Südländisches Temperament – Azzaro pour homme

Gerade wegen der eisigen Temperaturen kommt ein südländischer Lavendelduft äußerst gelegen. Noch im Dezember schickten mir die freundlichen Damen von Clarins „Azzaro pour homme“ zu, ein Duft, der mir mehrfach für die Lavendelserie empfohlen wurde und der ohne Frage, und auch nach Herrn Turins Meinung, zu den populärsten und besten Herrendüften gehört.

1978 lanciert, war er aus der Zusammenarbeit des Modeschöpfers und Namensgebers Loris Azzaro (*1933-†2003) mit dem deutschen Unternehmer und Kosmetikexperten Richard Wirtz entstanden. Kreativität, Glamour, die Welt der Mode mit ihren Stars trafen auf soliden Geschäftssinn und freien Unternehmergeist – eine Kombination, die geradezu erfolgreich sein musste.

Angekündigt wird Azzaro pour homme als Fougère – die Duftnoten Zitronatzitrone, Sternanis, Rose, Jasmin, Patchouli, Zedernholz, Vanille oder Tonkabohne finde ich angegeben. Im Grunde handelt es sich bei einem Fougère um einen Duftakkord aus Lavendel, Eichenmoos und Cumarin. An anderer Stelle finde ich ein wenig ausführlichere Duftnoten: Kopfnote: Anis, Basilikum, Bergamotte, Iris, Kümmel, Lavendel, Muskatellersalbei, Zitrone; Herznote: Kardamom, Patchouli, Sandelholz, Vetiver, Wacholderbeere, Zedernholz; Basisnote: Amber, Eichenmoos, Leder, Moschus, Tonkabohne. Nun, ein eigener Test wird hoffentlich Klarheit bringen.

Auf dem Duftstreifen erweist sich dieser Duft in Summe als holzig, krautig und zitrisch-frisch: Zitrone und Kardamom, Hölzer und Lavendel bilden die Hauptnoten von Azzaro pour Homme und verbinden sich zu einem durch und durch maskulinen Duft. Meines Erachtens für eine Frau untragbar. Fingerdick aufgetragene Männlichkeit mit einer geradezu lauten Krautigkeit – der eine oder andere mag mir widersprechen, aber hier sehe ich überhaupt kein Understatement. Liest man sich durch die Foren und Blogs, so findet man äußerst geteilte Meinungen zu diesem Duft. Von klassischer Männlichkeit ist da die Rede oder aber vom Mief der 80er Jahre. Ich finde beide Extreme unzutreffend.

Nehmen wir einfach Cool Water – ein toller Duft, der seine Hochzeit hinter sich hat – ein großer Meilenstein der Herrendüfte – er wurde immerhin auch von Pierre Bourdon (verantwortlich auch für die beiden Mark Birley-Düfte) geschaffen. So verhält es sich auch mit Azzaro pour homme. Ein höchst interessant komponierter Duft, dem meines Erachtens – wie vielen anderen Fougère-Düften auch – der Charme der 80er anhaftet. Als frisches Gesicht steht heute Enrique Iglesias für Azzaro pour homme, sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Auch wenn der Flakon für die Duftkomposition nicht wesentlich ist: hier hätte man auch einmal nachziehen können.

Azzaro pour homme ist ein kraftvoller Fougère-Duft, der durch seinen bis heute anhaltenden Erfolg auch seine Kritiker in die Schranken verweist. Wer allgemein mit Fougère-Düften nichts anfangen kann, wird hier auch nicht bekehrt. Wer diesen aber offen gegenübersteht, sollte unbedingt einmal testen! Ein Duft für einen selbstbewussten und erfolgsorientierten Mann, der seine Leistungen auch nach außen zu zeigen weiß.

Ganz viele Grüße sendet Euch
Harmen

Die Lavendelserie im Überblick:
Caldey Island Perfumes – Caldey Island Lavender
Nicolaï – Nicolaï pour homme
Andy Tauer – Rêverie au jardin
Nobile 1942 – Lavanda Nobile
Lorenzo Villoresi – Wild Lavender
Czech & Speake – Oxford & Cambridge
Parfums d’Orsay – Arôme 3
État Libre d’Orange – Antihéros

Neueste Kommentare

Harmen Biró Verfasst von:

