhend.
Cuirelle ist schön – ein feingliedriger und hauchzarter ledriger Orientale, der mit Vorsicht sogar bei wärmeren Temperaturen zu genießen ist. Wer Oriental Lounge liebt, meinen einzigen Jeans-und-Turnschuh-Orientalen, der wird auch Cuirelle mögen. Genauso sollten alle, denen Serge Lutens Daim Blond einen Tick zu klebrig-gourmandig ist, sich diesen Duft einmal näher anschauen. Honigliebhaber werden ohnehin testen – völlig zu Recht. Ich bin hier auch schon zur liebestrunkenen honigsüchtigen Hummel mutiert 😉
Agar Musk weist eine relativ überschaubare Anzahl an Ingredienzen auf: Oud, Leder, Muskatnuss, Ambra, Vetiver und Moschus findet man da – und trotzdem scheint mir Agar Musk ein Chamäleon zu sein. Auf dem Teststreifen dachte ich zuerst an – Etros Musk. Dieser ist ein Seelenstreichler, ein dahingehauchter Kuschelmuschelmoschus von zarter Süße und mit sauberer Attitüde, der, wenn man ganz genau hinschaut, irgendwo tief drinnen doch ein bisschen Schmuddelkind ist dank diamantengleich aufblitzender animalischer Winzlingsakzente. Für mich ein schöner Immergeher für die kältere Jahreszeit. Auf der Haut offenbart Agar Musk jedoch sogleich, dass er in eine ganz andere Richtung tendiert: Saubere Weiche atmet auch dieser Duft dank des namensstiftenden Moschus‘, der aber auch andere Facetten zeigen darf, so zum Beispiel seine graphitgleiche Anmutung, die hier zusammen mit dem medizinisch-streng anmutenden Oud und kühlem Leder eine seltsam-eigene Frische zaubert. Agar Musk oszilliert zwischen jener weichen Sauberkeit, zwischen Graphitanklängen, Medizinischem, Frische und aromatischem, dass ich noch jede Menge andere Noten aus diesem Funkeln hätte herauslesen können… Ein Hauch erdig-nasse Iriswurzel? Ein Fitzelchen Menthol? Eine Prise Sternanis? Auch, wenn Moschus und Oud die meisten nicht (mehr?) zu Luftsprüngen animiert – den kann man wirklich getrost testen, denn Agar Musk folgt keinem bekannten Schema F.
Morgen geht es weiter meine Lieben – und zwar mit den restlichen fünf Monegal-Düften aus unserem Sortiment. Bis dahin alles Gute und viele liebe Grüße,
Eure Ulrike.
Oh toll toll toll!! Das ist ja brennend interessant, dass Mr Monegal bei euch zu Besuch ist! Bei meinem ersten Besuch in eurer Parfumerie hat die nette Frau Humbert mir Cuirelle vorgestellt, und was soll ich sagen, er ist gigantomanisch! Nun aber mal langsam, ich stolpere fast über meine eigenen Worte, so erfreut bin ich über dein Special zu Monegal…
Ich kenne den Weihnachtsmarkt in Esslingen, trinke dort auch jedes Jahr einen Glühwein. Den Met kenne ich allerdings nicht. Übermäßig nach Honig duftet Cuirelle für mich gar nicht… in meiner Nase ist das superfeine Leder dominanter. Bei Honigduft denke ich oft zuerst an den erschlagenden Intense von B.t.V.
Jedenfalls ist Cuirelle für mich eine absolut tolle Neuentdeckung. Noch komme ich mit meiner Miniabfüllung klar 😉
Neugierig bin ich auch seit Längerem auf Entre Naranjos, wirst du den auch beschreiben?
Entführe mich weiter in diese sinnliche Welt. Lass mich tanzen und südliche Noten erspüren, an grauen Sommertagen im Norden …
Hallo Ihr,
yep, Herr Monegal war da. Leider war ich allerdings verhindert, insofern habe ich ihn nicht persönlich erlebt. Dafür aber seine Düfte – und ich bin, wie Du sicher gelesen hast, auch schon ziemlich verliebt, wenn auch in die Iris und nicht in Cuirelle, der mir in der Tat aber auch sehr gefällt.
Das mit dem Weihnachtsmarkt in Esslingen finde ich witzig 🙂 Vielleicht reicht es uns ja mal zusammen auf einen Met 😉
Viele liebe Grüße,
Ulrike.