… gibt es gegen Ende diesen Jahres noch von einigen ausstehenden Neuigkeiten zu berichten, die ich für Euch zusammengetragen habe.
Zuerst einmal aber drei schlechte Nachrichten vorweg: Jean-François Laporte ist tot. Einer der größten Parfumeure unserer Zeit, Gründer von L’Artisan Parfumeur im Jahre 1976 und Gründer von Maître Parfumeur et Gantier 1988, verstarb am 7.11.2011. Beide Projekte hatte er schon hinter sich gelassen, MPG in den vertrauensvollen Händen seines Schülers Jean-Paul Millet Lage, und hatte sich in den letzten Jahren der Gründung des Le Jardin du Parfumeur im Burgund gewidmet, nachzulesen in dem ehrerbietigen Nachruf von Denyse Beaulieu bei Grain de Musc. Bei Mimifroufrou findet sich ein Interview mit Millet Lage, siehe hier.
Nur Tage später ist eine weitere verdiente Persönlichkeit von uns gegangen, nämlich Evelyn Lauder: Die Estée Lauder Companies Inc. ließ verkünden, dass am 12.11.2011 im Alter von 75 Jahren Evelyn H. Lauder, Senior Corporate Vice President und Head of Fragrance Development Worldwide, im Kreise ihrer Familie in New York an Krebs verstorben ist.
Und am 09.12.2011 ist Mona di Orio im Alter von nur 42 Jahren von uns gegangen, was mich persönlich auch sehr mitnimmt. Ich muss gestehen, dass ich mit ihren ersten Düften nie warm geworden bin – seit ihrer Les Nombres d’Or-Kollektion meine Meinung aber revidiert habe und sogar einige echte Sehnsuchtsdüfte bei ihr gefunden hatte: Ihren Oud, der noch einer Rezension harrt, sowie ihre wunderschöne Tuberose. Schrecklich, dass das nun die letzten Entdeckungen bleiben werden, dass sie so jung sterben musste. Betreffs ihrer Linie werde ich Euch auf dem Laufenden halten.
Wenden wir uns nun den erfreulichen Themen zu, den Duftneuveröffentlichungen – und beginnen gleich mit einer Hommage an Laporte: Maître Parfumeur et Gantier hat drei seiner von Laporte kreierten Klassiker einem Relaunch unterzogen, der unter dem Namen „Les Eaux Extravagantes Edition“ auf den Markt kommt. Es handelt sich dabei um Fraîcheur Muskissime aus dem Jahre 1989, Vocalise von 1993 und Eau Pour Le Jeune Homme, ebenfalls von ’93. Die Originalrezepturen wurden behutsam von Jean-Paul Millet Lage überarbeitet und aufgefrischt variiert, um so die Extravagante-Variationen entstehen zu lassen.
Jean-Charles Brosseau erweitert seine Ombre-Reihe um einen weiteren Duft, Ombre Platine. Von Thomas Fontaine kreiert bleibt Ombre Platine wohl der Reihe treu: Der Duft präsentiert sich nicht nur im altbekannt-bewährten Romantikflakon, diesmal in silbrig-platinfarbener Anmutung – darüber hinaus liest er sich florientalisch und hat wohl ebenfalls gewohnt pudrige Akzente: Bergamotte, schwarze Johannisbeere, Apfel und jede Menge Rosen, ein Hauch Kokosnuss, Milch, Lilie und Pflaume sowie eine Basis von Sandelholz, Zedernholz, Perubalsam und Vanille lesen sich durchaus interessant und lassen auf einen hübschen Damenduft hoffen.
Serge Lutens stiftet uns den Duft zum Wetter: Anfang 2012 erscheint sein L’Eau Froide, das gefrorene Wasser, das in der Tradition seiner Un-Parfums oder Nicht-Düfte steht, welche er mit L’Eau Serge Lutens 2010 begann – meine ein wenig philosophisch anmutende Rezension dazu siehe hier. Das L’Eau war ungefähr so etwas wie ein kompletter Gegenentwurf zu dem, was Lutens bisher fabriziert hatte – ein Gegenpol und eigentlich in seiner leichten Transparenz undenkbar für jemand, der es bisher meist mit dem Schweren, oftmals auch Süßen, Hitzigen und gerne auch Floralen hatte. Aber nicht nur – wir erinnern uns an die beiden Paris-exklusiven Düfte Encens et Lavande sowie an seine fast unnatürlich kalte Irisschönheit, Iris Silver Mist. L’Eau Froide nun soll eine ähnliche Kälte ausstrahlen, die sich auf eine spezielle Sorte somalischen Weihrauch stützt. Das macht mich ehrlich gesagt ziemlich hellhörig – ich bin sehr gespannt, was uns da erwartet.
