Gestern waren wir beim Sympathieträger Hénin und dessen Firma Jovoy stehen geblieben – wandern wir doch heute gleich zu den nächsten französischen Sympathieträgern, die ich auf der Messe treffen durfte: Gilles Thévenin von Lubin, Claude Marchal von MDCI und der Familie hinter Dorin.
Gilles Thévenin muss man einfach erlebt haben – er macht einfach nur Spaß. Wie Ihr ja sicherlich wisst, bin ich ein großer Fan dessen, was er ins Leben gerufen hat, vielmehr – am Leben erhalten hat: Lubin, eine von Frankreichs ältesten Parfummanufakturen. Ich zitiere mich mal zum Einsatz des Herrn Thévenin selbst aus einem früheren Artikel:
„Als eines der ältesten Parfumhäuser Frankreichs besteht es bereits seit 1798 und produzierte fleißig bis ins 20. Jahrhundert hinein Düfte, bis es eine Flaute erlebt und 1984 an das Haus Mülhens, ein ebenfalls altes Traditionsunternehmen verkauft wird. Mülhens wiederum geht bald in die Wella-Gruppe ein, ein riesiges Firmenkonglomerat und wie es so ist – dieses entschließt sich 1999 dazu, kein Geld mehr in das vor sich hin existierende (oder besser: vegetierende) Haus zu investieren, was dem Todesstoß für Lubin gleichgekommen wäre.
Damit hat man wenig Geist für Geschichte sowie Sinn und Wertschätzung für Kulturgut bewiesen – die hatte allerdings ein anderer: Gilles Thévenin, ehemaliger Guerlain-Manager und damaliger Rochas-Marketingleiter (Rochas gehört zu Wella). Thévenin kann Lubin nicht sterben lassen und kauft kurzerhand das Haus Lubin aus der Wella-Gruppe heraus auf – mittels seines Privatvermögens und einen ehrgeizigen Plan verfolgend: Dem altehrwürdigen geschichtsträchtigen Unternehmen wieder neuen Lebensatem einzuhauchen und an die glanzvollen ruhmreichen Zeiten von damals anzuknüpfen, in denen Lubin einer der leuchtendsten Sterne am Parfumhimmel Frankreichs war.
Thévenin hatte Glück: Das ebenfalls althergebrachte Haus Mülhens hatte einen Sinn für Geschichte und man hatte das gesamte Archiv Lubins dort eingelagert, das somit von Thévenin unangetastet mit übernommen werden konnte und es ihm ermöglichte, etliche der alten Klassiker neu aufzulegen.“
Seitdem Thévenin bei Lubin „regiert“, hat man jede Menge erreicht: Der wunderschöne Idole, der erste Duft des wieder aufgelebten Hauses aus den Händen von Meisterparfumeurin Olivia Giacobetti, den es jetzt auch als Eau de Parfum gibt. Dann ließ man behutsam alte Klassiker-Rezepturen wieder zum Leben erwachen: Nuit de Longchamp, Black Jade, L de Lubin sowie Le Vetiver und L’Eau Neuve, denen man jeweils zwei imposante Variationen schenkte – Itasca und Bluff zu Le Vetiver sowie Figaro und Inédite für L’Eau Neuve. Unser Gespräch am Stand erfasste alle Sinne – und der rege Herr Thévenin ist äußerst beschäftigt, soviel kann ich Euch sagen. Bei diesen Düften wird es nicht bleiben, was mich außerordentlich freut…
Claude Marchal erwies sich ebenfalls als umtriebig, als er an uns vorbeihuschte und uns im Vorbeigehen ganz wesentliche Neuigkeiten nicht vorenthielt: Parfums MDCI lancieren ebenfalls etwas Neues, und zwar einen namens Chypre Palatin, einem sehr erwachsenen und raumgreifenden Vertreter seiner Gattung. Und dann konnte ich noch aufatmen, von ganzem Herzen: Patricia de Nicolaïs Maiglöckchenschönheit Un Cœur en Mai war wohl durch die neuen IFRA-Regelungen bedroht – ich hatte hier berichtet – und wurde jetzt doch nochmals behutsam überarbeitet, weswegen er im Sortiment bleibt. Man munkelt, er sei fast noch besser geworden als der Alte, was ich mir gar nicht vorstellen kann, war das doch schon ein solch hinreißender Duft…