Hallo, ich heiße Harmen, war bis vor Kurzem irgendwas­unddreißig und habe immer die Nase im Wind, um Duftschätze für Euch zu finden und hier vorzustellen. Selbst bevorzuge ich feine Lederdüfte oder Gewürzkompositionen, ohne mich da aber festzulegen. Warum auch? Es gibt ständig so viel Neues in der Welt der Düfte zu entdecken. → BIRÓ

7 Kommentare

  1. Jutta L.
    6. Februar 2012
    Antworten

    Hallo Harmen, Dein Artikel ruft Erinnerungen wach, ich war Anfang der 80er zweimal für ein paar Wochen auf Sizilien und dort roch jeder 2.Mann (eher die Jüngeren damals) nach Azzaro pour Homme. Ich mag den Duft immernoch sehr, nicht nur wegen der lebendigen Erinnerungen an die Zeit dort, die er jedesmal hervorruft, wenn ich ihn rieche, sondern weil er ein zeitlos schöner, kompromisslos männlicher Duft ist. Der würde an einer Frau wirklich etwas merkwürdig riechen, meine ich jedenfalls.

    Danke und lieben Gruss
    Jutta L.

  2. Margot
    6. Februar 2012
    Antworten

    Hallo Harmen, ich kann mich hier Jutta nur anschließen. Anfang der 80er des letzten Jahrhunderts, ein Italiener in Italien, meine große Liebe damals und ich hab ihm diesen Duft und alles andere dazu geschenkt :-))) Jahaaa, ich stand schon damals auf gut duftende Männer. Und wenn ich ihn heute rieche, ist es eine wunderbare Erinnerung. Ich empfinde ihn wie Jutta als klassisch/zeitlos. Zur Info: Auch der klassischen Aramis stammt aus dieser Zeit und er fällt bei mir in die selbe Kategorie (vorausgestzt, der richtige Typus trägt ihn).

    Liebe Grüße,
    Margot

  3. Margot
    6. Februar 2012
    Antworten

    P.S.
    Ach ja, Cool Water geht gar nicht! Pierre Bourdon hin oder her. Einer meiner früheren Chef’s hat immer gemeint, darin baden zu müssen *urgs* 🙂

    LG,
    Margot

  4. Christian
    6. Februar 2012
    Antworten

    Hallo lieber Harmen,

    das ist ganz prima von Dir, auch mal aus der Nische rauszugucken – schließlich war die Duft-Nische in den Achtzigern auch viel kleiner als heute, vermutlich weil alles Andere noch nicht ganz so mainstreamig daherkam und so unterschiedliche Kracher wie Azzaro, Antaeus, Cool water (@Marion:doch, doch, der hat was – aber mögen mag ich ihn heut auch nicht mehr ;-))), Kouros, Fahrenheit….friedlich koexistierten.
    (Von den eben genannten besaß ich lustigerweise nur Azzaro nie, der galt irgendwie in meinem Umfeld als spießig, aber vor kurzem habe ich mir ein kleines Fläschchen zugelegt!)

    Dass ich Kouros (das Original) immer noch für einen der genialsten Herren-Düfte aller Zeiten halte sei hier mal öffentlich mitgeteilt (ich hoffe ich darf trotzdem weiter kommentieren….).

    Beste Grüße allerseits
    Christian

    P.S.: Mir ist noch ein Extrem-Lavendel eingefallen: Eau Noir von Dior, bin nicht sicher, ob er 2010 reformuliert wurde, aber das Kurkdjian-Original von 2004 ist ein ganz dunkler, üppiger Lavendel, aber auch ein echter Spalter. Klasse!

  5. Harmen
    7. Februar 2012
    Antworten

    Hallo zusammen,

    wer hätte das gedacht…ein Duft, der viele Erinnerungen wachruft!

    @Jutta und Margot…so riechen also Urlaubssünden 😉

    @Christian: Vielen Dank für die Hinweise! Das Nische-Mainstream-Blockdenken passt mir sowieso nicht in den Kram. Qualität sollte doch in jedem Fall das einzige Kriterium sein.

    Viele Grüße
    Harmen

  6. Margot
    7. Februar 2012
    Antworten

    Pöh, Harmen!
    Bei mir war das ernster und ging fast ein Jahr! Wenn er sich damals richtig ins Zeug gelegt hätte, wäre mein heutiger Wohnsitz irgendwo an der Adria 🙂 Ich war schon am wie-mach-ich-das-am-besten ausloten!

    LG,
    Margot

  7. Ulrike
    8. Februar 2012
    Antworten

    Da habt Ihr aber Fässer aufgemacht 😀
    Meine Phantasie schlägt gerade Purzelbäume 😉

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