Royal Crown…

betont seine Herkunft schon im Namen – Königliches verspricht uns die neue Linie, die erst vor kurzem zusammen mit den Visconti-Düften Eingang in unser Sortiment fand. Von Visconti war ich, wie der geneigte Leser wissen wird, überraschend angetan – Grund genug, mich für Euch zu „opfern“ und mein geneigtes Näschen in der neuen Kollektion zu versenken…

Sieben Düfte sind es, die Euch und mich erwarten, nämlich: Noor, Tenebra und Poudre de Fleurs für die Damen, Rain, Musk Ubar und Tabac Royal für die Herren sowie Celebration für beide Geschlechter – unsere Beschäftigung für diese Woche.

Bemerkenswert sind vorab natürlich die Flakons: Die Linie präsentiert sich, Adel verpflichtet, in florentinischen Kristallflakons mit kunstfertig hergestelltem, von Hand mit Swarovski-Kristallen verziertem Deckel in Kronenform. Für den einen oder anderen Sammler sicher ein Augenschmaus.

Noor sieht sich als „Entdeckungsreise in die Welt des Weiblichen“, jenes „Universum der Femininität“ – ich will sehen, ob ich dabei folgen kann… „Sophisticated“ soll er sein und – ein Orientale. Für eine selbstbewusste Frau. Dafür haben Royal Crown tief in die holzige Harzkiste gegriffen, wie mir ein erster Blick auf die Ingredienzen verrät: Kopfnote: Koriander, Ylang-Ylang, Elemiharz; Herznote: Opoponax, Patchouli, Jasmin; Basisnote: Benzoeharz, Adlerholz (Oud), Myrrhe, Vetiver.

Nach einem ersten Schnuppertest frage ich mich nach dem Frauenbild, dass der Herr Parfumeur da so im Kopf hatte… In jedem Fall entspricht es sicherlich nicht dem gängigen Schönheitsideal der zum Teil fast schon in (Selbst)Auflösung inbegriffenen Size-Zero-oder-darunter-Frauen. Und auch nicht der Marschrichtung, die die meisten Mainstream-Parfums mittlerweile verfolgen, bei denen sauber gar nicht sauber genug riechen kann.

Noor zelebriert Wollust. Harzige Wollust. Eine überbordend-überschäumende Harz-Femme-Fatale in eine samtene Gewürzrobe gehüllt, mit einem ausladend-würzigen Holzhintern ausgestattet, der Begehrlichkeiten weckt. Hossa, was für ein Vollweib!

Tenebra, man riecht es gleich, huldigt der Tuberose – wir haben es also wieder mit einer Verführerin zu tun. Diesmal war der Duft schneller auf meinem Arm, als ich die Beschreibung lesen konnte – aber nach allem, was mir da entgegenweht, ist mir klar, dass man hier alles auf eine Karte gesetzt hat – die Tuberose. Und siehe da, im Text zum Duft, da steht es auch: Tenebra sei die fleisch-, pardon: duftgewordene Verführung in Reinform.

Entweder liegt es an meiner neu entflammten Tuberosenleidenschaft, die mir eine rosarote Brille beschert. Oder aber es sind mir wirklich bisher keine total vergurkten Soliflor-Tuberosen über den Weg gelaufen – zumindest keine, an die ich mich erinnern könnte. Tenebra schert ebenfalls nicht aus und reiht sich bei den Tuberosenschönheiten ein, die mir die letzten Monate unter die Nase kamen: Zitrische Herbheit zeigt sich im Auftakt, von zurückhaltend metallischen Akzenten untermalt, die von der Narzisse herrühren dürfte. Bittere Anklänge werden offenbar, die mich kurzfristig annehmen ließen, irgendwo Vetiver vorzufinden. Kein solcher ist angegeben, und die Bitterkeit nimmt uns an die Hand und führt uns in die Höhle der Löwin: Eine buttrige, narkotisierende Tuberose, wächsern und auf eine Art pfeffrig anmutend, auf einem weichen Lager von betörender Süße gebettet.

Fatal erinnert mich die Tuberose an ein Gedicht namens Sünde der Wienerin Lisa Baumfeld, die im zarten Alter von 19 Jahren 1897 verstarb:

Allein die Sünde ist unendlich reich …
(Loris.)
… Ein weißes Weib lehnt in den dunklen Falten
Mit steinig weißen, grau’nhaft schönen Gliedern,
An die sich gleißend eine Schlange schmiegt ….
Mit bleichem, sündhaft schönem Antlitz …
Aus seinen Zügen leuchtet, blaßroth schwellend,
Ein wundersüßer Mund, der vieles sagt,
Und lächelnd … viel verschweigt …
In ihrem Aug‘, dem trunk’nen, zaubertiefen,
Brennt sehnsuchtsfeucht ein Blick, der lockt und fängt
Und schmeichelnd kost und tödlich wundet
Und glühendheiß macht und den Sinn verwirrt …
Wer bist du, seltsam Weib?
Was glüht in deinen Lippen?
Was rauscht sirenengleich
Aus deiner Augen Meer?
»Mein Name ist der älteste hienieden.
Ich bin im Hauch der starren Tuberose,
Der schweren, die in weißen Gluten brennt …
Ich bin, wo tolle Rhytmen wirbeln
Und Menschen lachend sich dem Klang hingeben
Und sinnberauschet in den Tod sich wirbeln …
In allem Dufte, der dich trunken macht
Und süß zu Tode küßt und duftet …
Bin im Accord, der brausend dich durchflutet,
Und deine Seele streichelt und zerreißt,
Dich elend macht und doch unsagbar glücklich!
Mein Reich ist, wenn der silberweiße Mond
Sein schimmernd Gift in Erdenwunden hinweint,
Und Lieb‘ und Wahnsinn durch die Lüfte rasen …
In blassen schönen Frau’n kannst du mich fühlen.
Ich weh‘ als Athem in des Mundes Gluten,
Ich zuck‘ in ihrer Hand, die dich erbeben macht …
Ich bin im Duft der weichen Frauenhaare
Und hab‘ an ihrer Brust, der kalten, dich durchfröstelt
Und fiebre in dem Kuß, der dir das Herz versengt …
Komm‘, komm‘ zu mir! Ich weiß ein schönes Märchen
Und weiß, dein Herz ist krank … ich küsse dich gesund!
In meinem Arm ist seliges Verbluten …
Komm‘, komm‘ zu mir! Ich weiß ein schönes Märchen …

Genug der duftenden Poesie für heute. Morgen geht es weiter mit Royal Crown – bis dahin alles Gute und viele liebe Grüße,

Eure Ulrike.

Bildquelle: Hans Hassenteufel: Tänzerin, Franz von Stuck (1893): Die Sünde, some rights reserved – vielen lieben Dank!

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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