Ortigia Sicilia II.

Gestern hatte ich Euch bereits die ersten beiden Düfte der Ortigia Sicilia-Kollektion vorgestellt, jener neuen Firma der Crabtree & Evelyn Gründerin Sue Townsend, die dafür niemand Geringeren verpflichtete als Lorenzo Villoresi.

Heute folgen drei weitere Düfte, nämlich Melograno, Ambra Nera und Fico d’India. Drei, wieso nur drei – werden sich manche fragen. Stimmt, einen vierten Duft gibt es noch, den wir führen – Lime di Sicilia, dieser war allerdings, als ich für Euch diese Rezension schrieb, leider nicht als Tester verfügbar. Vielleicht ergibt sich irgendwann später noch die Gelegenheit, diese verpasste Chance nachzuholen.

Beginnen wir Melograno, gewidmet, klar – dem Granatapfel, zu dem ich an anderer Stelle schon einmal Geschichtliches dargelegt habe, ich zitiere mich einmal selbst:

„Der Granatapfel war schon seit je her ein mit verschiedenerlei Bedeutungen überfrachtetes Früchtchen. So galt er sowohl als Symbol für Reichtum, Leben und Fruchtbarkeit sowie Macht, weswegen er in der Heraldik auch gerne verwendet wurde, als auch als Motiv für Blut und Tod. Er gab der Granate seinen Namen wie auch dem Granaten, diesem tief dunkelroten Halbedelstein. Darüber hinaus fand er nicht nur Erwähnung in der griechischen Mythologie, wo er den Göttern des Hades, der Unterwelt zugeordnet wurde (Hades und Persephone), ihm kommt auch in der religiösen Symbolik eine wichtige Rolle zu, wie bereits Derrida feststellte.

Sowohl im Koran ist vom Granatapfel die Rede als auch in der Bibel: Im Hohelied Salomos zur Be- oder vielmehr: Umschreibung der Schönheit einer Frau. Des Weiteren rätseln Forscher bereits seit Jahren, ob der Granatapfel, manchmal auch als Paradiesapfel bezeichnet, nicht auch jene verhängnisvolle Frucht war, die für Adam und Eva die Vertreibung aus dem Paradies nach sich zog. Im eigentlichen ursprünglichen alttestamentarischen Text war nämlich nie die Rede von einem Apfelbaum, dieser Trugschluss erwuchs aus einer Falschübersetzung des Wortes malum, das sowohl für böse als auch für Apfelbaum steht. Insofern ist die Frage nach der Frucht der Erkenntnis bis heute nicht eindeutig geklärt – der Granatapfel ist allerdings in der Tat ein heißer Anwärter dafür.

Warum? Er galt schon seit je her als Aphrodisiakum, seine vielen Kerne als ein Zeichen der Fruchtbarkeit, seine Form ähnelt der weiblichen Brust (ja, finden einige…), seine Farbe ist signalrot wie die Liebe und die Verführung – nur nachgewiesen hat es ihm noch niemand, die luststeigernde Wirkung.“

Granatapfeldüfte gibt es wenige, sehr wenige: „Meiner“ Leserin Katharina habe ich noch eine Rezension versprochen, Melograno von Santa Maria Novella. Dann gäbe es da noch Jo Malones Pomegranate Noir, Annick Goutals Quel Amour! weist eine halbwegs zu identifizierende Granatapfelnote vor. Und dann wäre da noch Pomegranate von Marc Jacobs, das war es aber auch fast schon wieder.

Pomegranates

Ortigia spendieren uns nun einen weiteren Granatapfelduft, und dieser entpuppt sich als wahres Chamäleon: Hatte ich mir doch eigentlich eingebildet, Granatapfel sehr genau zu kennen, geruchstechnisch, bilde ich mir hier alle Sekunden ein, neben eben jenem noch mehrere Früchte im weiteren Sinne entdecken zu können – Ingwer und Pflaume vor allen Dingen. Herbe Fruchtigkeit, sehr dicht und kraftvoll, ein wenig mehlig und überaus saftig, von einer leichten Schärfe durchdrungen. Frisch und fruchtig, aber nicht unbedingt leicht – das hat für mich etwas von einem fruchtigen Cocktail, der trotz der Früchte eine alkoholbedingte Schwere besitzt. Interessant, wirklich. Und von beeindruckender Präsenz, vor allem auch für ein Cologne. Das sei aber ohnehin an dieser Stelle erwähnt: Auf meiner Haut ist die Haltbarkeit der Ortigia-Düfte sehr gut, wenn man bedenkt, dass es sich hier um Colognes handelt. Die Sillage ist ebenfalls nicht zu verachten, vor allem in diesem Fall hier. Der Granatapfel ist etwas für Kenner. Er gefällt sicher nicht jedem, das liegt aber an der eigenwilligen Frucht, die im Verlauf des Duftes immer deutlicher, klarer und strahlender zum Vorschein kommt.

