Märchenhaft…

… wird er angekündigt, märchenhaft ist er auch, das verspreche ich Euch. Von Pohadka ist die Rede, dem vierten und letzten Duft der YS UZAC-Kollektion, die ich Euch diese Woche hier im Dufttagebuch vorgestellt habe. Pohadka ist der tschechischen Sprache entlehnt und heißt übersetzt Märchen – nach einem solchen hört es sich auch an, wenn Vincent Micotti über seine Heimat spricht, der er diesen Duft widmet:

„Hour of dream! A saraband by air, wind and flame. A mysterious path of sensation under smoky twilight… A recreation of breathtaking landscape at an autumn night – the hometown of the creator – The Lavaux vineyard terrace. It is an unsuspected improvisation between fresh cut grass, secretive sunny immortelle, tint of jasmine and soulful leathery smoked vanilla. Be unique and go wild.“

Space lavaux

Ich kann Euch an dieser Stelle nicht vorenthalten, dass das Pressematerial den letzten Satz in der Tat mit „Sei Du selbst und werde verrückt“ übersetzt hatte, was Harmen und mich fast von unseren Stühlen kippen ließ. Ich habe nicht vor, verrückt zu werden. Darüber hinaus flackert mir weder der Irrsinn in den Augen noch bin ich des Wahnsinns fette Beute. Es könnte aber sein, dass ich demnächst nicht zu verkennende Anzeichen einer (Sehn)Sucht an den Tag lege, denn Pohadka ist für mich ein definitiver Kaufkandidat. Vielleicht liegt es auch daran, dass Micotti Pohadka als eine Art olfaktorische Abendgarderobe zu schwarzer Kleidung empfiehlt, hängt mein Kleiderschrank doch voller dunkler Töne: „An all black outfit with metallic embellishment to complete a guaranteed uniqueness for a black tie event.“

from the vines

Pohadka wird beschrieben als „Green Leather“, eine Bezeichnung, die man gedanklich erst einmal sacken lassen muss… und die dann doch eigentlich fehlgeht, weil sie einen in die Irre leitet. Deshalb lassen wir uns doch gleich auf den Duft ein: Shisoblätter sind es, die Pohadka im Kopf hat – und Shiso, auch Perilla genannt, hat es wirklich in sich. Diese in weiten Teilen Asiens verbreitete Pflanze besitzt ein unglaubliches Duftspektrum: Minzig-herbe Frische verströmt sie hier, deren Süße von rauchigen Gräsern gekonnt aufgegriffen und verstärkt wird. Diese Nuancen eines kühlen Grüns greift zum Beispiel The Different Companys De Bachmakov auf, falls ihn jemand kennt. Doch Shiso kann noch viel mehr, nämlich nach Anis und Lakritze duften, Facetten, die hier ebenfalls im Hintergrund schillern, und Anklänge von Melisse simulieren – auch jene finden sich hier.

Schon nach den ersten Minuten lässt Pohadka einen staunend schnuppern und legt eine bemerkenswert vielfältige Komplexität und eine überaus betörende Ambivalenz an den Tag: Die Shisoblätter funkeln in allen erdenklichen ihnen genuinen Spielarten. Es ist die Farbe Grün, die alles dominiert: Frisch, zitrisch angehaucht, tief, herb, bitter, rauchig, scharf, grasig, würzig, holzig und auf eigenartige Weise von einer warmen Süße gleich einer Muse geküsst. Denn zu der omnipräsenten grünen Übermacht gesellen sich samtige Wildledernoten. Immortelle würzt ordentlich, während Tabak pudrig-holzig wärmt, von Harzen bedächtig untermalt.

Lac Leman

Wunderschön und äußerst bemerkenswert finde ich Pohadka, ein echtes Unikat. Und doch ist er, wie alle der Düfte, von so erstaunlich federleichter Natur. Müsste ich die Werke des Herrn Micotti mit anderen Parfumeuren, anderen Stilen vergleichen, erinnert mich die Kollektion am ehesten an die von mir schmerzlich vermissten Düfte von Gobin Daudé und trägt darüber hinaus Züge der transparenten Handschrift eines Jean-Claude Ellena. Ich bin, ganz ehrlich, ziemlich hin und weg.

Der einzige Wermutstropfen: Die Düfte sind allesamt naturaliter eher leisen Charakters und demnach ein wenig flüchtig. Bei einer solch beeindruckenden Schönheit ist das für mich persönlich allerdings kein Hinderungsgrund – ich lege hier gerne nochmals nach und helfe auch gerne mit einer neutralen Bodylotion oder einem Körperöl als Fixativ nach. Darüber hinaus hatte ich nur die Möglichkeit hatte, sie getupft zu testen – eventuell könnten sie sich gesprüht nochmals als von intensiveren Naturells entpuppen.

In diesem Falle bin ich wirklich sehr gespannt, wie die Düfte bei Euch ankommen. Berichtet Ihr? Würde mich freuen.

Alles Gute und viele Grüße,

Eure Ulrike.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

3 Kommentare

  1. Simone
    15. März 2012
    Antworten

    Der Duft hinterlässt bei mir ein ratloses Stauenen: ganz langsam lichten sich die Nebel, die inn Schwaden aufgestiegen sind und aus geräuchertem Grün zu bestehen scheinen, unendlich sanft und ganz langsam zarte Tupfer von Jasmin, aufbewahrt in einer Satteltasche, denn natürlich reitet ein Prinz (POHADKA!) übers morgendliche Feld.
    Hm, ein beeindruckendes Dufterlebnis, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich ausreichend dunkle Kleidung besitze…

  2. Simone
    15. März 2012
    Antworten

    Hach, minus „n“.

  3. Ulrike
    16. März 2012
    Antworten

    Eine wahrlich schöne Assoziation – die Kleidung kann im übrigen auch nachgerüstet werden 😉
    … ich finde im übrigen aber gar nicht, dass Pohadka nur zur Dunkelgarderobe passt, obgleich er da sicher nicht fehlgeht 🙂

    Liebe Grüße,

    Ulrike.

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