Inlé…

… ist Duft Nummer Drei unserer My Memo-Motto-Woche und sieht sich benannt nach einem See:

„Time stands still over lake Inlé in Burma. The women take up their silk embroidery and the men their dance above the waters, in boats that resemble palaces. The fruit and vegetables market is coming to life in the refreshing mist. You can see the first light of day, hear the first sounds of celebration – a farewell to night, or a welcome to the dawn.“

Friedvoll hört sich das an – anders als die Nachrichten, die uns die letzten Monate aus Myanmar erreichten, wenn überhaupt irgendetwas aus dem Land drang. Laut der Vereinigung „Reporter ohne Grenzen“, die einen jährlichen Index zur Pressefreiheit (Media Freedom Index) herausgibt, rangiert Burma 2010 auf Platz 174 – von 178 Plätzen. Über die Menschenrechtsverletzungen wollen wir an dieser Stelle ebenfalls nicht sprechen…

Trotz allem hört sich der See Inlé nach einem wunderschönen Fleckchen Erde (oder vielmehr: Wasser) an, einer Region, die ihren Reiz aus ihrer Ursprünglichkeit, die der Natur und deren Menschen, sowie ihrer Fremdartigkeit schöpft, wie ich damals in meinem Shoptext über den Duft festgehalten habe:

„Inlé trägt seinen Namen nach dem gleichnamigen See in Burma/Myanmar. Bekannt durch seine Einbeinruderer und die schwimmenden Gärten und Dörfer beschwor er bei Aliénor Massenet, der Parfumeurin, die Impression eines Moments in der Dämmerung oder auch im Morgengrauen herauf: Sonnenlicht, das letzte oder auch erste des Tages, scheint über den ruhig dahingleitenden See, einige Frauen besticken traditionsgemäß Seide, während die Männer in ihren teils palastartig anmutenden Booten ihrer Arbeit auf dem See nachgehen, der seit alters her Lebensmittelpunkt dieser Menschen ist.

Der Duft fängt mit seiner ungekünstelten Leichtigkeit das fremdartige Moment dieser Landschaft ein: Inlés Kopfnoten sind spritzig und transparent, herbe Bergamotte, dezent grüner Estragon und frisch-kühle Minze bilden einen hellen Akkord. Osmanthus oszilliert schillernd und pfirsichhaft fruchtig in dem von Jasmin und zarten Maté-Tee-Noten gebildeten Herzen, welches alsbald von einer Basis holzig-weicher Töne, Zeder, Iris und Moschus aufgefangen wird.

Inlé ist ein fragiler Duft – kühl, fruchtig und zugleich sanft wirkt er auf seine unprätentiöse und doch einprägsame Art für europäische Nasen durchaus asiatisch: Sehnsüchte weckend und kontemplative Momente schaffend.“

Weaving silk cloth along Inle Lake

Inlé begeistert mich auch nach all der Zeit, vermutlich sogar mehr, als er das zum damaligen Zeitpunkt tat. Dies mag daran liegen, dass mein Herz damals noch eher für schwere Geschütze schlug, was sich im Laufe der Jahre etwas verändert, vielleicht auch verschoben hat von den Prioritäten und den Vorlieben her. Heutzutage schätze ich, wie ich neulich bemerkt habe, wohl eher zumeist kühlere Düfte und habe auch meine Passion für leisere (Zwischen)Töne entdeckt.

Myanmar - Inle Lake

Inlé ist ein solch angenehm unaufdringlicher, bescheidener und zurückhaltender Geselle von berückender Schönheit. Sacht ist er, der Duft, der sich im Auftakt zitrisch-prickelnd-herb zeigt, von krautig-minzigen Anklängen begleitet, um alsbald den Blick auf sein von pfirsichhaft anmutendem Osmanthus und Matétee geprägtes Herz freizugeben, das von einer weichen Basis untermalt ist. Jasmin unterstreicht hier lediglich, ohne sich in den Vordergrund zu drängen oder gar indolisch zu wirken.

Federleicht und seidig ist der Eindruck, den Inlé vermittelt, sowie fließend, was sowohl auf das Wasser des Inlé-Sees als auch die dort hergestellte kühlende Seide zutrifft. Ein bisschen mag man sich an den Vorsokratiker Heraklit erinnert fühlen mit seinem „Panta rhei“, „Alles fließt“, sich in seinem unstatischen Sein mit Inlé, dem Duft, zurücklehnen am Ufer des (leider nur imaginierten) Flusses und sich einfach einmal treiben lassen… zu neuen Ufern vielleicht, gedanklichen? Ich weiß es nicht – in jedem Falle aber mittels einer besonderen Dufterfahrung, die alleine es schon wert ist.

… und? Welches ist generell Euer Memo-Favorit? Welcher der diese Woche vorgestellten Kandidaten gefällt Euch am besten oder weckt die meisten Sehnsüchte? Vergesst ja nicht das Gewinnspiel, siehe Harmens Post vom 07.05.12 – noch ist es nicht zu spät zum Mitmachen!

Liebe Grüße,

Eure Ulrike.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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