Ambra Nera – der Name sagt schon alles, und ich wundere mich, wie so oft, nicht mehr: Ein Ambraduft darf in keiner italienischen Kollektion fehlen. Ehrlich gesagt ist Ambra generell nicht ganz mein Thema, ich mag Ambra und habe einige Lieblinge, brenne aber nicht so für diese Ingredienz, wie es viele andere tun. Und, ich gestehe – deshalb gehen mir mittlerweile Ambraveröffentlichungen ein wenig auf die Nerven, zumal viele doch recht klassischer Natur sind.

Ambra Nera unterscheidet sich davon dann doch, ich würde sogar noch nicht einmal sagen, dass es ein rein monothematischer Ambraduft ist – aber zuerst die Ingredienzen: Kopfnote: Gewürze, Hölzer; Herznote: Vetiver, Patchouli, Zedernholz; Basisnote: Labdanum (Zistrose), Moschus, Harze.

Hier entdecke ich, zumindest auf meiner Haut, den typischen Villoresi: Ein fein gesponnener, filigran gewebter Duftteppich von schillernden Harzen, warm und balsamisch einen tröstend umhüllend, verhalten-rauchiger Vetiver, Hölzer, trocken und zum Teil in der Glut schwelend, das Räucherwerk begleitend und von Gewürzen umgarnt. Ich meine auch etwas Rum-iges darin zu entdecken – Ihr auch?

In jedem Fall finde ich, dass dieser Duft der typischste Villoresi der Serie zu sein scheint – bisher. Denn Fico d’India ist ja noch übrig, was ich sogleich zu ändern gedenke.

Frisch aufgesprüht schreie ich – Philosykos! Doch der Feigling macht sich bald aus dem Staub – jene Honigheusüße schillert ein wenig hindurch, ist aber nicht durchgehend zu erkennen. Vielleicht ist es auch nur Wunschdenken, ist Philosykos doch erklärtermaßen meine Lieblingsfeige. Und Fico d’India ist auch keine „echte“ Feige, sondern eine Kaktusfeige. Aber Fico d’India muss sich mitnichten verstecken – ein wirklich adretter Feigling ist auch dieser Duft: Grüne Feigenakzente wetteifern mit Blattwerk und floralen Anklängen, die einerseits an wässrige Blüten, andererseits an cremige Weißblüher erinnern. Fruchtig geht es auch sonst einher – ich rieche Melone, genauer: Wassermelone. Und Gurke, sowie mehlig-süße Birnen. Darunter grün-grasige Frische und fein-sauberes Zedernholz gezaubert – fertig ist der Duft.

Ein schönes Sommer-Cologne – und reiht sich insofern nahtlos in die Kollektion ein, die daneben auch mit ihrer Haltbarkeit und mit ihrem Preis beeindruckt: 100ml für 68 Euro, das ist im Zuge ständig steigender Parfumpreise doch mal ein Wort, oder nicht?

Habt Ihr schon getestet? Was interessiert Euch am meisten?

Liebe Grüße,

Eure Ulrike.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

4 Kommentare

  1. caro
    29. März 2012
    Antworten

    Hallo liebe Uli, mein Lieblingsduft im letzten Sommer war meine damalige Neuentdeckung von DIPTYQUE nämlich auch Dein geliebter „PHILOSYKOS“. Nun sehe ich, Ihr habt alle Produkte von DIPTYQUE aus dem Sortiment genommen. Dafür kamen welche von ETRO und CREED hinzu, die ich aber nicht mehr als typische Nieschen-Kandidaten bezeichnen würde. Warum denn das? Ich finde das schade und hoffe, DIPTYQUE zieht bald wieder ein bei Euch?
    Zu Deine Frage von oben: Mich würde der neue Feigling schon interessieren, doch bin ich sehr verliebt in Philosykos und freue mich deswegen auf hoffentlich bald wärmere Tage. Der neue LIME aus obiger Kollektion könnte es mir an heißen Tagen ebenfalls angetan haben.
    Einen lieben Gruß, Caro

  2. Avatar-Foto
    Ulrike
    1. April 2012
    Antworten

    Huhuu liebe Caro,

    schön, dass Du den Philosykos für Dich entdeckt hast – ich liebe ihn auch, Du hast vollkommen recht 🙂 Im übrigen hat bei mir mittlerweile der Premier Figuier fast den gleichen Stand, meine zwei Feiglinge ohne die ich nicht mehr kann und will. Mehrere Feigenlieben sind also kein Problem 😉

    Etro und Creed sind zwar mittlerweile weiter verbreitet, aber echte „Lieben“ von uns und wir sind sehr froh, dass wir sie jetzt mit im Sortiment haben. Was Diptyque angeht hatte es nichts mit der Marke an und für sich zu tun, dass sie momentan nicht mehr erhältlich sind. Ich hoffe, das wird sich in Zukunft wieder ändern 🙂

    Viele liebe Grüße zurück,

    Uli.

