Weiter geht es mit Antonio Visconti, jener umfangreichen neuen Kollektion.
Rebel – ein echter Rebell riecht natürlich nach…? Patchouli. Hätte mir klar sein müssen… Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Rebellen und einem Revolutionär? Egal, zumindest sehen sie sich beide als Freiheitskämpfer, soviel lässt sich an Gemeinsamkeit sicher feststellen. Unser Rebell hier hat ein güldenes Patchouliherz und trägt ein großes Feuer in sich, dass ihn zum neuen Patchoulihelden werden lassen kann: Samtig, erdig, süß und mit einer gehörigen Portion Kakao und Puder(zucker) erobert er das Feld, mit glitzernden Mandarinen- und Ylang-Sprenklern bekränzt. Erstaunlich viel Frucht zeigt sich da im Hintergrund – genauso wie ein Röschen, das wohl für die Ideale steht. Keine schlechte Mischung, Rose und Patchouli, wir kennen es von L’Artisan Parfumeurs Voleur de Roses. Jener Duft unterscheidet sich aber sehr von dieser eher gourmandig angehauchten Variante, die viel mehr an Patchouligrößen wie Mazzolaris Patchouly oder Lutens‘ Borneo 1834 erinnern will.
Alhambra verdankt seinen Namen jener maurischen Stadtburg in Granada, die seit den 80ern Weltkulturerbe ist und zu den bedeutendsten Bauwerken der islamischen Kunst zählt. Wenn wundert es da, dass der Duft ein Orientale ist? Die Priorität liegt ganz klar auf der Kombination aus warmen Harzen und kantig-charakteristischem Oud, eine wunderschöne Melange, die von Rosen und Safran veredelt wird. Ein leiser Hauch Bergamotte schimmert in der Kopfnote, Koriander stiftet zarte dunkelgrün-aromatische Anklänge und Patchouli haucht dem ganzen noch mehr erdige Wärme und süße Tiefe ein. Ein Fest für Harz- und Patchoulifreunde, keine Frage.
La Divinia Tubereuse ist der nächste Duft in der Reihe – und geschwärmt habe ich schon bei der Beschreibung in unserem Shop:
„Tuberose, die Göttliche – das würde wohl auch Grenouille so sehen, der Protagonist in Süßkinds bekanntem Roman „Das Parfum“. Tuberose, jene edelste der Blüten, deren Duft so schwierig zu gewinnen ist. Jene, die ihre Seele nicht gerne preisgibt und deshalb so kostbar ist.
Visconti hat dieser Blume, von der schon Baudelaire und Goethe schwärmten, ein olfaktorisches Denkmal gesetzt – die Blüte des Begehrens, deren Duft in dieser Ausfertigung unstillbare Begierde in uns weckt: La Divinia Tubereuse ist ein Meisterwerk und vermag es auf unnachahmliche Art und Weise, all jene Facetten abzubilden, für die man Tuberosen lieben (und auch hassen) kann. Als Inkarnation der Sinnlichkeit präsentiert sich jene Femme Fatale der Flora hier, buttrig-cremig, opulent weißfleischig und wächsern und verdreht so Nasen und Köpfe – Gegenwehr absolut zwecklos.“
Wie Ihr als geneigte Leser wohl bemerkt habt, haben es mir Blümchen in letzter Zeit sehr angetan, allen voran Tuberosen. Eine lange und sehr langsame, vorsichtige Annäherung. Jetzt aber kann ich kaum genug bekommen von dieser gefährlichen großen Blüte. Und La Divina Tubereuse ist ein ganz vorzügliches Exemplar, ein Duft, bei dem ich direkt noch schwach werden könnte, obgleich dieses Jahr schon drei hervorragende Tuberosen bei mir Einzug hielten. Im Auftakt für kurze Zeit schüchtern und grün taut unsere Diva alsbald auf und offenbart ihr eigentliches Naturell: Sinnlich und fleischig zeigt sie sich, wächsern weiß und nach allerfeinster Buttercreme duftend, von likörig-beschwipsten Noten und fruchtigen Anklängen begleitet. Ein erdiger Hauch umweht sie, latent umhüllt von versteckt karamelligen Akzenten.
Diese Tuberose, der jegliche mentholisch-metallisch-scharfen Noten fehlen und der auch jenes pilzige Moment, das in Gardeniendüften oftmals hervortritt, abgeht, muss sich nicht verstecken vor der Konkurrenz. Und erst recht nicht vor den großen Tuberosennamen – Viscontis Tuberose spielt meines Erachtens nach in der ersten Liga – und das obgleich es da draußen einige exzellente Tuberosen gibt wie ihr wisst.
Morgen geht es weiter mit Herrn Visconti – bis dahin alles Gute,
Eure Ulrike.
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