beschäftigte uns schon gestern, und zwar mit seiner neuen Kollektion Les Voiles Depliées. Neu ist aber nicht nur diese, Buccella hatte auch noch genügend Zeit, auch für Sigilli und Cerchi Nell’Acqua tätig zu werden: Isotta von Cerchi Nell’Acqua scheint es wohl schon eine Zeit zu geben, mir war er bis zur Messe neulich noch neu. Darüber hinaus gibt es zwei aktuelle Neulinge in der Kollektion, L’Exotique und Ipazia. Sigilli darf sich auch über Zuwachs freuen: Hymba und Bayan Mulak erweitern in Zukunft das Sortiment. Alle fünf werden wir uns heute und morgen ansehen. Beginnen wir aber erstmal mit Cerchi Nell’Acqua.
Dass Isotta einfach meiner Aufmerksamkeit entfleuchte kann ich mir eigentlich nicht erklären, gehöre ich doch bekanntermaßen mittlerweile zu den Veilchenfans – zumindest bezüglich bestimmter Veilchen, denn lange Zeit jagten mir diese hübschen, unprätentiösen Blümelein, in Parfums angetroffen, Angstschauer über den Rücken. Zu pudrig fand ich sie oft, zu madamig, zu üppig eingeflochten in andere Noten. Humiecki & Graefs Geste machte den Anfang, jenes futuristische Samtveilchen, und Violetta di Parma lehrte mich dann endgültig Veilchendüfte zu lieben, adäquat umgesetzte.
Isotta nun ist mehr als adäquat umgesetzt: Zeitgemäß und doch überaus feminin, präsent, aber doch dem zurückhaltenden Charakter der Blüte treu bleiben. Herrlich ist die Persönlichkeit des Veilchens hier eingefangen wie in einer fokussierten Portraitfotografie: Zitrische Noten, die mit Anklängen eines noch grünen Pfirsichs fruchtig-bitter Blattgrün simulieren. Jedoch ist der Pfirsich nur einseitig grün – die andere Seite schimmert flaumig-samtig und zeigt sich schon reifer – und fließt mit ihrer saftigen Frische in den kühlen Eindruck mit ein, denn das Veilchen einerseits in seiner Herbheit vermittelt. Aber da ist noch mehr, sie oszilliert mächtig, die kleine Maid, und lässt uns teilhaben, wenn wir ganz aufmerksam sind, an ihrer grazilen Weichheit, ihrer fragilen Wärme: Ein hauchzartes Vanillemoschusbettchen hat man ihr bereitet, das wie ein zarter Schleier die Blüte beschütztend einhüllt, während Iris pudrig die Samtigkeit der kleinen schüchternen Blume unterstreichen. Ambra schenkt seidig-würzige Kontraste.
Auf die Kombination mit Veilchen und Pfirsich wäre ich nicht gekommen – und konnte mir vor dem Test auch nicht vorstellen, wie berückend schön Isotta werden könnte. Eine wirklich gelungene und innovative Veilcheninterpretation.
Ipazia dürfte nach der griechischen Mathematikern und Philosophin Hypatia benannt worden sein, deren Person und Lebenslauf ein gefundenes Fressen für den Feminismus darstellen dürfte – siehe Wiki:
„Hypatia (* um 355 in Alexandria; † März 415 oder März 416 in Alexandria) war eine griechische spätantike Mathematikerin, Astronomin und Philosophin. Von ihren Werken ist nichts erhalten geblieben, Einzelheiten ihrer Lehre sind nicht bekannt. Sie unterrichtete öffentlich und vertrat einen vermutlich mit kynischem Gedankengut angereicherten Neuplatonismus. Als Vertreterin einer nichtchristlichen philosophischen Tradition gehörte sie im überwiegend christlichen Alexandria der bedrängten paganen Minderheit an. Dennoch konnte sie lange unangefochten lehren und erfreute sich hohen Ansehens. Schließlich wurde sie aber das Opfer eines politischen Machtkampfs, in dem religiöse Gegensätze instrumentalisiert wurden. Eine aufgehetzte christliche Menge brachte sie in eine Kirche, ermordete sie dort und zerstückelte den Leichnam.“
Unabhängig von Alice Schwarzer und Konsorten sowie diversen Gender Theories scheint die Gute ziemlich fortschrittlich gelebt zu haben und auch in vielerlei anderer Hinsicht eine Lanze für uns „Weibsen“ gebrochen zu haben: Derart vielseitig gebildete Frauen waren, überflüssig zu erwähnen, in der damaligen Zeit zwar anzutreffen, aber natürlich nicht die Regel. Schaut man sich Platos Werke an oder die seines Schülers Aristoteles, hatte die Frau damals keinen allzu guten Stand. Natürlich, ein Plätzchen im warmen Hause hatte sie und in Platons Politeia, dem Staat, durfte sie sogar einige andere Positionen im Gemeinschaftswesen antreten. In seinem Symposion, dem Gastmahl, lässt er sogar Diotima teilnehmen, deren wirkliche Existenz bis heute nicht belegt ist, die aber immer als Wissende in Sachen Liebe galt und gilt. Allerdings gibt es wahre Liebe natürlich eigentlich nur unter Männern (deshalb stimmt der Begriff der platonischen Liebe auch nicht mit dem überein, was wir heute darunter verstehen – lässt mich immer wieder schmunzeln, wenn jemand erwähnt, es sei ja „rein platonisch“) und überhaupt ist eine Wiedergeburt als Frau nur dann drin, wenn die Voraussetzungen vorher irgendwie schlecht waren, es doof gelaufen ist, wie er in seinem Timaios verlauten lässt. Auch Aristoteles sieht es nicht weniger drastisch – für ihn sind Frauen quasi verhinderte Männer – und damit behindert beziehungsweise minderwertig. Ein Frauenbild, das bis weit ins Mittelalter, vor allem auch ins christliche, reichte. In manchen Gegenden auch noch länger vorherrscht(e), ich weiß…
