Nachdem ich gestern bereits die ersten beiden Düfte von Keiko Mecheris neuer Bespoke-Kollektion vorgestellt hatte, stürzen wir uns heute gleich ohne große Worte auf die nächsten drei Kandidaten, Bal de Roses, Vetiver Velours und Soussanne.
Bal de Roses… Bespoke heißt personalisiert, maßgeschneidert. Wenn es denn einen Wunsch zu Bal de Roses gab, dann kam der von einer Dame. Einer, die eine echte Blumenliebhaberin ist, eine passionierte, fast schon obsessive. Die Dame ist kein Teenager mehr, aber ansonsten alterslos – und obgleich sie auf den ersten Blick attraktiv, offen, freundlich und sympathisch erscheint, könnte sie es faustdick hinter ihren Ohren haben. Denn dieses Blütenbouquet, das sich hinter dem harmlosen Namen Rosenball versteckt, ist eine exzessive Festivität, zu der so gut wie alle Blumen geladen sind, die im Repertoire eines Parfumeurs Rang und Namen haben hinsichtlich ihrer betörenden und/oder narkotisierenden Wirkung: Rose, Jasmin, Tuberose, Ylang-Ylang und Moschus. Und sie werden ihrem Naturell auch gerecht, die Blümelein, und zeigen ihren wahren Charakter, der vermutlich auf den der Blumenliebhaberin Rückschlüsse ziehen lässt: Ästhetisch, wunderschön, raumgreifend und, man ahnt es schon – etwas schwierig. Denn jede dieser Noten ist normalerweise eine Hauptrolle gewöhnt, alle verdienen und fordern Aufmerksamkeit. In dieser Ballung ist das bisweilen schwierig zu ertragen in seiner Opulenz: Wässrige Rose, im Auftakt spritzig-frisch und ein wenig zitrisch, im Duftverlauf ihre dunkel-dornige Seite offerierend und samtig-chypriert-würzige Akzente zeigend. Jasmin, cremig-weiß aber gleichermaßen auch kräftig indolisch. Tuberose, wächsern und fast schon bedrohlich weißfloral sowie tropisch-süßer Ylang-Ylang, zart abgefedert von weichem Moschus. Darin versteckt sich auch der kleine Hauch Oud, der erst zu später Stund hin und wieder sein Antlitz hervorblitzen lässt aus dem Hintergrund.
Mecheris Können verdankt es das Bouquet, das es nicht deutlich gesprengt wird. Seltsamerweise behält es die ganze Zeit eine harmonische Balance. Über die Haltbarkeit muss ich vermutlich nichts sagen – die Sillage ist großartig und raumgreifend, wie die Persönlichkeit des Duftes eben auch. Die der potentiellen Trägerin sollte es auch sein, ansonsten wird sie von diesem Blütenkracher gefressen.
Vetiver Velours… Wir hatten es erst letzte Woche von Vetiver, Ihr erinnert Euch? Als ich Vetiver Moderno von Torre of Tuscany rezensierte, sinnierte ich, dass es noch jede Menge Facetten dieses Grases gäbe, die olfaktorisch zu erkunden wären. Keiko Mecheri hat uns hier eine weitere illuminiert – auf ganz vorzügliche Art und Weise. Ein kühler Vetiver, der aber nicht über die Maßen zitrisch und/oder rauchig interpretiert ist? Bisher – Fehlanzeige. Jetzt gibt es ihn, angeblich nur geschaffen aus Vetiver, Oud, Edelhölzern, Gewürzen und Moschus. Ich meine, am Anfang einen leichten Hauch Bergamotte wahrzunehmen, mag mich aber auch getäuscht haben, denn sofort springt der Duft zu seinem Hauptprotagonisten, jenem Vetiver von sachter grüner Grasigkeit, der sich sauber, sanft und fast schon ozonisch gibt und dem eine Spur Holzigkeit innewohnt. Ein würziger-scharfer Hauch kontrastiert, während das Oud sich mit dem Moschus und den Hölzern zu einer grazilen samtig-weichen, cremigen Veloursledernote zusammenfindet. Ein leichter Frühling/Sommer-Kandidat für Vetiverfreunde. Und vielleicht genau das Richtige für diejenigen, die sich bisher nicht mit den markanteren Vetiverinterpreationen und – variationen anfreunden konnten.
Soussanne… Woher der Name kommt? Ich habe keine Ahnung. Er hört sich aber für mich nach einem schmachtenden Song an – und das würde ja rein theoretisch gut passen: Die Hauptprotagonistinnen in Soussanne sind Lilien und Stechapfel, Datura also, ein toxisches, aber herrlich blühendes und betörend duftendes Nachtschattengewächs. Denen singt man(n) schon einmal wehmütige Lieder, wie ich wohl meinen mag. Soussanne ist – seltsam. Und sicher der eigenartigste Duft in der Bespoke-Kollektion, was ihn noch interessanter macht, wie ich finde. Im Auftakt offeriert er uns helle, grüne und frische Lilie, die uns alsbald wie in einem Sog in den Duftverlauf zieht, welcher sich als absolut chamäleonesk entpuppt: Meine Nase ist schon ganz wund vom ewigen Von-Links-nach-Rechts-Riechen an Handrücken und Teststreifen. Nostalgische Blütensüße, helle Rose, frisch-grüne Lilien, schwül-warm-tropisch klingende Datura, cremige Sauberkeit, süß-harzige Erde, Anmutungen von rosanem Kaugummi (aber nirgendwo Tuberose), pudrige Wärme und klitzekleine Lederfitzelchen hie und da, die durch das Oud zustande kommen, das neben Sandelholz, Moschus und (fruchtiger) Rose noch teilnehmende Ingredienz unserer duftenden Vorstellung ist. Und – ich rieche Zimt, und zwar Zimtpudding, ganz verhalten irgendwo im Hintergrund, von dem ich meine, dass dessen Impression dem Sandelholz geschuldet ist.
Feminin ist Soussanne, und romantisch. Darüber hinaus wechselhaft bezüglich ihrer Stimmungen, was ihren vielen Facetten geschuldet ist. Aber macht nicht erst das jemanden so richtig interessant? Die vielen Seiten? Die außergewöhnliche Persönlichkeit? Bei Soussanne ist es so. Und sicher wird den einen oder anderen nach dem Test die Sehnsucht nach diesem Duft so ordentlich packen, dass es vielleicht doch noch einen wehmütigen Song zu Duft geben wird 😉
In diesem Sinne verabschiede ich mich voller Vorfreude bis morgen und wünsche Euch einen schönen Tag!
Liebe Grüße,
Eure Ulrike.
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