  3. caro
    3. April 2012
    Antworten

    Danke, liebe Uli, dann bin ich ja beruhigt 😉 wegen Diptyque.

    Es sollte keine Rüge sein, wegen ETRO und CREED, von denen ich seit vielen, vielen Jahren auch echte Lieblingsdüfte besitze. Doch Diptyque’s Linie ist eine ganz seltene hierzulande.
    Die ETROS EDTs eigenen sich besonders gut zum Layern, insbesondere empfehle ich den Vicolo Fiori, der ein wunderschöner blumig feiner Sommerduftfavorit von mir ist, abends mit dem marzipanartigen Heliotrope zu kombinieren. Das Ergebnis ist ganz bezaubernd und schöner, als Heliortope ganz alleine zu tragen. Heliotrope eignet sich damit sowohl für den Winter – dann alleine -, als auch in Kombination für abendliche Sommertemperaturen.
    Ganz anders ETRO’s Pegaso – eine gelungene Komposition voller Frische aus zitrischen und basilikumartigen Gewürznoten, die bei absoluten Hitzewellen sogar für offizielle Anlässe tagsüber der Trägerin ein Wohlgefühl und Sicherheit garantieren.
    Da ich ja neben Tuberose im Winter vor allem Rose und Jasmin im Sommer mag, geht für mich im Frühling seit meinem Aufenthalt in Südfrankreich 1995 kein Weg vorbei am pinken, fruchtig frischen CREED – Spring Flower. Ein Dauerbrenner, der für mich momentan moderner denn je erscheint. Er ist etwas laut, aber ganz und gar nicht künstlich aufdringlich. Spring Flower gibt mir einen unwiderstehlichen Energiekick und ich empfehle ihn allen Liebhaberinnen von fruchtig frischen und weiblichen Düften, die keinen schweren Fond vermissen.
    Inzwischen ist bei mir Ortigia Sicilia – Lime di Sicilia von Acqua di Colonia eingetroffen – vielen Dank für den Turbo-Versand! Leider sind die Temperaturen seither stark gesunken, so dass ich das typisch italienische Cologne noch ein Weilchen vernachlässigen muss, bis es draußen wieder warm wird. Mein erster Eindruck: Sehr italienisch, herb mit einem klitzekleinen Klecks zarter Vanille, die aber stark im Hintergrund bleibt. Etwas monothematisch und eher flüchtig, daher hervorragend zur Erfrischung zwischendurch und als unisex durchaus für die Herrenwelt geeignet. Ich frage mich, ob ich ihn nicht auch zum Layern nutzen kann, um manch anderen Blümchen oder Kräutern einen zitronigen Touch zu verleihen. Evt. auch geeignet, um ihn mit Lavendelnoten zu kombinieren. Gibt es Ideen?
    Einen schönen Tag und liebe Grüße zurück, Caro

  4. Avatar-Foto
    Ulrike
    4. April 2012
    Antworten

    Huhuu liebe Caro,

    nein, nein, so habe ich das auch gar nicht aufgefasst 😉 Außerdem habe ich den Einzug von Creed und Etro zum Anlass genommen, demnächst mal gesammelt ein paar Creed-Düfte vorzustellen. Etros habe ich ja schon etliche rezensiert, bei Creed könnte ich noch aufstocken, wie ich gemerkt habe. Spring Flower ist erst mal auch geplant 😉

    Deine Etro-Layer-Liebe kann ich verstehen, ich habe selbst einen Großteil des Etro-Sortiments, Heliotrope allerdings nicht und Pegaso auch nicht. Durcheinandersprühen tue ich da vieles, das lohnt sich bei Etro auch und macht in der Tat Spaß 🙂 Ich mag Magogany z.B. auch sehr gerne in den Kombis – leider ist er ja discontinued.

    Du hast Lime ergattert – gerade passend zu dem schrecklich-trüben Aprilwetter :/ Aber sei Dir sicher, der Sommer kommt noch 😉 Hast Du den Mönchs-Lavendel (Caldey Island Lavender)? Der könnte ja auch gut dazupassen. Sehr günstig, noch original von der Insel und einer von Turins Lieblingen – absolut zu recht! Der Lavendel von Nobile wäre eine schöne Option. Vielleicht auch der krautig-ledrige Eau de Gloire von PdEmpire? Mutig vielleicht mit Vanille Insensée? Oder mit Penhaligon’s Love Potion?

    Mir fällt sicher noch mehr ein… 😉

    Herzlichst, die Uli.

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