Ein paar Stände weiter machte ich eine Entdeckung, die mich hoch erfreute: Dorin. Irgendwann einmal hatte ich von Dorin gelesen und es wieder vergessen, was eigentlich eine Schande ist. Das Haus Dorin gehörte nämlich zu den ganz großen Namen und ist zweifelsohne eine der ältesten französischen Parfummanufakturen, was es automatisch mit seiner Gründung im 18. Jahrhundert zu einem der ältesten Häuser weltweit macht. Die restliche Geschichte ahnt man, ohne sie zu kennen – über ein Jahrhundert war man erfolgsverwöhnt und berühmt, natürlich auch Lieferant diverser Königshäuser und beliebt beim Adel. Und irgendwann Mitte des 20. Jahrhunderts verschwindet man dann in der nichtigen untergangsgeweihten Bedeutungslosigkeit. Die Rettung hieß hier Nasri, Familie Nasri:
„Maison Dorin was rightfully given a new lease of life thanks to Bashar and Imane Nasri allowing this prestigious House the chance to shine again. The original inspiration and influences intrinsic to the excellence of the brand have since been re-introduced with great aplomb and vision. In 1998, they created the Candle Light collection in memory of Princess Diana, the proceeds of which went entirely to charities supporting handicapped children. Un Air de Paris, the wonderful classic scent created in 1896 was re-launched in 2007 bringing it contemporary success; followed by its Fruity, Floral and Spicy versions in 2008.“
Achtzehn Düfte sind es aktuell, von denen einer, nämlich Un Air de Paris Classic, auf eine klassische Rezeptur zurückgeht. Ihm spendierte man noch drei Mitstreiter, allesamt Variationen, die auf die Namen Floral, Fruity und Spicy hören. Des weiteren gibt es noch zwei drei andere Linien, Un Air de Damas, die florale Kollektion mit den Blütenklassikern Rose, Tuberose, Jasmine und Tullah, einer Pflanze, die um Damaskus herum gedeiht und als Weißblüher eine entfernte Jasminverwandte sein muss. Vor allem die Tuberose hat es mir hier angetan. Und nicht nur mir: Der Parfumeur Roja Dove muss wohl gemeint haben, dass das die weltweit beste Tuberose sei, was Herrn Nasri sichtlich mit Stolz erfüllte. Un Air d’Amour, die nächste kleine Edition, umfasst einen Herren- und einen Damenduft, von denen ich vor allem die Frau im Gedächtnis behalten habe – ein rassiges Vollweib eines Chypreduftes, und das sehr zeitgemäß umgesetzt. Sehr schön! Und dann wäre da noch die Un Air d’Arabie-Kollektion, von der Ihr Euch sicher bereits denken könnt, welche Ingredienzen hier wohl ihren Platz gefunden haben: Oud, Amber, Musc und Rose of Taïf heißen sie, die vier – und ich habe sie ebenfalls als ziemlich interessant in Erinnerung. Der Oudduft brilliert durch seine Ambivalenz, holzig-trockene Kühle und Wärme gleichermaßen, zurückgenommen und elegant, kein Kracher, eine sehr französische Kollektion. Überhaupt ist die ganze Kollektion sehr französisch, aber keinesfalls madamig. Mir hat sie so gut gefallen, dass ich mich durch alle verfügbaren Düfte mit wachsender Begeisterung leichtnasig hindurchgeschnuppert habe. Und fast ein bisschen enttäuscht war, dass die vier Rose des Vents (Rosen der Winde)- Düfte nicht ausgestellt waren, ich hätte glatt noch weiter testen können. Die Familie machte einen so bodenständigen, freundlichen und warmherzigen Eindruck, dass ich mich außerordentlich auf die Rezension der Düfte freue und hoffe, dass Dorin weiterhin Erfolg vergönnt ist – die Düfte wären es wert.
Gleich um die Ecke warteten dann noch die entzückenden Mädels von Puredistance auf mich, die mich ebenfalls mit Neuigkeiten lockten: Einen neuen Duft wird es in absehbarer Zeit geben. Mehr darf ich noch nicht preisgeben, ich hatte ihn aber schon unter der Nase und kann nur sagen – warten lohnt sich, meine Lieben!
In diesem Sinne – morgen warten ebenfalls noch ein paar Messeeindrücke auf Euch. Bis dahin alles Liebe,
Eure Ulrike.
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