Aber kommen wir zu Ipazia: Ipazia ist ein Universalduft, wie seine Namensvetterin eine Universalgelehrte war – von jedem ist etwas darin, und daraus entsteht ein angenehm anregendes Düftchen: Ein ganzes Meer an Zitrusfrüchten erreicht uns im Auftakt – Bergamotte, Orange, Mandarine und Zitrone sowie Petitgrain (das aus unreifen Bitterorangen sowie deren Blättern und Zweigen gewonnen wird), wobei hier eindeutig die saftig-reifen und süßeren Früchte überwiegen. Richtig zitrisch geziehmt sich der Duft nur anfänglich, erhalten bleibt ihm dann jene Orangen- und Mandarinenfrische, die, von Hölzern begleitet und von einer pfeffrig-bitteren Würze kontrastiert, auf das florale Herz überleiten. Der Tuberose tut jene Würzigkeit gut, bildet sie doch einen interessanten Gegenpol zu jener opulenten Weißblüherin und hält diese im Zaum. Mimosen nehme ich angedeutet war, intensiver werden im späteren Duftverlauf, der die hell-fruchtige Rose in cremig wirkendem weichem Moos versinken lässt, auf einer warmen Ambrabasis gebettet.
Ipazia scheint wie gemacht für all jene, die noch auf der Suche nach einem ausdrucksvollen und nicht alltäglichen zitrisch-floralen Sommerbegleiter sind.
Mit Sommerbegleitern geht es morgen weiter, zumindest mit einem – nämlich mit L’Exotique, dem dritten Cerchi Nell’Acqua-Duft, sowie mit den beiden neuen Sigillis. Es bleibt also spannend – liebe Grüße und bis bald,
Eure Ulrike.
Liebe Ulrike,
dank deines letzten Probe-Päckchens habe ich mich ja davon überzeugen können, daß Veilchen in Düften nicht immer schwer und „giftig“ daherkommen müssen. Das Borsari-Veilchen ist mittlerweile einer meiner Lieblingsdüfte.
Überhaupt war dieses Jahr für mich ein Veilchen-Jahr, ist es mir doch heuer erstmals gelungen, ein solches in unserem kleinen Garten mitten in der Stadt anzusiedeln.
Abgesehen davon ist Veilchenduft für mich aber eher ein Frühlings- denn ein Sommerbegleiter.
Achja, die Haltung vieler philosophischer Gelehrter gegenüber der Frau im Sinne eines „verhinderten Mannes“ findet sich ja auch noch Jahrhunderte, bzw. Jahrtausende, später bei Schopenhauer. Aber ich gebe zu, recht viel mehr außer seine Auslassungen „über die Weiber“ habe ich mir von ihm auch noch nicht zu Gemüte geführt. 😉
Liebe Grüße
Kati
Hallo liebe Kati,
es freut mich wirklich sehr, dass ich Dir das Veilchen an und für sich und dann auch noch das schöne Parmaveilchen „schmackhaft“ machen konnte. Ich kann es mir so gut an Dir vorstellen! Und dass jetzt eines in Eurem Garten blüht finde ich zauberhaft! Ich habe auch welche bei meinen Eltern im Garten, die ich sehr mag. Was die Jahreszeit angeht – absolut, Veilchendüfte sind Frühlingsdüfte, gerne auch bis in den frühen Sommer hinein. Da wirken sie am schönsten.
Und ja, was das Frauenbild angeht darf man sich viele Philosophen nicht ansehen – vor allem aber darf man sich auch nicht ansehen, wie weit sich dieses Frauenbild hält… Für Schopenhauer allerdings muss ich trotzdem eine Lanze brechen: Er hat es schon vor Jahren als Tattoo auf meine Wade geschafft und ist bis heute einer meiner philosophischen Lieblinge 😉
Viele liebe Grüße,
Uli.
Hallo liebe Uli,
es stimmt schon, moderne Männer, auch kluge und erfolgreiche, haben oft eine nicht minder verächtliche Einstellung gegenüber Frauen. Wobei manche Frauen anscheinend sehr gut damit leben können, daß der Mann eine solche Einstellung hat…
Deine Tattoos hast du vor vielen Jahren einmal erwähnt.
Trägst du richtig das Konterfei von Schopenhauer, oder seine Signatur, bzw. ein Zitat von ihm? Ich kann es mir gerade schwer vorstellen.
Liebe Grüße
Kati
Huhuu liebe Kati,
… nein, nein, – es ist in der Tat ein Portrait, und zwar dasjenige Bekannte aus seinen späteren Jahren, siehe hier:
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Schopenhauer.jpg&filetimestamp=20050217024451
Es „thront“ auf meinem rechten Bein auf der Innenseite des Schenkels, und damit es nicht zu abgehakt wirkt gab es noch einen Kranz Lilien untenrum. Ob ich es heute wieder tun würde? Vermutlich nicht. Ob ich es bereue? Nein, keinesfalls. Und Schopi mag ich noch heute 😉
Viele liebe Grüße,
Uli.