Guerlain präsentiert uns Exklusives: Le Bolshoi 2011 Edition Limitée, eine neue auf 400 Flaschen begrenzte Edition, welche am 27. Oktober zu Ehren der am darauffolgenden Tag stattfindenden (Wieder)Eröffnung des Moskauer Bolschoi-Theaters herausgegeben wurde. Guerlain war Sponsor dieses circa 500 Millionen schweren Megaprojektes, welches über fünf Jahre in Gange war und auch Erstaunliches zu Tage beförderte: Man entdeckte während der Renovierungsarbeiten, dass Stalins Loge am linken Bühnenrand gleich einem Bunker umgebaut und gepanzert war. Aber kommen wir wieder zurück zum Duft: Le Bolshoi hat folgende Ingredienzen: Bergamotte, Bitterorange, Neroli, Petitgrain; Herznote: Veilchen, Jasmin, Ylang-Ylang, Orangenblüte; Basisnote: Moschus, Tonkabohne, Vanille, Weihrauch. Auch, wenn die Veröffentlichung schon etwas her ist – der Duft könnte durchaus noch verfügbar sein, was eventuell auch dem Preis geschuldet ist… Erhältlich ist der Duft wohl exklusiv bei Guerlain in Moskau – und wenn man dann gleich mal da ist, kann man auch dem Bolschoi-Theater einen Besuch abstatten, das auf eine wechselhafte und lange Geschichte zurückblicken kann und sicher als einer der kulturellen Höhepunkte Moskaus gesehen werden kann. Ein schöner Artikel dazu von Sergey Borisov aus Sibirien bei Cafleurebon – siehe hier.
Das aber war natürlich noch nicht aller Tage Abend – es folgen dieser Tage noch eine ganze Reihe an Novitäten, deshalb Euch erst einmal einen schönen Tag und viele liebe Grüße,
Eure Ulrike.
Liebe Uli!
Der Schlaf muß wieder mal warten… 😉
Inwiefern hast Du denn mit den Düften außerhalb der Les Nombres d’Or-Kollektion gefremdelt?
Habe mir gerade die die diversen Duftkompostionen angeguckt und fand das alles außerordentlich vielversprechend (außer dem „Lux“ viellicht, der reizt mich jetzt nicht sonderlich), aber sonst?!
Oiro mit _Wicke_,
die sonst ja nicht allzu häufig vertreten ist, leider
Nuit Noire mit _Orangenblüte_
(habe ich mich ja bereits als Fan geoutet)
Chamarré mit_Muskatellersalbei_
auch so ein Liebling von mir
und Carnation mit _Levkoje_
…eieiei, die bitzeln mich alle gar sehr.
Wobei das nun auch alles ausgesprochene und jedes Jahr im Garten vertretene Lieblingsduftpflanzen von mir sind. (Bis auf die Orangenblüte, das liegt aber nicht an mir, sondern ihr, hält ja nix aus kälte-/nässemäßig und wäre, als Einjährige betrieben, schlicht zu teuer)
Und auch das, was jeweils mit dabei ist an Duftoten finde ich beim Lesen schon mal schön und stimmig. Woran, liebe Uli, lag es also bei Dir, das Nicht-Warmwerden? *gespannt*
Iris Silver Mist – Ha, DAS könnte neben der Heeley’s eine testenswerte Iris sein.
L’Eau Froide klingt ebenfalls nach einem Versuch!
Bei Düften bin ich Frostbeule für kühl und kalt durchaus mal sehr zu haben, sonst ja eher nicht 😉
Bevor’s jetzt wieder arg früh-spät wird erstmal:
Liebe Grüße und gut’s Nächtle!
Annette
Hallo liebe Annette,
😀 Jaja, der Schlaf 😉 Überschätzt…
Inwiefern ich mit den di Orio-Düften Probleme hatte? Sie waren mir allesamt zu französisch angehaucht, zu feminin, zum Teil zu madamig wenn ich ehrlich bin. Wenn bei mir madamig, dann gerne alte Franzosen.
Die Ingredienzen sind reizvoll, das kann ich gut nachvollziehen – und um den Garten beneide ich Dich, nebenbei bemerkt. Hört sich nach einem verwunschenen kleinen Paradies an 🙂
Iris Silver Mist ist – ein ziemlicher Spalter. Sie ist schon ziemlich extrem, diese Irisinterpretation. Ich fand sie vor Jahren beim (mehrmaligen) Test sehr bemerkens-, aber nicht habenswert, hatte mir aber fest vorgenommen, den Test in ein paar Jahren zu wiederholen. Das sind dann solche Düfte, die nach Jahren doch noch einziehen 😉 Hatte ich schon einige, neulich zum Beispiel Parfum de T. von Malle. Die Iris Pallida von L’Artisan kennst Du aber, oder? Die MUSS man kennen 😉
Bei mir wird es, das merkt man ja wahrscheinlich auch am Blog ein bisschen, privat immer kühler mit den Düften. Komisch eigentlich. Früher musste es warm sein, durfte auch orientalisch sein – heute sind ALLE meine Lieblingsdüfte eher kühlerer Natur.
Welches sind denn Deine kühlen Lieblinge?
Viele liebe Grüße und einen schönen, nicht allzu müden Tag 😉
Uli.